Strommasten und Solaranlagen
Ende 2019 wird sich der deutsche Energiemarkt aller Wahrscheinlichkeit nach komplett neu sortiert haben.
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Eon und RWE wollen 2019 ihre milliardenschwere Transaktion abschließen. Aber auch die Politik greift wieder in die Energiebranche ein.
Düsseldorf Für den gemessen am Börsenwert größten deutschen Energiekonzern wird 2019 ein trauriges Jahr. Wenn alles wie geplant verläuft, wird es Innogy zum Jahresende nicht mehr geben. Das Unternehmen, das erst 2016 von RWE gegründet, abgespalten und an die Börse gebracht wurde, wird schon wieder zerschlagen.
Der Mutterkonzern RWE wird die Sparte Erneuerbare Energien behalten und den Rest, das Netz- und Vertriebsgeschäft, an den Konkurrenten Eon verkauft haben. Vorausgesetzt, der Zeitplan, den sich Eon und RWE im vergangenen März – als sie den Deal vereinbarten – ausgedacht haben, wird eingehalten.
In der zweiten Jahreshälfte wollen die zwei Konzerne die Genehmigungen vorliegen haben. Dann will RWE die 76,8 Prozent, die der Konzern nach dem Börsengang an Innogy behalten hat, an Eon übertragen – und das vereinbarte umfangreiche Tauschgeschäft beginnt.
Eon-Vorstand Leonhard Birnbaum, der für die Umsetzung der Transaktion verantwortlich ist, hat daran keinen Zweifel: „2019 wird ein ungeheuer wichtiges Jahr für Eon“, sagt er. „Wir werden die Übernahme von Innogy, die wir im Frühjahr angekündigt haben, wie geplant vorantreiben und wollen sie in der zweiten Jahreshälfte zu einem erfolgreichen Abschluss bringen.“
Und auch bei RWE hat man keinen Zweifel: „Der Prozess läuft planmäßig“, sagte jüngst Finanzchef Markus Krebber: „Wir sind zuversichtlich, dass wir die Freigabe der Kartellbehörden im Sommer 2019 erhalten.“
Erneuerbare Energien belasten das Netz, weil Wind und Sonne eben nicht nach Bedarf ein- und ausgeschaltet werden können. Virtuelle Kraftwerke könnten helfen dieses Problem zu lösen.
Zum Abschluss der Transaktion im Volumen von gut 20 Milliarden Euro werden sich die beiden Traditionskonzerne ein Stück weit neu erfunden haben. Eon wird sich komplett auf den Betrieb von Strom- und Gasnetzen sowie den Vertrieb konzentrieren.
Mit 50 Millionen Kunden und 1,5 Millionen Kilometern an Strom- und Gasleitungen wird der Konzern aber in die Spitzengruppe der europäischen Versorger aufsteigen. RWE wiederum bekommt wieder eine eigene operative Zukunft.
Nach der Aufspaltung des Konzerns war die Finanzbeteiligung an Innogy der wertvollste Bereich. Operativ war RWE nur für den Großhandel sowie die notleidenden Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke zuständig.
Jetzt will RWE nicht nur die Erneuerbaren Energien von Innogy, sondern auch die von Eon übernehmen und auf einen Schlag zur Nummer drei unter den Produzenten von regenerativen Strom in Europa aufsteigen. Und zudem wird RWE noch mit 16,7 Prozent an Eon beteiligt – ein noch vor kurzem undenkbarer Schritt unter den langjährigen Rivalen.
Ende 2019 wird sich der deutsche Energiemarkt also aller Wahrscheinlichkeit komplett neu sortiert haben. Schon wieder. Schließlich hatten Eon und RWE erst vor gut zwei Jahren den Markt durchgeschüttelt. Beide Konzerne spalteten sich auf. Während RWE mit Innogy das Zukunftsgeschäft an die Börse brachte, trennte Eon mit Uniper das alte Stammgeschäft mit den fossilen Kraftwerken ab.
Letztlich müssen die beiden Konzerne jetzt so dramatisch reagieren, weil sie Jahre lang die Energiewende unterschätzt hatten. Der Boom der erneuerbaren Energien hatte das alte Geschäftsmodell, den Betrieb großer Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke bedroht. Die Kraftwerke verloren immer mehr an Wert – und sowohl Eon als auch RWE kamen in eine existenzbedrohende Situation.
