LNG-Tanker
Der Handel mit fossilen Energieträgern bescherte den unabhängigen Rohstoffhändlern riesige Gewinnspannen.
Bild: Reuters
Die Handelshäuser haben im vergangenen Jahr durch die Verwerfungen an den Märkten 115 Milliarden Euro Rohertrag erwirtschaftet. Vor allem zwei Gruppen von Tradern profitieren.
Zürich Die großen Schwankungen bei den Preisen für Öl, Gas, Kohle und Industriemetalle sorgen für historische Gewinne bei den Rohstoffhändlern. Die Branche erwirtschaftete im Jahr 2022 mit 115 Milliarden Dollar den bislang höchsten Bruttoertrag – ein erneuter Anstieg von 59 Prozent gegenüber dem Vorjahr, das ebenfalls ein Rekordjahr für die Branche war. Das geht aus einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman hervor.
Vor dem Ausbruch der Coronapandemie und den damit einhergehenden großen Schwankungen an den Rohstoffmärkten lag der Bruttoertrag der Branche 2019 noch bei 44 Milliarden Dollar.
Der Bruttoertrag, auch Rohgewinn genannt, misst die Differenz zwischen Umsatzerlösen und dem Wareneinsatz, also Einkaufspreisen und Lieferkosten, berücksichtigt aber keine anderen Ausgaben wie Personalkosten.
Die Händler hätten im abgelaufenen Jahr von den extremen Schwankungen am Markt profitiert, sagt Alexander Franke, Partner und Experte für den Rohstoffhandel bei Oliver Wyman. Haupttreiber der Rekordgewinne war dabei der Handel mit fossilen Energieträgern: Knapp ein Drittel der Rekord-Roherträge der Branche entfiel auf den Handel mit Öl. Ein weiteres Drittel machten Gas, Strom und Emissionszertifikate aus.
Die Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine hätten „am Ölmarkt eine Reorientierung der Lieferverbindungen ausgelöst“, so Franke. Europa falle als Importmarkt für russisches Öl und Gas weg, die Rohstoffe würden nach Asien, Indien und in den Mittleren Osten umgeleitet. China habe zudem wegen der wirtschaftlichen Öffnung nach der strengen Coronapolitik im vergangenen Jahr wieder mehr Rohstoffe nachgefragt.
Besonders von diesen Schwankungen profitiert haben die unabhängigen Handelshäuser wie Glencore, Trafigura oder Gunvor und die Handelsabteilungen von Banken und Hedgefonds. Sie sind darauf spezialisiert, kurzfristige Ungleichgewichte bei Angebot und Nachfrage auszunutzen, und profitieren unabhängig davon, ob die Preise steigen oder fallen. Sie erwirtschafteten im vergangenen Jahr 60 Prozent der Bruttoerträge der Gesamtbranche, 2018 waren es noch weniger als 50 Prozent.
2022 haben die großen unabhängigen Händler besonders profitiert, nachdem 2021 laut Franke noch „ein starkes Jahr für alle“ gewesen ist. Die Handelsarme der Ölmultis dagegen mussten beispielsweise noch die Versorgung der eigenen Raffinerien sichern und konnten dadurch nicht alle Möglichkeiten am Markt nutzen. Mancher Energieversorger mit angeschlossenem Handelsgeschäft musste in Teilgeschäften sogar hohe Verluste einfahren.
Außerdem stiegen wegen der großen Schwankungen an den Märkten auch die Finanzierungskosten der Rohstoffhändler. „Kleinere Händler, die nicht den gleichen Zugang zu finanziellen Ressourcen haben, konnten nicht jeden Deal wahrnehmen“, erläutert Oliver-Wyman-Experte Franke. Größere Marktteilnehmer wie Glencore oder Trafigura hatten es leichter, genügend Geld zu organisieren, um das Geschäft zu finanzieren. Sie nutzen vor allem milliardenschwere Kreditlinien von Bankensyndikaten sowie Anleihen.
Eine Anfang 2022 befürchtete Pleitewelle unter den kleinen Händlern blieb jedoch aus, so Franke: „Die finanzielle Widerstandsfähigkeit des Rohstoffhandels gehört zu den positiven Beobachtungen im vergangenen Jahr.“
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