Clearstream soll Kunden dabei geholfen haben, eine Mehrfacherstattung von Kapitalertragsteuern zu erlangen. Mehrere Mitarbeiter sind beschuldigt.
Zentrale der Deutschen Börse
Der Gewinn des Unternehmens ist im ersten Quartal um 13 Prozent auf 330 Millionen Euro gefallen.
Bild: Deutsche Börse AG
Düsseldorf, Frankfurt Die Deutsche-Börse-Tochter Clearstream Banking AG ist das Ziel einer groß angelegten Razzia geworden. Das erfuhr das Handelsblatt aus Finanzkreisen. Die Durchsuchungen begannen am Dienstagvormittag in dem Gebäude der Finanzfirma in Eschborn nahe Frankfurt. Die Federführung bei der Durchsuchung hat die Staatsanwaltschaft Köln. Es geht um Aktiengeschäfte zu Lasten der Steuerzahler, die als Cum-Ex-Deals bekannt sind.
Die Aktie der Deutschen Börse sackte daraufhin um 1,60 Euro auf 128,65 Euro ab, dämmte ihren Verlust im weiteren Verlauf aber etwas ein.
Ein Sprecher der Behörde teilte auf Nachfrage mit, „dass heute im Rahmen des Verfahrenskomplexes um die Cum-Ex-Geschäfte Durchsuchungsmaßnahmen bei Beschuldigten durchgeführt werden“. Aufgrund des Steuergeheimnisses können man allerdings keine näheren Angaben machen – insbesondere Angaben zu der Art und Weise und Orten der Durchsuchung.
Ein Sprecher der Deutschen Börse AG bestätigte, „dass im Rahmen internationaler Ermittlungen in Sachen Cum-Ex heute Durchsuchungen von Räumlichkeiten der Gruppe Deutsche Börse stattfinden“. Die Durchsuchungen erfolgten im Rahmen von Ermittlungen gegen Kunden und Mitarbeiter. „Die Deutsche Börse kooperiert – wie bereits in der Vergangenheit – mit den Ermittlungsbehörden vollumfänglich“, sagte der Sprecher.
Nach Informationen des Handelsblatts geht es um den Verdacht auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Rahmen von Cum-Ex-Geschäften. Clearstream, die Abwicklungs- und Verwahrgesellschaft für Börsengeschäfte, soll Kunden dabei geholfen haben, eine Mehrfacherstattung von Kapitalertragsteuern zu erlangen. Verschiedene Banken sollen entsprechend beraten worden sein.
Offenbar haben sich die Hinweise verdichtet, dass Clearstream eine zentrale Rolle bei den mutmaßlich illegalen Deals spielte. Auch die luxemburger Einheit von Clearstream wurde womöglich dafür genutzt. Aus Finanzkreise ist zu hören, dass der Sitz in Luxemburg ebenfalls durchsucht wird.
Clearstream ist nach der Derivate-Tochter Eurex die zweitwichtigste Sparte der Deutschen Börse. Im vergangenen Jahr fuhr sie Nettoerlöse von 718 Millionen Euro ein und trug damit rund ein Viertel zum Umsatz von Deutschlands größtem Börsenbetreiber bei. Der Wert des von Clearstream verwahrten Vermögens belief sich zuletzt auf rund 14 Billionen Euro.
Schon vor etwa zwei Jahren war Clearstream bereits einmal durchleuchtet worden. Gegen einen Clearstream-Mitarbeiter wurden damals Ermittlungen eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen sind. Auch gegen das Unternehmen selbst läuft ein Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz.
Inzwischen hat der Fall eine neue Dimension erreicht. Das dürfte vor allem daran liegen, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen in den letzten Jahren vorangetrieben hat und einige an den Deals beteiligte Börsenhändler umfassend darüber ausgesagt haben, wie die Geschäfte funktionierten und wie sich die Akteure abgesprochen haben.
Am 4. September beginnt am Landgericht Bonn der erste Strafprozess in Sachen Cum-Ex. Angeklagt sind zwei britische Banker. Das Gericht hat dem Verfahren fünf Banken hinzugeladen: die Holdinggesellschaft der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, deren Tochter Warburg Invest, Fondsgesellschaften der französischen Großbank Société Générale, des US-Instituts BNY Mellon sowie Hansainvest. Den Instituten drohen Vermögensabschöpfungen in dreistelliger Millionenhöhe.
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