Erst im Dezember beendete der französische Mutterkonzern ein Schutzschirmverfahren. Jetzt will sich der börsennotierte Urlaubsanbieter neu erfinden. Eine Hauptrolle spielen die deutschen Resorts.
Ferienanlage von Center Parcs im Allgäu
Neustart nach Corona: Die Ferienanlagen sollen künftig weiterhin vor allem, aber nicht nur Familien ansprechen.
Bild: Center Parcs
Düsseldorf Sie locken mit Kletterparks, Minigolfanlagen, tropischen Spaßbädern und Wellnessoasen: die europaweit 29 Center Parcs. In Deutschland gibt es sechs der großflächigen Ferienanlagen des Unternehmens, etwa in der Lüneburger Heide, dem Hochsauerland oder im Allgäu. Und die ziehen Urlauber vorzugsweise im Familienverbund an.
Auch in den Niederlanden, Belgien und Frankreich versuchen es die Betreiber mit kindertauglichen Bowlingbahnen, Tretboot-Angeboten und Pferdeausflügen. Die Unterkünfte, so das Konzept, haben dabei ebenso funktional wie erschwinglich zu sein.
Der Familienspaß verdeckte zuletzt allerdings kaum die traurige finanzielle Lage im Konzern. Und das, obwohl „Center Parcs“ gemeinsam mit der französischen Schwesterfirma „Pierre & Vacances“ und der Longstay-Kette „Adagio“ im abgelaufenen Geschäftsjahr (bis Ende September 2022) 1,8 Milliarden Euro umsetzte. Zuletzt stand das Ferienunternehmen sogar ganz vor dem Aus.
„Wir hatten zwei wirklich schwierige Jahre“, räumt Center-Parcs-Deutschlandchef Frank Daemen ein. Nun aber wolle man nach vorn blicken. Mehr Digitalisierung werde es geben, mehr Service und umfangreiche Renovierungen. Den Ausbau des „Premiumsegments“ werde man mit Macht vorantreiben, die Expansion ebenso.
Im Februar beginne auf einem ehemaligen Militärgelände zwischen Rostock und Stralsund der Bau von 500 Ferienhäusern und 100 Apartments. Fertiggestellt sein soll der Park an der Ostseeküste bis 2027. Schon 2024 werde in Dänemark ein weiterer Standort mit 440 Ferienhäusern eröffnen.
Die 1968 vom Niederländer Piet Derksen gegründete Center Parcs Europe stellt im Gesamtkonzern „Groupe Pierre et Vacances Center Parcs“ rund zwei Drittel des Geschäfts. Seit ihrer Übernahme im Jahr 2003 ist sie Tochtergesellschaft der an der Pariser Börse notierten Pierre et Vacances SA. Von einem ruhigen Geschäftsumfeld kann aber schon länger nicht mehr die Rede sein.
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In den vergangenen zehn Jahren kam der Konzern kein einziges Mal aus den roten Zahlen heraus. Zuletzt waren es die monatelangen Schließungen der Ferienanlagen aufgrund der Coronapandemie, die den Verlust 2021 auf 341 Millionen Euro ansteigen ließen. Zum Geschäftsjahresende waren die Franzosen mit 424 Millionen Euro überschuldet.
Um die Schieflage zu beenden, bat Pierre & Vacances Center Parcs seine Aktionäre zur Kasse – mit einer Kapitalerhöhung im Volumen von 200 Millionen Euro. Um gewährte Darlehen nicht abschreiben zu müssen, stimmten die Gläubiger einem sogenannten Debt-to-Equity-Swap zu. Kredite in Höhe von 555 Millionen Euro wurden kurzerhand in haftendes Eigenkapital verwandelt. Pierre-&-Vacances-Gründer Gérard Brémond, 84, verlor die Kontrolle über sein 1967 gegründetes Unternehmen.
Am 5. Dezember 2022 erklärte das Pariser Handelsgericht das französische Schutzschirmverfahren für beendet, das vom Unternehmen am 29. Juli 2022 beantragt worden war. Nach Abschluss der Umstrukturierung gehört das Börsenunternehmen nun mehrheitlich den Investmentfonds Alcentra, Fidera und Atream. Nur noch 29,7 Prozent der Stimmrechte sind im Streubesitz.
Familienurlaub in einer Anlage der Resortbetreibers Center Parcs
Nach dem jüngsten Eigentümerwechsel soll das zuletzt darbende Geschäft durch Expansion und Upgrading wachsen.
Bild: Center Parcs
Die neuen Großaktionäre sorgten umgehend für eine komplette Neubesetzung im Verwaltungsrat. Georges Sampeur, einst Chefkontrolleur der Low-Budget-Kette B&B Hotels, löste den entmachteten Konzerngründer Brémond an der Verwaltungsratsspitze ab. Franck Gervais, der Anfang 2021 vom französischen Hotelkonzern Accor (Ibis, Mercure, Pullman) als Sanierer zu Pierre & Vacances Center Parcs kam, blieb der Holding allerdings als CEO erhalten.
Sich selbst bezeichnet die Gruppe als „europäischen Marktführer im Nahtourismus“. Eigenen Angaben zufolge beherbergt der Konzern jährlich rund acht Millionen Urlauber. Im Angebot sind dazu 46.000 Apartments und Ferienhäuser an 282 Standorten in Europa.
Die Lage bessert sich freilich nur zögerlich. Im Geschäftsjahr 2021/22 (bis 30. September) wies der Konzern zwar einen Nettogewinn von 325 Millionen Euro aus. Ohne den Einmalertrag in Höhe von 418 Millionen Euro aus der Umschuldung wäre Pierre & Vacances Center Parcs jedoch wie im Vorjahr in der Verlustzone stecken geblieben.
Den schwachen Ertrag vermochte auch eine vom französischen Staat im März 2022 ausgezahlte „Schließungsbeihilfe“ in Höhe von 24 Millionen Euro kaum zu mindern, die von der Berliner Bundesregierung sogar noch um 23 Millionen Euro an Coronahilfe aufgestockt wurde. Operativ flossen weitere 81 Millionen Euro an Cash aus dem Unternehmen. Seit dem Aktiencrash Anfang März 2020 verloren die Papiere ein weiteres Drittel an Wert.
Immerhin sprang das Geschäft in den zurückliegenden Monaten wieder an. Gegenüber 2020/21 ging es beim Konzernumsatz um 68 Prozent nach oben. Damit lagen die Umsätze sogar um ein Viertel höher als vor der Pandemie.
Zugpferd der Gruppe blieben die Center Parcs. Zum Konzernerlös von 1,8 Milliarden Euro trugen sie knapp zwei Drittel bei, zum operativen Ergebnis (Ebitda) von 156 Millionen Euro sogar fast 90 Prozent. Spitzenreiter blieben die deutschen Ferienanlagen, die gegenüber 2018/19 sogar mit einem Plus von 37 Prozent abschlossen.
Nun soll ein verstärktes Marketing den Wiederaufstieg beschleunigen. Ein neues Konzept, das den Namen „Reinvention 2025“ trägt, erweitert die bisherige Zielgruppe Familien um „Freunde, Paare, Kollegen oder Sportvereine“. Am Mittwoch stellte das Unternehmen zudem einen überarbeiteten visuellen Markenauftritt samt neuem Logo vor.
Auch TV-Werbung soll ab sofort das Geschäft ankurbeln. Auf mehreren deutschen Fernsehkanälen und im Kino, so kündigte Center-Parcs-Manager Daemen an, werde es ab den kommenden Tagen 20-sekündige Werbespots geben.
Erstpublikation: 06.01.23, 04:13 Uhr.
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