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07.01.2022

18:50

Hohe Strom- und Gaspreise

Eprimo, Green Planet, EWS Schönau: Energieversorger setzen Neukundenverträge aus

Von: Catiana Krapp

Die Turbulenzen an den europäischen Energiemärkten bringen weitere Unternehmen in die Bredouille. Die Preise dürften auch langfristig steigen.

Verbraucher sollten sich so schnell nicht auf Erleichterung einstellen. dpa-tmn

Teurer Stromverbrauch

Verbraucher sollten sich so schnell nicht auf Erleichterung einstellen.

Düsseldorf Diverse deutsche Strom- und Gasversorger nehmen aktuell keine neuen Kunden an. So blendet etwa die Eon-Tochter Eprimo derzeit ganz oben auf ihrer Startseite den Hinweis ein, für Neukunden gebe es gerade keine Angebote. Bei Green Planet Energy erscheint ein roter Warnhinweis und auch die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) warnen in einem gelben Kasten: „Strom- und Gasangebot für Neukunden derzeit ausgesetzt.“ Das Vergleichsportal Check24 bietet aktuell ebenfalls keine Verträge mit den drei Versorgern an.

So bemerkenswert es erscheint, wenn ein Unternehmen freiwillig auf weitere Kunden verzichtet: Vor dem Hintergrund der hohen Energiepreise in den vergangenen Wochen ist es nur folgerichtig. Steffen Suttner, Geschäftsführer von Check24, sagt: „Die Einkaufsstrategien der Versorger sind unterschiedlich – daher kann es verschiedene Gründe dafür geben, dass Energieversorger keine Neukunden annehmen. Aufgrund der aktuellen Preisexplosion an den Börsen beziehungsweise in den Märkten kalkulieren zahlreiche Anbieter ihre Tarife neu.“

Bei Eprimo ist nach eigenen Angaben genau das der Fall. Das Unternehmen teilt auf seiner Seite mit: „Aktuell überarbeiten wir unser Tarif-Angebot für Neukunden, da wir die stark gestiegenen Beschaffungskosten in unserer Preisstellung berücksichtigen müssen.“ Man werde Neukunden aber so schnell wie möglich wieder das vollständige Angebot zur Verfügung stellen. Für Bestandskunden ändere sich nichts.

EWS Schönau hat bereits im Herbst die Preise für Privatkunden angehoben und will durch den Neukundenstopp seine Bestandskunden vor weiteren Preissteigerungen schützen. Ähnlich argumentiert auch Green Planet Energy.

Ein verständliches Vorgehen für Udo Sieverding, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: „Das ist durchaus nachvollziehbar, da angesichts der hohen Preise für die Energiebeschaffung die Neukundentarife deutlich erhöht sind“, sagt er. „Einige Anbieter scheinen diese turbulente Sondersituation am Energiemarkt zunächst abzuwarten. Das ist eine unternehmerische Entscheidung, die zwar bedauerlich, aber nicht zu beanstanden ist.“ Die Sondertarife für Neukunden seien auch von einer Reihe von Stadtwerken derzeit ausgesetzt worden.

„Es wird sich vermutlich ein höheres Tarifniveau etablieren“

Die größeren Anbieter, die jüngst ihre Neukundenakquise ausgesetzt haben, sind Bioenergieversorger. Gerade bei Biogas ist die Beschaffung derzeit besonders schwer, denn nicht nur Energieversorger fragen Biomethan nach. Kraftstoffhändler kaufen den Markt leer, weil sie mithilfe des Biomethans Treibhausgasquoten erfüllen können, die ihnen die EU vorschreibt, damit sie umweltfreundlicher werden.

In den vergangenen Wochen und Monaten hat es indes auch schon größere reguläre Energieversorger getroffen: Mitte Oktober war der Energieversorger EnBW zeitweise nicht mehr bei Vergleichsportalen als Gasversorger gelistet, auch der Essener Konzern Eon hatte sein Neugeschäft mit Privatkunden vorläufig gestoppt.

Anfang Dezember dann hatten die Marken Gas.de und Grünwelt Energie für ihre Kunden gar einen Lieferstopp verkündet und somit rückwirkend Erdgaslieferverträge beendet. Kurz darauf konnte auch der Strom-Discounter Stromio keine Kunden mehr beliefern, was auch Stromkunden von Grünwelt Energie betraf – die Netzbetreiber hatten ihre Verträge mit den Unternehmen gekündigt.

Laut Bundesnetzagentur hatten bis Ende des vergangenen Jahres mindestens 38 Anbieter angezeigt, die Stromlieferung beenden zu wollen. Die Kunden fielen in die meist teurere Grundversorgung. Das Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wies am Mittwoch darauf hin, dass die Kunden die Preiserhöhungen aber nicht akzeptieren müssen. „Der Versorger, der die Kündigung ausspricht, der begeht aus unserer Sicht einen Vertragsbruch“, sagte am Mittwoch ein Ministeriumssprecher in Berlin.

Die gekündigten Kunden hätten nun ein Recht darauf, „den gleichen Preis für den Strom“ zu zahlen, „wie sie es mit ihrem ersten Lieferanten, dem Hauptlieferanten, ausgemacht“ hätten. Bei Preiserhöhungen sei der kündigende Anbieter verpflichtet, „dem Kunden eine Schadenersatzleistung zu zahlen“, erklärte der Sprecher weiter. Stromkunden könnten eine entsprechende Forderung an den ehemaligen Anbieter stellen.

Die Lage könnte noch eine Weile anhalten: „Ich gehe davon aus, dass die Situation noch einige Wochen angespannt bleibt“, so Sieverding von der Verbraucherzentrale. „Zum Frühjahr hin sollten die Strompreise sinken, beim Gas ist die Perspektive unsicherer.“

Verbraucher sollten sich allerdings so schnell nicht auf Erleichterung einstellen. „Letztlich werden sich viele Vertriebe nach der Marktkonsolidierung neu aufstellen und vermutlich wird sich dabei ein höheres Tarifniveau etablieren“, sagt Sieverding. „Umso wichtiger, dass die Wettbewerbsintensität dann auch wieder steigt und die derzeitige Tendenz zu marktbeherrschenden Stellungen einzelner Versorger durchbrochen wird.“

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