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14.12.2022

17:50

Gaskonzern

Uniper bekommt neue Aufsichtsräte – Ex-Bilfinger-Chef übernimmt den Vorsitz

Von: Catiana Krapp

Kurz vor der Staatsübernahme steht fest, wer neu in das Kontrollgremium des Gasimporteurs einzieht. In der Branche stoßen die Personalien überwiegend auf Zustimmung.

Als Geschäftsführerin der Finanzagentur des Bundes war sie bis Oktober auch für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds zuständig. PR

Jutta Dönges

Als Geschäftsführerin der Finanzagentur des Bundes war sie bis Oktober auch für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds zuständig.

Düsseldorf Deutschlands größter Gasimporteur Uniper bekommt im Zuge der Verstaatlichung vier neue Aufsichtsratsmitglieder. Neuer Chefkontrolleur wird Tom Blades, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Der frühere Manager von Siemens und Linde war von 2016 bis 2021 Vorstandschef des Industriedienstleisters Bilfinger.

Außerdem zieht Jutta Dönges in den Aufsichtsrat ein. Sie war bis Oktober Geschäftsführerin der Finanzagentur des Bundes, wo sie unter anderem für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds zuständig war, der in der Coronakrise Unternehmen wie die Lufthansa und Tui vor dem Aus rettete.

Ebenfalls kommen der Investmentbanker Marcus Schenck von der US-Bank Lazard, der bereits beratend an der Stabilisierung von Uniper beteiligt war, und Ines Zenke, Mitinhaberin der Wirtschaftskanzlei Becker Büttner Held, neu in das Gremium.

Uniper muss im Zuge der Energiekrise vom Staat mit bis zu 33 Milliarden Euro gerettet werden. Das Unternehmen erhält keine Gaslieferungen mehr aus Russland, muss die eigenen Kunden aber weiterhin beliefern. Um die Versorgung Hunderter deutscher Stadtwerke und Industrieunternehmen weiterhin aufrechtzuerhalten, soll der Bund Uniper fast vollständig übernehmen.

Der Schritt soll am 19. Dezember auf einer außerordentlichen Hauptversammlung besiegelt werden. Das bisherige Mutterunternehmen, der finnische Staatskonzern Fortum, gibt dann seine Anteile an den deutschen Staat ab. Damit scheiden auch die vier Fortum-Vertreter aus dem Aufsichtsrat aus.

Die ersten Reaktionen auf die neuen Aufsichtsräte sind überwiegend positiv. Ein Branchenkenner sagte: „Insgesamt eine ausgewogene Mischung, die wohltuend unpolitisch ist.“ Die Auswahl spreche dafür, dass Uniper bei der Besetzung des Aufsichtsrats mehr auf Kompetenz als auf Prominenz setze. Im Sommer hatte es das Gerücht gegeben, die häufig in Fernsehsendungen geladene Energieökonomin Claudia Kemfert könnte in den Aufsichtsrat einziehen.

Der frühere Bilfinger-Chef soll künftig den Aufsichtsrat von Uniper leiten. imago images/sepp spiegl

Tom Blades

Der frühere Bilfinger-Chef soll künftig den Aufsichtsrat von Uniper leiten.

Tom Blades bringe Energieerfahrung und Wasserstoffkompetenz mit, was für Uniper ein strategisch wichtiges Geschäft sei, sagt der Insider. Jutta Dönges habe die richtige Topmanagement-Erfahrung, insbesondere für notleidende Unternehmen. Schenck sei eine neutrale Besetzung mit passender Erfahrung aus dem Energie- und Finanzsektor.

Aktionärsschützer fordern vom Bund Klarheit über Uniper-Strategie

Von anderer Stelle heißt es mit Blick auf die Juristin Ines Zenke: Ihre Kanzlei Becker Büttner Held vertrete zahlreiche Stadtwerke in Deutschland, die wiederum von Uniper abhängig seien. Das könne Zenke in ihrer neuen Rolle in Interessenkonflikte bringen.

„Die neuen Aufsichtsratsmitglieder sind breit aufgestellt, das ist eine gute Zusammensetzung. Ich halte das für eine sehr gute Lösung“, sagt dagegen ein Unternehmensinsider.

Bei Uniper hatte man im Vorfeld des Wechsels darauf gehofft, dass mit dem Staatseinstieg auch Menschen mit Wirtschaftsexpertise in den Aufsichtsrat einziehen, die national sowie international Türen öffnen können. Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach sagte am Mittwoch: „Ich freue mich sehr über die frühzeitige Nominierung der neuen Aufsichtsratsmitglieder, die über herausragende Energie- und Finanzexpertise verfügen.“

Für Investitionen in erneuerbare Energien im industriellen Maßstab scheinen andere Firmen besser positioniert, zum Beispiel RWE. Ingo Becker, Analyst bei der Bank Kepler Cheuvreux

Offen ist weiterhin, wie sich Uniper künftig strategisch ausrichten wird. Aktionärsschützer kritisierten diese Unsicherheit. Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sagte der Nachrichtenagentur Reuters, der Bund müsse nach der Übernahme schnell klären, wie es weitergehen soll. Die Frage sei, ob es eine Perspektive für den Privatanleger gebe: „Was ist die Strategie?“

Eine erfolgreiche Staatsübernahme hängt an der Zustimmung des Hauptaktionärs Fortum, der zuletzt 80 Prozent der Uniper-Aktien hielt. Doch bislang gibt es auch noch diverse Minderheitsaktionäre, die teils durch die DSW vertreten werden. Die Umsetzung des geplanten Rettungspakets für den Gashändler soll zu einer Beteiligung des Bundes an dem Konzern von 99 Prozent führen.

Uniper hat seit 2020 das Ziel, bis 2035 klimaneutral zu werden. Bis dahin will der Konzern sein Portfolio auf die Herstellung von grünem Gas, Wasserstoff und erneuerbaren Energien ausrichten. Bezüglich der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien gibt es in der Branche allerdings Zweifel, dass das Unternehmen hier in nennenswertem Maßstab einsteigen wird.

Analyst Ingo Becker von der Bank Kepler Cheuvreux etwa sagt: „Für Investitionen in erneuerbare Energien im industriellen Maßstab scheinen andere Firmen besser positioniert, zum Beispiel RWE.“

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