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21.03.2023

14:01

Energie

RWE investiert nach Rekordergebnis Milliarden in grüne Energie – vor allem im Ausland

Von: Kathrin Witsch

Kohle- und Atomkraftwerke haben im vergangenen Jahr trotz Energiekrise überraschend weniger zum RWE-Ergebnis beigetragen. Das Kerngeschäft der Essener soll mit Zukäufen wachsen – und grüner werden.

Der Energiekonzern investiert verstärkt in erneuerbare Energien. dpa

RWE-Finanzchef Michael Müller und Vorstandschef Markus Krebber

Der Energiekonzern investiert verstärkt in erneuerbare Energien.

Essen Der Energiekonzern RWE schließt das Krisenjahr 2022 mit einem operativen Gewinn von 6,3 Milliarden Euro ab. Ein Rekordergebnis, das doppelt so hoch ausfällt wie im Jahr zuvor. Das lag vor allem am Kerngeschäft, zu dem RWE alle Bereiche außer Kohle und Atomenergie zählt.

„Neben Kapazitätszubau bei erneuerbaren Energien waren hier vor allem der kurzfristige Kraftwerkseinsatz und höhere Margen beim Energiehandel maßgeblich“, erklärte Finanzchef Michael Müller am Dienstagmorgen. Wegen schwacher Windverhältnisse seien außerdem die Gaskraftwerke gegen Ende des Jahres vermehrt zum Einsatz gekommen.

In das grüne Kerngeschäft will RWE auch künftig stark investieren. 50 Milliarden Euro sollen hier bis 2030 fließen. Bis 2030 soll sich der Profit in dem Bereich im Vergleich zum laufenden Geschäftsjahr auf bis zu fünf Milliarden Euro verdoppeln.

RWE richtet Geschäft zunehmend international aus

Bereits im vergangenen Jahr hatte RWE die Investitionen deutlich auf 4,4 Milliarden Euro gesteigert. 3,6 Milliarden Euro davon gingen ausschließlich in das Geschäft mit Wind- und Solaranlagen. „2023 wollen wir noch deutlich mehr investieren“, bekräftigte Finanzchef Müller.

Der Konzern richtet sein Geschäft dabei zunehmend international aus. Von den 50 Milliarden Euro will RWE gerade mal 15 in Deutschland investieren, also etwa 30 Prozent. Heute macht das deutsche Geschäft, gemessen an der installierten Leistung, immerhin noch 41 Prozent aus. Seit Jahresbeginn hat RWE bereits drei große Akquisitionen abgeschlossen – allesamt im Ausland. Und allesamt grün. 

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Kohle und Kernenergie erzielten dagegen im vergangenen Jahr einen deutlich geringeren Profit als zuvor: Nach 900 Millionen Euro 2021 brachten diese Kraftwerke lediglich noch 750 Millionen Euro Gewinn ein. Das lag vorrangig an Kraftwerksschließungen.

Hinzu kommt, dass RWE einen Großteil seiner Stromproduktion aus Kohle und Atomkraft langfristig vor der Energiekrise verkauft hat – und diese damit auch nicht den Nachfrageschub in dem Bereich mitnehmen konnte. An den Märkten kamen Zahlen und Ausblick dennoch gut an, die Aktie des Energiekonzerns zählte gegen Mittag in freundlichem Börsenumfeld mit mehr als zwei Prozent plus zu den Gewinnern im Dax.

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RWE-Chef Markus Krebber betonte am Dienstag, dass der Fokus des Unternehmens ohnehin auf der grünen Transformation liege. „Wir wollen die Kohlekraftwerke nicht länger betreiben als nötig, und auch die LNG-Infrastruktur werden wir absehbar an staatliche Gesellschaften übergeben“, versicherte der Manager mit Blick auf die Versorgung mit verflüssigtem Erdgas.

RWE hat „kein wirtschaftliches Interesse“ an LNG-Infrastruktur

Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen im Auftrag der Bundesregierung zwei schwimmende Terminals für LNG gechartert. Außerdem ist RWE an dem LNG-Terminal in Brunsbüttel beteiligt und sondiert derzeit zwei weitere Terminals vor der Ostsee-Insel Rügen im Auftrag der Bundesregierung.