Durch die Aufspaltungen haben sich beide Unternehmen, die in den vergangenen Jahren zum Teil drastische Nettoverluste meldeten, schon etwas Luft verschafft. Trotzdem ist die Finanzlage noch angespannt. RWE hatte für 2018 ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Das ist auf jeden Fall weniger als im Jahr zuvor, als sich das Ebitda auf 2,1 Milliarden Euro summierte.
In beiden Fällen hat RWE nur die Teile von Innogy einbezogen, die nach der Transaktion im Konzern bleiben sollen, also die Erneuerbaren Energien.
Der EnBW-Chef hält nicht viel von radikalen Aufspaltungen à la Eon und RWE. Er will den Energiekonzern aber genauso entschlossen umformen.
Eon hatte bei der letzten Prognose zur Vorlage des Zwischenberichts ein Jahresergebnis in der „oberen Hälfte“ der angepeilten Bandbreite in Aussicht gestellt. Beim Ebit, Eons Steuerungsgröße, lag der Zielkorridor bei 2,8 bis 3,0 Milliarden Euro. Das Ergebnis könnte dann gerade so den Vorjahreswert von rund drei Milliarden Euro erreichen.
Die neue Aufstellung soll beiden Konzernen einen Schub geben, Synergien heben und neue Gewinne ermöglichen. Es lauern aber schon neue Belastungen. Vor allem auf RWE.
Der Konzern steht mitten in der Debatte um die Zukunft der Braunkohleförderung und -verstromung. RWE betreibt nicht nur viele Kohlekraftwerke, der Konzern fördert die umstrittene Braunkohle sogar im eigenen Tagebau im rheinischen Revier. RWE ist Europas größter Emittent des klimaschädlichen Kohlendioxids und schon lange das Feindbild Nummer eins der Klimaschützer.
Im Herbst eskalierte die Situation, als der Konzern im Hambacher Forst Bäume roden wollte, um Platz für die Braunkohlebagger zu schaffen. Der Konzern stieß zuerst auf massiven Widerstand von Waldbesetzern und Demonstranten – und schließlich gelang es der Umweltschutzorganisation BUND, die Rodung per Eilantrag vor Gericht bis auf Weiteres zu stoppen. Der Stillstand wird schon ab 2019 das Ergebnis jährlich mit einem „niedrigen dreistelligen Millionenbetrag“ belasten.
2019 wird für RWE aber auch eine grundsätzliche Richtungsentscheidung bringen. Seit Monaten sucht in Berlin die sogenannte Kohlekommission nach einer Lösung, wie Förderung oder Verstromung des umstrittenen Energieträgers mittelfristig beendet werden kann.
Je nachdem, wie nahe das Enddatum liegt und wie steil der Ausstiegspfad ist, wird das die Planungen von RWE massiv beeinflussen – und von allem Unternehmen, die Kohlekraftwerke betreiben.
Aber auch die Produzenten von grünem Strom hadern mit den Rahmenbedingungen. Die Zeiten der üppigen Förderung sind vorbei, 2019 wird auch für sie nicht leichter. Zwar hat der Bundestag gerade erst beschlossen, in den nächsten drei Jahren mehr Solar- und Windausbau zu fördern.
Dafür sieht das neue Energiesammelgesetz aber auch drastische Kürzungen von 20 Prozent für PV-Anlagen ab 40 Kilowatt vor – und wird den Ausbau auf den Dächern erst einmal bremsen.
Dabei muss die subventionsverwöhnte Ökostrombranche schon seit einem Jahr im freien Wettbewerb um die Höhe ihrer Fördergelder streiten. Ein massiver Preisverfall war zwar genau das, was die Politik damit im Sinn hatte, gleichzeitig bricht damit aber auch der Markt für Wind- und Solarunternehmen erst einmal ein.
Auch der Widerstand in Teilen der Bevölkerung – vor allem gegen Windräder, wächst spürbar. 2019 dürfte sich dieses Problem mit den geplanten Sonderausschreibungen noch verschärfen.
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