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07.02.2023

11:30

Elektromobilität

Numbat plant Tausende Ladesäulen mit Batteriespeichern vor Supermärkten

Von: Axel Höpner

Das Start-up strebt schon in diesem Jahr dreistellige Millionenumsätze an. Doch die Technologie hat auch Nachteile.

Das Unternehmen will bei Kunden wie Supermarktketten seine Ladesäulen samt Speicher auf dem Parkplatz installieren. Numbat

Numbat-Batterieladesäule

Das Unternehmen will bei Kunden wie Supermarktketten seine Ladesäulen samt Speicher auf dem Parkplatz installieren.

München Eines der Hindernisse für die Elektromobilität ist für Martin Schall das noch gering ausgebaute Netz an Schnelllademöglichkeiten. „Die pure Masse von Elektroautos wird die Ladeinfrastruktur total überfordern“, sagt der Mitgründer des Start-ups Numbat. Mehr als jeder zweite Autobesitzer habe keine Möglichkeit, ein Elektrofahrzeug zum Beispiel in der eigenen Garage über Nacht aufzuladen.

Laut Bundesnetzagentur gibt es derzeit etwa 12.000 Schnellladepunkte in Deutschland. Wenn 2030 wie geplant 15 Millionen E-Autos auf den Straßen unterwegs seien, brauche man flächendeckend mindestens 100.000 Schnellladepunkte, sagte Markus Emmert, Vorstand beim BEM Bundesverband eMobilität, dem Handelsblatt. „Da gibt es noch viel aufzuholen.“

Doch Schnellladesäulen können längst nicht überall aufgestellt werden, weil das Stromnetz die Kapazitäten nicht hergibt. Hier sieht Numbat eine Marktlücke und will mit dreistelligen Millionenumsätzen schon in diesem Jahr zu einem der führenden Anbieter und Betreiber aufsteigen.

Das Start-up aus Kempten im Allgäu, das Schall vor zwei Jahren gemeinsam mit Maximilian Wegener gründete, hat Schnellladesäulen mit einem integrierten Batteriespeicher entwickelt.

Diese können fast überall betrieben werden, weil sie mit einer Anschlussleistung ab 20 Kilowatt befüllt werden können. Der Speicher ergänze die Anschlussleistung und könne ein Elektroauto in weniger als 20 Minuten zu 80 Prozent laden. Die Batterien werden in Asien bei Samsung und LG zugekauft.

„Wir wollen 600 Ladesäulen allein in diesem Jahr aufstellen“

Schall kündigte im Gespräch mit dem Handelsblatt an: „Wir wollen allein in diesem Jahr 600 Ladesäulen aufstellen.“ Die Umsätze sollen jedes Jahr verdreifacht, die Milliardengrenze mittelfristig überschritten werden. „Wir sind extrem aggressiv am Markt.“

Das Unternehmen betreibt die Säulen selbst und verkauft den Strom für aktuell zwischen 40 und 60 Cent pro Kilowattstunde. Numbat

Numbat-Ladesäule auf dem Supermarktparkplatz

Das Unternehmen betreibt die Säulen selbst und verkauft den Strom für aktuell zwischen 40 und 60 Cent pro Kilowattstunde.

Numbat stellt den Kunden die Säulen samt Speicher auf den Parkplatz, die Installation kostet die Supermärkte und Geschäfte nichts. Numbat betreibt die Säulen selbst und verkauft den Strom für aktuell zwischen 40 und 60 Cent pro Kilowattstunde. Zusatzeinnahmen sollen Werbeeinblendungen an den Säulen bringen.

Derzeit arbeiten viele Unternehmen an Technologien, um das Ladesystem zu verbessern. So hat die Schweizer Designwerk Technologies kürzlich die erste Ladestation der Megawatt-Klasse vorgestellt, die vor allem Elektro-Lastwagen schneller laden soll.

Das Start-up Adaptive Balancing Power hat eine Lösung mit Hochleistungs-Schwungmasse-Speichern im Angebot, die ebenfalls Schnellladen ohne aufwendigen Netzausbau ermöglichen sollen.

