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20.03.2023

14:17

Batteriehersteller

Varta muss sparen und Stellen abbauen – Großaktionär will Millionen nachschießen

Von: Martin-W. Buchenau

Der Batteriehersteller hat laut Wirtschaftsprüfern durchaus Wachstumschancen. Die Gläubiger setzen dafür eine harte Restrukturierung durch. Die Aktie bricht ein.

Der Batteriehersteller steht unter hohem Sanierungsdruck. dpa

Hauptsitz von Varta

Der Batteriehersteller steht unter hohem Sanierungsdruck.

Stuttgart Der schwäbische Batteriehersteller Varta muss auf Druck der Banken drastisch sparen – und will dabei auch Stellen abbauen. Der österreichische Großaktionär Michael Tojner ist derweil bereit, das hochverschuldete Unternehmen aus Ellwangen mit 50 Millionen Euro zu stützen, wie Varta am Montag mitteilte.

Die Gläubigerbanken hatten ein Sanierungsgutachten gefordert, um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu prüfen. Darin kämen die Wirtschaftsprüfer von KPMG zu dem Schluss, dass Varta saniert werden könne und „klare Wachstumsperspektiven“ habe. Voraussetzung dafür seien aber Kostensenkungen bei Beschaffung, internen Prozessen und Personal sowie eine Verbreiterung der Kundenbasis. Und: eine schnelle Kapitalspritze.

Varta beschäftigt aktuell 4700 Mitarbeiter. Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern sollen nun beginnen. Eine konkrete Zahl, wie viele Beschäftigte gehen müssen, stehe aber noch nicht fest, sagte ein Sprecher.

„Ziel weiterer Restrukturierungsmaßnahmen ist die Rückkehr auf einen stabilen Wachstumskurs“, hieß es in der Mitteilung vom Montag. Vor allem das Geschäft mit Mikrobatterien, Knopfzellen und Haushaltsbatterien müsse profitabler werden. Dabei seien auch Personalmaßnahmen geplant, teilte das Unternehmen mit.

Eine endgültige Einigung mit den Banken gebe es nicht, die Gespräche seien aber weit fortgeschritten, erklärte das Unternehmen. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass Mehrheitsaktionär Tojner (55 Prozent) mit seiner Montana Tech Components 50 Millionen Euro frisches Kapital zuschießt.

Aktienkurs von Varta bricht ein

„Mit dem vorgestellten Restrukturierungskonzept halten wir die Balance zwischen notwendigen Restrukturierungsmaßnahmen und der Entwicklung unserer Wachstumspotenziale“, sagte der neue Vorstandssprecher Markus Hackstein.

Mit dem Erlös aus dem Verkauf von bis zu 4,04 Millionen neuen Aktien an Tojner wolle Varta „gezielt in wichtige Innovationsfelder“ investieren, vor allem in das Geschäft mit Energiespeichern. Aus den Daten ergibt sich ein Mindestpreis von 12,37 Euro pro Papier, wenn die gesamte Aktienzahl des genehmigten Kapitals ausgegeben wird.

Der tatsächliche Ausgabepreis werde aber nicht wesentlich unter dem Börsenkurs liegen. Im Umkehrschluss heißt das, beim aktuellen Kurs müsste nur rund die Hälfte der Aktien ausgegeben werden. Offen ist jedoch, ob die Aktie nicht noch weiter in den Keller geht. Seit Monaten spekulieren Hedgefonds genau darauf. Am Freitag hatte die Varta-Aktie beim Stand von 28,96 Euro geschlossen. Am Montagmorgen brach sie um 11,2 Prozent auf 25,71 Euro ein.

Varta hatte im vergangenen Jahr mehrfach seine Prognosen senken müssen. Wegen der sinkenden Nachfrage nach Knopfzellen für Kopfhörer – etwa die „Airpods“ von Apple – sind in Nördlingen rund 500 Beschäftigte seit Dezember in Kurzarbeit. Pläne für den Neubau einer Fabrik für Batteriezellen für Elektroautos wurden mangels Abnahmezusagen gestoppt. Allerdings produzieren die Schwaben eine Kleinserie der Rundzelle V4Drive für Porsche in einer Pilotanlage weiter.

Aktie vor 18 Monaten noch bei 160 Euro

Dabei geht es um eine Batterie zur Beschleunigung von Sportwagen, nicht direkt um Hauptantriebsbatterien. Aber theoretisch kann die Boostertechnologie der neuen Varta-Batterie nach entsprechender Anpassung auch als Hauptantrieb verwendet werden. Bislang hat Varta allerdings noch keine weiteren Kunden präsentieren können und auch keinen Partner, der die notwendige halbe Milliarde Euro für den Bau einer Großfertigung mitbringen müsste.

Der einstige Börsenliebling hat einen sehr tiefen Fall hinter sich. Im Herbst 2017 war das Unternehmen zum Angebotskurs je Aktie von 17,50 an die Börse gegangen. Vor 18 Monaten notierte die Aktie noch bei 160 Euro.

Dann folgte der Absturz, weil das Unternehmen seine Ankündigungen nicht einhalten konnte und der Sprung vom Hersteller von Minibatterien zu Autoantriebsbatterien von Elektroautos trotz 100 Millionen Euro staatlicher Fördergelder sich nicht so leicht umsetzen ließ. Die Aktie ist zum Jahreswechsel aus dem MDax geflogen.

Zuletzt hatte das Unternehmen im vergangenen November die Umsatzprognose nach unten korrigiert auf einen Rückgang um zehn Prozent auf maximal 820 Millionen Euro. Aktuelle Zahlen nannte das Unternehmen nicht. Die Veröffentlichung ist für den 26. April angekündigt.

Aufsichtsratschef Tojner erklärte, der Umbau sei „kein einfacher, aber ein notwendiger Weg, um wieder auf den Erfolgskurs zurückkehren zu können“. Hackstein, der vor einem halben Jahr den langjährigen Vorstandschef Herbert Schein ablöste, bekommt zum 1. Mai den gebürtigen Steirer Thomas Obendrauf als neuen Finanzchef an die Seite gestellt.

Mit Agenturmaterial

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