Die für den Fall Christian Olearius zuständige Strafkammer hat den Vorsitzenden Richter wegen Befangenheit abgesetzt. Gegen Olearius liegt seit sieben Monaten eine Anklage vor.
Privatbank M.M. Warburg & CO
Das Zwischenverfahren gegen den ehemaligen Spitzenbanker Christian Olearius der Privatbank wird sich verschieben.
Bild: IMAGO/Hanno Bode
Köln Schwere Panne beim Landgericht Bonn: Edgar Panizza, Vorsitzender Strafrichter im Fall Christian Olearius, ist wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden. Damit muss das Zwischenverfahren gegen den angeschuldigten Spitzenbanker von M.M. Warburg neu starten. Die Anklage wegen schwerer Steuerhinterziehung liegt bereits seit Anfang Juli 2022 vor. Das Gericht muss im Zwischenverfahren über die Zulassung der Anklage entscheiden.
Die Absetzung eines Richters ist ein äußerst seltener Vorgang, zumal die eigene Strafkammer über die Absetzung ihres Vorsitzenden entscheidet. Im Rahmen einer Akteneinsicht sind Dokumente an die Verteidiger von Olearius gelangt, die nur für gerichtsinterne Zwecke bestimmt waren.
Aus dieser Akte soll sich ergeben haben, dass sich Panizza mit einem Richter aus einer anderen Kammer ausgetauscht hat, die ebenfalls mit Cum-Ex-Fällen befasst ist. „Bei den Dokumenten fanden sich auch nicht aktenkundig gemachte Unterlagen, die in einem Parallelverfahren für den internen Gebrauch erstellt worden waren“, räumte eine Sprecherin des Gerichts ein.
Die Informationen haben die Anwälte von Olearius schließlich im Rahmen einer Akteneinsicht erhalten. Es folgte der Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter, der nun Erfolg hatte. „Die Verwendung dieser Unterlagen führt – so die 13. Strafkammer – dazu, dass Herr Dr. Olearius bei vernünftiger Würdigung der äußeren Umstände Zweifel daran haben darf, dass gegen ihn ein transparentes und objektives Verfahren geführt wird“, erklärte Peter Gauweiler, einer der Anwälte von Olearius.
Das Zwischenverfahren gegen Olearius wird sich damit noch weiter in die Länge ziehen. Der prominente Banker war viele Jahre die Führungsfigur bei der Hamburger Privatbank M.M. Warburg und ist heute neben Max Warburg ihr größter Anteilseigner.
Die Bank war tief in Cum-Ex-Geschäfte verstrickt, sowohl im Eigenhandel als auch im Fondsgeschäft über die Tochter Warburg Invest. Der lateinische Begriff Cum Ex bezeichnet Aktienkreisgeschäfte mit (cum) und ohne (ex) Dividende. Einziges Ziel der Beteiligten war es, sich Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen, die nicht abgeführt worden war.
Das Landgericht Bonn hat Christian S., den früheren Generalbevollmächtigten von M.M. Warburg und die rechte Hand von Olearius, zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. S. hat seine Haftstrafe angetreten. Auch ein ehemaliger Manager von Warburg Invest wurde verurteilt – zu dreieinhalb Jahren Haft.
In der Anklageschrift gegen Olearius wirft die Staatsanwaltschaft dem Banker die Beteiligung an einer Steuerhinterziehung in Höhe von fast 300 Millionen Euro vor. Olearius sei „am Tatplan beteiligt“ gewesen, so die Überzeugung der Ermittler.
Wichtigster Warburg-Berater bei den Cum-Ex-Geschäften war Steueranwalt Hanno Berger, ihn hat das Gericht zu acht Jahren Haft verurteilt. Laut Staatsanwaltschaft soll Olearius über eine Beteiligungsgesellschaft zudem selbst Millionen in Cum-Ex investiert haben. Olearius hat bislang sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen.
Die Bank selbst distanziert sich inzwischen von den Geschäften. „Die steuerliche Beurteilung der Cum-Ex-Geschäfte durch die Warburg Gruppe hat sich als falsch erwiesen“, steht auf ihrer Website. „Die Mitglieder des Aufsichtsrats und des Vorstands von M.M. Warburg & Co missbilligen unrechtmäßige Steuergestaltungen jeder Art.“
Der Fall Olearius ist auch politisch aufgeladen, weil es eine Nähebeziehung zwischen dem Banker und Bundeskanzler Olaf Scholz gab, als dieser noch Erster Bürgermeister Hamburgs war. Es gab mehrere Treffen zwischen Olearius und Scholz in den Jahren 2016 und 2017, als es um die mögliche Rückforderung der Steuern aus den Cum-Ex-Geschäften ging. In einem Jahr verzichtete das Hamburger Finanzamt auf die Rückforderung, obwohl bereits Ermittlungen liefen. Später griff das Bundesfinanzministerium ein und erteilte eine Weisung.
Scholz wies bisher alle Vorwürfe zurück, politischen Einfluss genommen zu haben. Der Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft will ihn demnächst zum dritten Mal befragen.
Olearius hat mit der Absetzung des Richters zumindest Zeit gewonnen. Eine Entscheidung des Gerichts über die Zulassung der Anklage ist frühestens im Sommer zu erwarten.
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