Umweltschützer kritisieren, dass Deutschland deutlich mehr Kapazitäten für Flüssigerdgas aufbaue, als es überhaupt brauche. Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet dagegen vor, dass 2023 weiterhin eine Versorgungslücke von rund 28 Milliarden Kubikmeter bestehe, die durch deutsche LNG-Terminals geschlossen werden müsse. Bis 2030 verringere sich die Lücke aufgrund der sinkenden Gasnachfrage auf 13 Milliarden Kubikmeter.

„Immer eine Überkapazität zu haben ist bei Infrastruktur absolut richtig“, kommentiert Krebber die Kritik. Die habe man bei Strom und Gas auch: „Wie viel Puffer man sich bauen möchte, liegt bei der Bundesregierung.“ RWE selbst habe keinerlei wirtschaftliches Interesse an der LNG-Infrastruktur, betont Krebber. 

Das zeigen auch die Felder, in denen RWE zuletzt zugekauft hat. Da ist zum einen die Cleantech-Sparte des US-Solarkonzerns Con Edison, die für 6,8 Milliarden Dollar übernommen wurde. Mit dem Deal verdoppelt das Essener Energieunternehmen nach eigenen Angaben seinen Bestand an Wind-, Solar- und Batteriespeicher-Anlagen in Nordamerika fast und kommt auf eine installierte Leistung von acht Gigawatt (GW). 

Der Gewinn des Konzerns mit Kohle- und Atomkraft sinkt. imago images/Hans Blossey

RWE-Kohlekraftwerk in Hamm

Der Gewinn des Konzerns mit Kohle- und Atomkraft sinkt.

Damit werde RWE in den USA zur Nummer zwei unter den Betreibern von Solaranlagen und zur Nummer vier bei erneuerbaren Energien insgesamt, sagte Krebber. Der Kauf von Con Edison ist die größte Transaktion seit der Abspaltung von Innogy 2018. Bei der Finanzierung bekommt der Essener Konzern Unterstützung vom katarischen Staatsfonds QIA, der damit auch größter Einzelaktionär wird.

Grünes Wachstum, mitfinanziert vom Handel mit Erdgas

Eine zweite wichtige Übernahme ist der Kauf des Solarentwicklers JBM Solar in Großbritannien. Bislang hatte RWE sich mehr auf den Ausbau der Windkraft in England konzentriert, der Zukauf macht den Konzern auch bei Sonnenenergie relevant. In Polen sicherten sich die Essener bereits Ende vergangenen Jahres den Photovoltaik-Entwickler Alpha Solar. 

Damit habe man in allen drei Kernmärkten seine Position im Bereich Erneuerbare deutlich gestärkt, führte Konzernchef Krebber aus: „Beim Thema Wind haben wir einen besonderen Schwerpunkt in den USA, wo die Anlagen an Land deutlich größer sind. Aber auch in Großbritannien und Polen wird sich das Wachstum durch unsere Zukäufe jetzt deutlich beschleunigen.“ Weitere kleinere Zukäufe schloss er in den kommenden Monaten nicht aus. 

Das alles zahlt auf die neue Strategie des Milliardenkonzerns ein: „Growing Green“, grünes Wachstum. Aber ein bisschen Grauzone soll mithelfen: Der Handel mit Erdgas soll für den Übergang eine große Rolle spielen. Dazu gehört auch der Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke in Deutschland. 

Im laufenden Jahr will das Unternehmen deswegen an sein Rekordergebnis anknüpfen. „Den Finanzbedarf für unsere Investitionen decken wir durch das operative Geschäft“, bekräftigt Finanzvorstand Müller. Dann soll das bereinigte Ebitda auf Konzernebene zwischen 5,8 bis 6,4 Milliarden Euro liegen. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 90 Cent je Aktie erhalten und für das laufende Jahr eine Ausschüttung von einem Euro je Anteilsschein. 

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