Der norwegische Anbieter beliefert jetzt ganz Berlin. Im Brandenburger Logistikzentrum nutzt Oda eine Kombination aus Mensch und Maschine – Konkurrenten gehen noch weiter.
Oda-Logistikzentrum in Brandenburg
Die Teilautomatisierung soll die Effizienz im Lager steigern, die Fehlerrate senken und die Lieferzeiten verkürzen.
Bild: Oda
Berlin, Düsseldorf Wer im Logistikzentrum des Lieferdienstes Oda im brandenburgischen Ragow Menschen sucht, findet sie am ehesten in der Tiefkühlkammer. Mit Schneeoveralls und Sturmhauben gegen die beißende Kälte gewappnet holen sie mit dicken Handschuhen Pizzen und Fischstäbchen aus den Truhen. Da Tiefkühlbestellungen nicht so häufig sind, ist es laut Oda einfacher, dies von Menschen statt Maschinen erledigen zu lassen.
Ansonsten sind in der mehr als zwei Fußballfelder großen Halle kaum Menschen unterwegs. Wenn, dann fahren sie Gabelstapler, schieben Brote in den Ofen oder greifen Waren aus den Regalen. Nach dem Amazon-Prinzip völlig ungeordnet stehen dort auf verschiedenen Ebenen insgesamt 9000 Produkte, eine vor allem für Online-Supermärkte umfangreiche Palette.
Der Online-Supermarkt, der seit Donnerstag auch das gesamte Berliner Stadtgebiet beliefert, setzt auf eine sogenannte effiziente Automatisierung. Bestellkartons laufen nach einem System, das im Heimatmarkt Norwegen jahrelang immer wieder verbessert wurde, durch mehrere Gänge über Rollbänder. „Bei uns greift die Automatisierung mit manueller Arbeit ineinander“, sagt Oda-Deutschlandchef Malte Nousch dem Handelsblatt.
Lange haben Anbieter in Deutschland in Lieferzentren auf gut aufeinander abgestimmte manuelle Prozesse gesetzt. Diese Zeiten sind aber vorbei. Während der britische Wettbewerber Ocado für seine kostenintensiven, nahezu vollautomatischen Lager bekannt ist, setzen die meisten anderen Firmen auf eine Kombination aus spezieller Logistiksoftware, Automatisierung und Bereichen, die dem Menschen vorbehalten sind.
Diese Teilautomatisierung soll die Effizienz im Lager steigern, die Fehlerrate senken und die Lieferzeiten verkürzen, aber eben auch für noch überschaubare Investitionskosten sorgen. So hat Oda-Konkurrent Rewe beispielsweise sein Zentrallager „Scarlet One“ in Köln zumindest teilweise automatisiert. Dort werden Kisten mit Waren zu den Packstationen gefahren, an denen dann Mitarbeiter die Bestellungen zusammenstellen und in Tüten packen.
Noch stärker auf Roboter setzt das tschechische Unternehmen Rohlik, das in den Regionen München und Frankfurt unter dem Namen Knuspr Lebensmittel ausliefert. Beide Standorte sowie das Lager in Wien sollen im Laufe dieses Jahres weitgehend automatisiert werden. In einer ersten Phase investiert das Unternehmen dafür rund 45 Millionen Euro.
Oda-Deutschlandchef Malte Nousch
„Bei uns greift die Automatisierung mit manueller Arbeit ineinander.“
Bild: Oda
In München ist das Trockensortiment bereits mit einer Anlage des Herstellers Autostore automatisiert, 96 Roboter sind im Einsatz. Die Behälter werden zur Packstation gefahren, dort reichen die Roboter den Mitarbeitern die Waren an, die dann in die Tüten für die Auslieferung gelegt werden. Auf das gleiche System soll nun das komplette Sortiment umgestellt werden.
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Bis 2025 sollen insgesamt mehr als zehn weitere Rohlik-Lagerhäuser in Europa mit automatisierten Lager- und Bereitstellungssystemen ausgestattet werden. Der nächste neue Standort dürfte dabei Hamburg sein, wo das Lager bereits weitgehend fertig ist. Ursprünglich war die Eröffnung für vergangenes Jahr geplant, wurde aber wegen der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Situation zunächst zurückgestellt.
Vollautomatisches Lager des Anbieters Autostore
Bis 2025 sollen insgesamt mehr als zehn weitere Rohlik-Lagerhäuser in Europa mit automatisierten Lager- und Bereitstellungssystemen ausgestattet werden.
Bild: © 2021 Bloomberg Finance LP
Nach Angaben des Unternehmens verdreifacht die robotergestützte Zusammenstellung der Warenkörbe die Produktivität des Auslieferungslagers, die Kapazitäten würden dadurch um 30 Prozent erhöht. „In München sehen wir, welchen herausragenden Effekt die Automatisierung auf die Produktivität des Standorts hat“, sagte Rohlik-Gründer Tomas Cupr. Das Unternehmen sei deshalb überzeugt, auch hier wie bereits in Tschechien bald schwarze Zahlen zu schreiben.
Oda peilt in Deutschland langfristig einen Jahresumsatz von 250 Millionen Euro an. Dafür würden wohl in etwa 200.000 Kunden benötigt, schätzt Nousch. 250 Millionen Euro hatte Oda im gesamten vergangenen Jahr erwirtschaftet – als das Start-up nur in Norwegen und Finnland aktiv war. Operativ landete das Unternehmen damals schon knapp in den schwarzen Zahlen.
Oda-Fahrer
Der norwegische Anbieter beliefert jetzt ganz Berlin.
Bild: Oda
In das Lieferzentrum in Ragow hat Oda einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag investiert. Die Halle sei komplett nach den eigenen Vorstellungen errichtet worden, sagt der für das operative Geschäft zuständige Manager Steffen Christ und verweist auf mehrere Räume mit unterschiedlichen Temperaturen für Obst und Gemüse oder das komplett mit Solarmodulen bedeckte Dach, deren Strom in die Kühlung fließt.
Die Belieferung von Berlin ist für Oda nur der erste Schritt. Bald sollen mittelgroße Städte in einem Umkreis von bis zu 2,5 Autostunden folgen. Dazu könnte dann auch Leipzig gehören.
Allerdings schaut Oda genau auf die Kosten und ob das Angebot angenommen wird. Gerade wird in Bochum ein zweites Lieferzentrum fertiggestellt. Entgegen den ursprünglichen Plänen wartet das Unternehmen aber mit der Eröffnung. Wann der Betrieb aufgenommen werde, sei auch abhängig davon, wie es in der Hauptstadt laufe, sagt Nousch.
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