Eine Batterie ist nicht die ökologischste Lösung

„Jede Technologie hat ihre Daseinsberechtigung“, sagt Verbandsvorstand Emmert. An vielen Standorten bleibe gar keine andere Möglichkeit, als auf Speicher zu setzen, weil die notwendigen Netzkapazitäten nicht vorhanden seien. „Numbat ist mit seinem Ansatz nicht allein, aber innovativ und weit vorn mit dabei.“

Der Ansatz von Numbat gilt in der Branche als interessant, aber auch mit Nachteilen behaftet. Die Einbindung von Ladeinfrastruktur in das Stromnetz werde zunehmend zu einer Herausforderung, sagt auch Constantin Schwaab, Gründer des Ladesäulenbetreibers Wirelane. Daher seien solche technischen Lösungen von Bedeutung.

Allerdings verschlechterten Batteriespeicher die Ökobilanz von Ladeinfrastruktur. Die Kosten für die Akkus seien zudem noch recht hoch. Ob sich ein derartiges Modell rechne, hänge stark von den Alternativen ab.

Auch Numbat-Gründer Schall räumt ein, dass Batterien nicht die ökologischste aller denkbaren Lösungen seien. Sie seien aber die realistischste. Zudem bereite man alte Akkus mit einem patentierten Verfahren wieder auf und beschere ihnen so ein zweites Leben.

Nach Einschätzung Emmerts habe die Batterielösung den Vorteil, dass sie die Netze entlasten kann, etwa wenn zu viel Strom verfügbar ist.

Das Ladesäulennetz könnte Numbat laut Schall später zu einem riesigen, virtuellen Batteriespeicher verknüpfen. Wenn zum Beispiel billiger Wind- und Solarstrom in Deutschland im Übermaß vorhanden ist, kann dieser gefüllt werden. Denkbar ist auch ein Verkauf ins Netz, wenn dort ein lukrativer Preis erzielt werden kann.

Die ersten Supermarktketten konnte Numbat als Kunden bereits gewinnen. Auf den Parkplätzen von 50 Feneberg-Filialen werden die ersten Säulen mit einer Ladeleistung von 300 Kilowatt installiert.

„Wir haben zahlreiche Anbieter von Ladesäulen und auch Kombinationen mit Batteriespeicher analysiert“, sagt Geschäftsführer Christof Feneberg. Produkt und Geschäftsmodell von Numbat seien aber einzigartig auf dem Markt.

Auch Tesla und die großen Energieversorger sind Konkurrenten

Demnächst soll das Handelsunternehmen Tegut mit 1000 Ladepunkten folgen. „Ein umweltfreundliches Schnellladeangebot ist ein zusätzliches Serviceangebot für unsere Kundinnen und Kunden, aber in erster Linie auch ein großes Invest in eine saubere Mobilität“, sagte Tegut-Geschäftsleiter Alexander Wilhelm.

Noch ist unklar, wer die Netze der Zukunft dominieren wird. Die meisten Schellladepunkte betreibt derzeit EnBW mit rund 800 Standorten, darunter zum Beispiel bei Rewe- und Drogeriemärkten. Bis 2025 sollen 2500 weitere Schnellladepunkte hinzukommen. Um die Expansion zu finanzieren, sieht sich EnBW nach möglichen Investoren als Partner um.

Neben den großen Konkurrenten wie Eon und Ionity sowie Tesla mit seinem eigenen Netz gibt es auch viele kleinere, lokale Betreiber. Daher erwarten Experten eine Konsolidierung, zumal die Kosten für einen Ausbau des Netzes hoch sind.

Numbat hat bislang in Finanzierungsrunden einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag eingesammelt. Um die hohen Investitionen zu stemmen, können sich Finanzinvestoren wie Private Equity und Banken – ähnlich wie zum Beispiel bei Windparks – über Finanzierungsvehikel am Betrieb beteiligen.

Das Start-up selbst konnte renommierte Geldgeber gewinnen. Paul-Josef Patt, einer der erfolgreichsten Technologieinvestoren Deutschlands, stieg mit seiner Firma eCapital bei den Allgäuern in einer Series-A-Finanzierungsrunde ein.

Erster Investor war zudem Christoph Ostermann, der 2019 den Batteriespeicherspezialisten Sonnen für einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag an Shell verkauft hat. „Uns geht es nicht primär um die Geldvermehrung“, sagte Ostermann. Er wolle vor allem seine Branchenkenntnis und Erfahrung beim Unternehmensaufbau weitergeben und so den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland vorantreiben.

Doch auch die Politik muss nach Einschätzung Emmerts ihren Teil dazu beitragen. „Der Markt ist da“, sagt er. Doch verzögerten sich viele Projekte, weil es bei den Bau- und Netzanschlussgenehmigungen hakt. Die Verfahren müssten vereinfacht und beschleunigt werden.

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