Der Staat greift seinem wichtigsten Unternehmen nicht in die Kasse, sondern lässt es in die Ausweitung der Ölförderung investieren.
Gasanlage von Saudi-Aramco in Hawiyah
Das Öl- und Gasunternehmen Saudi Aramco steigerte ihren Netto-Gewinn um 90 Prozent.
Bild: AP
Berlin Der im Zuge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine stark gestiegene Ölpreis hat Saudi Aramco einen Rekordgewinn beschert. Im zweiten Quartal steigerte der weltgrößte Ölförderer das Nettoergebnis um 90 Prozent auf 48,4 Milliarden Dollar. Für die ersten sechs Monate steht ein Gewinn von 87,9 Milliarden Dollar in den Büchern.
Aramco profitierte dabei vom hohen Ölpreis, einer gestiegenen Produktion und deutlich erhöhten Raffineriemargen. Die Umsätze legten im zweiten Quartal um 80 Prozent auf 150 Milliarden Dollar zu. Auch andere große Ölkonzerne hatten die Erlöse stark steigern können.
Bemerkenswert ist dabei nach Einschätzung von Analysten, die am Montag die detaillierten Daten mit der Konzernführung diskutieren, dass der Staat, der 98,5 Prozent der Aktien besitzt, Saudi Aramco nicht zur Melkkuh für die gigantischen Infrastrukturprojekte der Staatsführung macht.
Denn die Dividende bleibt bei 18,8 Milliarden Dollar für jeweils drei Monate, wie es bei der Börsenplatzierung von 1,5 Prozent der Aramco-Anteile Ende 2019 den Investoren versprochen worden war. Der Staat verpflichtet seinen wichtigsten Konzern somit aktuell nicht, noch mehr Geld abzuführen. Stattdessen investiert das Unternehmen weiter in den Ausbau seiner Ölförderung und baut Schulden ab.
„Wir gehen davon aus, dass die Ölnachfrage für den Rest des Jahrzehnts weiter steigen wird, auch wenn die kurzfristigen globalen Prognosen unter wirtschaftlichem Druck stehen“, begründete Aramco-CEO Amin Nasser die Strategie weiterer Investitionen in die Ölproduktion. Im zweiten Quartal hatte der Konzern die Investitionen bereits um ein Viertel auf 9,4 Milliarden Dollar erhöht.
Aramco kündigte an, es arbeite „weiterhin daran, die maximale Rohölkapazität von 12 Millionen Barrel pro Tag auf 13 Millionen bis 2027 zu erhöhen“. Bis 2030 könnte auch eine weitere Million Barrel pro Tag für den Export zur Verfügung stehen, da das Land seine mit Öl befeuerten Kraftwerke durch Stromproduktion aus Erdgas und erneuerbaren Energien ersetzt.
Bis 2035 sollen allein Windkraft- und Solaranlagen mit einer Produktionskapazität von zwölf Gigawatt installiert sein. Auch in die Erdgasförderung investiert Aramco derzeit massiv – für den Eigenbedarf in saudischen Kraftwerken und zur Produktion von „blauem“ Wasserstoff, wie Nasser unterstrich.
Zuletzt hatte der mit Abstand global größte Ölförderer 10,5 Millionen Barrel am Tag produziert, im ersten Quartal 2021 hatte die Förderung noch bei 8,5 Millionen Fass gelegen. Den Rekord hatte Aramco Ende 2018 mit 10,8 Millionen Barrel erreicht. Der Konzern hätte auch kein Problem, zwölf Millionen Fass täglich zu produzieren, wenn die Regierung dies anweisen würde, sagte Nasser.
Die USA und ihre europäischen Verbündeten hatten zuletzt immer wieder Druck gemacht, die saudische Ölförderung hochzufahren, um den starken Preisauftrieb zu bremsen. Der Ölpreis war im März auf fast 130 Dollar pro Barrel (je 159 Liter) gestiegen und liegt derzeit bei 98 Dollar für ein Fass der Nordseesorte Brent. Eine Ausweitung der saudischen Ölförderung soll helfen, dass Europa russisches Rohöl ersetzen kann. Die westlichen Staaten wollen zudem durch niedrigere Benzin- und Ölpreise erreichen, dass die stark gestiegene Inflation sich wieder abschwächt.
Neben mehr Ausgaben für Investitionen, senkte Saudi Aramco, dessen Aktienkurs seit Jahresbeginn um rund 25 Prozent gestiegen ist, seine Verschuldung: Das sogenannte Gearing-Ratio, ein Maß für die Verschuldung im Verhältnis zum Eigenkapital, sank von 14,2 Prozent Ende 2021 auf 7,9 Prozent jetzt. Dabei hatte Aramco Milliarden bezahlt für die Übernahme der Mehrheit des Petrochemie-Konzerns Sabic vom Staatsfonds Public Investment Fund (PIF).
Der mächtige Kronprinz und PIF-Chairman Mohammed bin Salman will mit dreistelligen Milliardenbeträgen sein Land umbauen und Industrien jenseits der Ölförderung aufbauen. Analysten hatten befürchtet, dass dazu mehr Geld bei Saudi Aramco eingetrieben werde für die saudische Staatskasse. Das an der Börse Riad gelistete Unternehmen wird derzeit mit 2,4 Billionen Dollar bewertet.
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