Diese Entscheidung des Landgerichts Bonn hat es in sich: Die Richter laden im Prozess um milliardenschwere Aktiendeals gleich fünf Geldhäuser vor.
Landgericht Bonn
In zwei Wochen beginnt hier der Prozess gegen zwei ehemalige Aktienhändler.
Bild: Justiz NRW
Düsseldorf Es sind nur zwei Männer, die auf der Anklagebank am Landgericht Bonn Platz nehmen müssen – und doch elektrisiert der Termin fast die gesamte Finanzbranche. Zwei Wochen vor Beginn des Strafprozesses wegen des Verdachts auf Steuerbetrug mit milliardenschweren Aktiendeals gibt es nun eine Entscheidung, die es in sich hat: Das Gericht will fünf Institute an den Verfahren beteiligen, die an den Geschäften mitwirkten.
Nach Informationen des Handelsblatts handelt es sich um die Holdinggesellschaft der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, deren Tochter Warburg Invest, Fondsgesellschaften der französische Großbank Société Générale, das US-Institut BNY Mellon sowie Hansainvest. Das Gericht nannte keine Namen. Es sei „wahrscheinlich, dass die Voraussetzungen für eine Einziehung vorliegen“.
Den Instituten drohen damit Forderungen in dreistelliger Millionenhöhe. Die 12. Große Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitz von Richter Roland Zickler will offenbar eine noch junge Vorschrift des Strafgesetzbuches zur Anwendung bringen.
In den Paragrafen 73a und 73b ist neuerdings geregelt, dass illegal erzielte Profite auch von Akteuren eingezogen werden können, die nicht unmittelbar die Tat begangen haben, aber daran beteiligt waren. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft und offenbar auch aus Sicht des Gerichts steht eine solche Beteiligung bei den Warburg Gesellschaften, Société Générale, BNY Mellon beziehungsweise deren Töchtern und Hansainvest außer Zweifel.
Nicht nur diese fünf sollen bei so genannten Cum-Ex-Deals große Kasse gemacht haben. Über viele Jahre hinweg handelten mehr als 100 Banken und andere Finanzinstitute Aktienpakete mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch rund um den Ausschüttungstermin. Ziel war die mehrfache Erstattung einer nur einmal abgeführten Kapitalertragsteuer.
Der Gesamtschaden soll zwölf Milliarden Euro betragen. Allein im Fall der beiden Börsenhändler, die nun in Bonn angeklagt werden, beziffern die Ermittler die Ausfälle für den Staat auf 447,5 Millionen Euro.
Laut Anklage geht es um 33 vollzogene und einen versuchten Fall der Erschleichung von Kapitalertragsteuern, geschehen in den Jahren 2006 bis 2011.
Die Rolle der fünf Institute, die das Gericht nun dem Prozess beilädt, ist gewichtig. M.M. Warburg etwa machte einerseits Eigengeschäfte und ließ sich selbst Kapitalertragsteuern erstatten. Zudem legte Warburg Invest diverse Cum-Ex-Fonds auf. Allein bei Warburg geht es bei dem Prozess in Bonn um eine mögliche Vermögensabschöpfung von 166,5 Millionen Euro. Warburg sieht keine eigene Schuld, sondern verweist auf die Verantwortung anderer Beteiligter bei den Geschäften.
Welche gewaltigen Summen bewegt wurden, wird an einem Beispiel deutlich. Die Tochter der Société Générale etwa verwaltete einen Cum-Ex-Fonds namens Baca, der zwischen dem 29. April 2009 und dem 4. Juni 2009 in 188,3 Millionen Aktien von 23 deutschen Gesellschaften investierte. Gesamtumsatzvolumen: Mehr als 6,5 Milliarden Euro. Das Bundeszentralamt für Steuern zahlte gut 59 Millionen Euro aus.
Die Société Générale wollte auf Nachfrage nichts sagen. Hansainvest antwortete auf Anfrage, man sei bei den Cum-Ex-Geschäften nur Dienstleister gewesen und halte die Entscheidung des Gerichts, die Bank zum Prozess beizuladen, für „nicht sachgerecht“. BNY Mellon reagierte auf Anfrage nicht.
Mehr: Die Privatbank M.M. Warburg ist tief in den Cum-Ex-Steuerskandal verstrickt. Jetzt hat die Bafin eine Zuverlässigkeitsprüfung zweier Aufsichtsräte eingeleitet.
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