Premierministerin Borne bestätigt, dass der Staat seinen Anteil an EDF auf 100 Prozent aufstocken will. Das soll den Atomausbau sicherstellen – und den hochverschuldeten Konzern retten.
Stromkonzern EDF
Zwar befindet sich das Unternehmen bereits überwiegend in Staatshand, der Stromkonzern soll nun aber komplett verstaatlicht werden.
Bild: Reuters
Paris Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte eine komplette Verstaatlichung des Energiekonzerns EDF bereits angedeutet, nun bestätigte Premierministerin Élisabeth Borne in ihrer Regierungserklärung die Pläne: Angesichts von „Klimanotstand“ und Energiekrise seien „starke, radikale Entscheidungen“ erforderlich, sagte Borne am Mittwoch vor der Nationalversammlung in Paris. Für die Regierung geht es aber auch um die Rettung des Unternehmens, das Schulden in zweistelliger Milliardenhöhe hat.
„Wir müssen die volle Kontrolle über die Produktion und unsere Energiezukunft haben“, sagte die Premierministerin. „Darum bestätige ich heute die Absicht des Staates, 100 Prozent des Kapitals von EDF zu halten.“ Details und einen Zeitplan präsentierte Macrons Regierungschefin nicht. Dennoch legte die EDF-Aktie an der Pariser Börse um zeitweise bis zu zehn Prozent zu.
Dem französischen Staat gehören bereits 84 Prozent des 2005 teilprivatisierten Konzerns. Das Unternehmen verbuchte im vergangenen Jahr einen Gewinn von rund fünf Milliarden Euro. Die Verschuldung von mehr als 40 Milliarden Euro und der ebenfalls gigantische Investitionsbedarf vor allem in neue Atomkraftwerke lasten aber auf den Aussichten.
Im Februar hatte die Regierung eine Kapitalerhöhung für EDF angekündigt. Über die Ausgabe neuer Aktien wurden insgesamt 3,1 Milliarden Euro eingenommen werden, 2,7 Milliarden Euro davon trug der französische Staat bei. Der französische Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte damals, dass die Kapitalerhöhung „nichts mit einer Verstaatlichung“ zu tun habe. „Wir geben EDF frisches Geld, um diese schwierige finanzielle Phase zu durchqueren.“
Doch während des Präsidentschaftswahlkampfes im Frühjahr ließ Macron durchblicken, dass er eine staatliche Übernahme des Energiekonzerns wünscht. Seine Regierung spannt EDF mit einem Strompreisdeckel im Kampf gegen hohe Energiekosten für die Verbraucher ein. Für das laufende Jahr rechnet das Unternehmen daher mit bedeutenden Mindereinnahmen.
>> Lesen Sie auch: Ausfälle von Atomkraftwerken – Frankreich zahlt exorbitante Strompreise
Auf die Bilanzen von EDF drücken auch die aktuellen Probleme mit dem Atomenergiepark. Seit Monaten steht etwa die Hälfte der 56 Reaktoren in Frankreich still. Zwölf Meiler nahm EDF nach eigenen Angaben vorübergehend vom Netz, um die Rohrleitungen des Notkühlsystems auf kleinste Risse überprüfen. Der Konzern hatte die Vorsichtsmaßnahme ergriffen, nachdem bei älteren Anlagen Hinweise auf Korrosionsschäden entdeckt wurden.
Neben den unvorhergesehenen Abschaltungen stehen gegenwärtig auch mehr Reaktoren als üblich wegen routinemäßiger Wartungen still. Während der Lockdown-Phasen in der Pandemie waren geplante Instandsetzungsarbeiten verschoben worden, nun überschneiden sie sich mit den Korrosionsproblemen. Die Ausfälle dürften EDF in diesem Jahr nach den jüngsten Schätzungen des Unternehmens 18,5 Milliarden Euro kosten.
Zugleich erwartet Macron, dass EDF ab 2028 sechs Druckwasserreaktoren der nächsten Generation baut. Die Kosten dafür werden auf mehr als 50 Milliarden Euro geschätzt. EDF soll darüber hinaus den Bau von acht weiteren Atomreaktoren prüfen. Weitere Milliardenausgaben entstehen durch die Renovierung der bestehenden Atomkraftwerke, von denen viele bereits Laufzeiten von mehr als 40 Jahren aufweisen.
Macron hofft, die Lebensdauer der Reaktoren auf mehr als 50 Jahre zu verlängern. Der Präsident sieht Atomkraft neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien als die entscheidende Stellschraube, um Frankreich klimaneutral zu machen.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×