Wasserstoff soll in der EU zum Milliardenmarkt werden. Darum baut Siemens das Geschäft auch nach der Abspaltung der Energiesparte aus.
Wasserstoff-Anlage in Wunsiedel
Siemens will das Geschäft mit dem Wasserstoff ausbauen.
München Siemens hat eine der größten Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff in Deutschland in Betrieb genommen. Die Anlage im oberfränkischen Wunsiedel soll zunächst bis zu 1350 Tonnen Wasserstoff mithilfe von Sonnen- und Windkraft im Jahr erzeugen.
Bei der Aufspaltung von Siemens vor zwei Jahren war das Geschäft zum Beispiel mit Elektrolyseuren zur Herstellung von Wasserstoff an die neue Siemens Energy gegangen. Deren Modell „Silyzer 300“ mit einer elektrischen Gesamtleistung von 8,75 Megawatt kommt auch in Wunsiedel zum Einsatz.
Doch auch Siemens selbst will nach der Trennung vom Energiegeschäft weiterhin vom Wasserstoffboom profitieren. Die Einheit „Smart Infrastructure“ (Intelligente Infrastruktur) verantwortete als Generalunternehmer die Errichtung der Anlage und den Aufbau eines intelligent überwachten und gesteuerten Energienetzes.
Die Finanzsparte Siemens Financial Services ist zudem mit 45 Prozent an der Betreibergesellschaft Wun H2 beteiligt. Hinzu kommen Rießner-Gase aus Lichtenfels (ebenfalls 45 Prozent) und die Stadtwerke Wunsiedel mit zehn Prozent.
Laut Siemens wurde in Wunsiedel gemeinsam mit der Umweltbank Nürnberg eine der ersten regresslosen Projektfinanzierungen für eine derartige Anlage umgesetzt. Das heißt, dass die Gesellschafter nicht rückhaften. Dies zeige, dass solche Projekte heute wirtschaftlich machbar seien.
Für Siemens machen Aktivitäten rund um den Wasserstoff nur noch einen vergleichsweise kleinen Teil des Gesamtgeschäfts aus. Doch könnte die Bedeutung in den nächsten Jahren weiter wachsen. So schloss der Konzern vor wenigen Wochen eine Kooperation mit der NordLB und der Investmentgesellschaft Senco Hydrogen Capital, um Projekte für die verbrauchsnahe Herstellung von grünem Wasserstoff durch Elektrolyse in Deutschland zu entwickeln.
Auch in der Zugsparte Mobility ist Wasserstoff ein zentrales Thema. In der vergangenen Woche feierte Siemens mit der Deutschen Bahn die Premierenfahrt des neuen Wasserstoffzugs „Mireo Plus H2“. Dieser ist mit einer Brennstoffzelle und einer Lithium-Ionen-Batterie ausgestattet und soll Dieseltriebzüge im Regionalverkehr ersetzen. „Ein einziger Zug spart über seine Lebensdauer von 30 Jahren bis zu 45.000 Tonnen CO2 gegenüber Autofahrten ein“, sagte Siemens-Chef Roland Busch.
>> Lesen Sie dazu: Bahn unternimmt erste Testfahrt mit Siemens-Wasserstoffzug
Der Wasserstoff aus der neuen Anlage in Wunsiedel soll vor allem in Industrie- und Gewerbebetrieben in der Region eingesetzt werden sowie ab dem kommenden Jahr auch an einer Wasserstofftankstelle. Wunsiedel nutzt nach eigenen Angaben bereits zu 100 Prozent klimaneutrale Energie und ist Selbstversorger bei Strom und Wärme.
„Da globale Erwärmung, Energieabhängigkeit und steigende Kosten zu immer drängenderen Themen werden, sind reale Lösungen für die Energiezukunft von entscheidender Bedeutung“, sagte Siemens-Vorstand Matthias Rebellius.
Wasserstoff wird durch Elektrolyse gewonnen. Dabei wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt. Vor allem, wenn dabei erneuerbare Energien eingesetzt werden, gilt Wasserstoff als klimafreundlich. Grüner Wasserstoff könnte im großen Stil in energieintensiven Unternehmen helfen, die CO2-Emissionen zu senken.
So kündigte Thyssen-Krupp vor einigen Tagen eine Milliardeninvestition in eine Direktreduktionsanlage mit einer Kapazität von 2,5 Millionen Tonnen an. In der Anlage kann auch – mithilfe von Wasserstoff – sogenannter Eisenschwamm aus Eisenerz hergestellt werden. Mit diesem kann dann in Elektroöfen grüner Stahl produziert werden.
Noch sind viele Fragen ungeklärt: Wie können etwa die großen Mengen an Wasserstoff, die benötigt werden, produziert werden? Und wer trägt die höheren Kosten zum Beispiel für grünen Stahl?
Doch das Marktpotenzial scheint groß: Bis 2050 könnten in der europäischen Wasserstoffindustrie mehr als 5,4 Millionen Arbeitsplätze entstehen, bei einem Umsatz von mehr als 800 Milliarden Euro im Jahr – so sagt es die „Hydrogen Roadmap Europe“ voraus, eine Studie des „Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking“, dem auch die EU-Kommission angehört. Deutsche Technologieunternehmen und Anlagenbauer wie Siemens, Siemens Energy und MAN Energy Solutions wollen dabei eine zentrale Rolle spielen.
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