Martin Schichtels Wärmespeicher können Energie ohne große Verluste speichern. Investor Frank Thelen glaubt: Das Start-up Kraftblock könnte sich zum Milliardenunternehmen entwickeln.
Kraftblock
Mit einer selbst entwickelten granulatähnlichen Masse schafft der Kraftblock-Speicher es auf eine Temperatur von bis zu 1300 Grad.
Bild: Kraftblock
Abu Dhabi Martin Schichtel muss schon ein bisschen arbeiten, um die Investoren auf der Weltenergiekonferenz von seiner Idee zu begeistern. „Ein Wärmespeicher ist auf den ersten Blick natürlich nichts, was man im Mittleren Osten unbedingt braucht“, gibt der 50-Jährige lächelnd zu. Dabei kann seine Erfindung die gespeicherte Wärme mit einer kleinen Veränderung genauso schnell zu kühler Luft umwandeln. Der studierte Chemiker aus Saarbrücken ist Gründer und Chef des Energie-Start-ups Kraftblock.
Das Prinzip: Ein thermischer Speicher, der Energie in Form von Wärme speichert, die dann bei Bedarf wieder abgerufen werden kann. Auch eine Umwandlung der Energie in Strom oder Gas ist möglich. Bis zu zwei Wochen kann der Kraftblock-Speicher die Energie ohne große Effizienzverluste speichern. Die Energie kann Abwärme aus Industrieprozessen sein oder auch überschüssiger Strom aus Wind- und Solaranlagen, der sonst verloren gehen würde.
Die Idee ist nicht neu, aber herkömmliche Wärmespeicher waren Schichtel schlicht nicht heiß genug. Mit einer selbst entwickelten granulatähnlichen Masse, die zu 85 Prozent aus Recycling-Material besteht, schafft der Kraftblock-Speicher es auf eine Temperatur von bis zu 1.300 Grad.
Zum Vergleich: Der neue Vulkanstein-Speicher des Windkonzerns Siemens Gamesa, der mit einem ähnlichen Prinzip arbeitet und in diesem Jahr die erste Pilotanlage in Hamburg gestartet hat, schafft maximal 800 Grad. „Je mehr Hitze gespeichert werden kann, desto leistungsstärker der Speicher“, erklärt Schichtel.
Von der ersten Idee bis zur Gründung hat Schichtel sechs Jahre gebraucht. Im Jahr 2014 ist er mit Kraftblock offiziell gestartet. Ende des vergangenen Jahres entdeckte der Investor Frank Thelen das Grünunternehmen und beteiligte sich mit seiner Firma Freigeist zu 20 Prozent an dem Start-Up. „Kraftblock kann das Thema grüne Energie weltweit voranbringen und zu einem Unternehmen werden, das Milliardenumsätze macht“, sagte Thelen damals.
Seitdem hat sich für die Saarbrückener viel verändert – einiges davon verdanken sie auch Greta Thunberg. „Man merkt sehr deutlich, dass das Interesse in den letzten sechs Monaten massiv gestiegen ist. Greta war für uns toll“, sagt Susanne König, die sich bei Kraftblock um die Finanzen kümmert.
Ohne die Betriebswissenschaftlerin würde es Kraftblock vielleicht gar nicht geben. Immerhin war sie es, die ihrem Ehemann Schichtel damals dabei geholfen hat, einen Business Plan zu erstellen. „Und dann habe ich gesagt, wenn schon, dann machen wir es richtig groß“, erzählt sie. Seit 2015 ist König Vollzeit-CFO bei Kraftblock.
„Mittlerweile sieht man immer mehr Energiespeicher auf dem Markt“, sagt Andreas Kuhlmann, Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena). Kraftblock ist nur eines von insgesamt 100 Start-Ups, die von der Dena ausgewählt wurden, um ihr Geschäftsmodell auf der Weltenergiekonferenz in Abu Dhabi vorzustellen. Noch rechnen sich die Technologien zwar nicht, aber Experten gehen davon aus, dass der Kostenrückgang bei Speichern ähnlich radikal sein wird, wie man ihn in den vergangenen zehn Jahren bei Solar- und Windkraft erlebt hat.
Alleine die Preise für PV-Module sind in dieser Zeit um mehr als 80 Prozent gefallen. Forscher gehen zwar aktuell davon aus, dass sich Lithiumionenspeicher erst einmal in der Masse durchsetzen werden, aber Schichtel sieht einen klaren Vorteil bei Alternativen wie Kraftblock: „Wir kommen komplett ohne seltene Erden aus“, erklärt er, – anders als eine Lithiumionenbatterie, die neben dem nicht besonders umweltverträglichen Lithiumabbau auch noch umstrittene Rohstoffe wie Kobalt enthält.
Noch gibt es von dem Kraftblock-Speicher lediglich ein paar Pilotprojekte, „aber wir haben ja gezeigt, dass die Technologie funktioniert. Das hochskalieren ist kein Problem“, ist sich Schichtel sicher. Schon im Laufe des kommenden Jahres soll das erste Großprojekt gebaut werden. Und dann ist der Name Programm: Mit einer Kapazität von 500 Megawattstunden wird der „Kraftblock“ in etwa so groß wie 16 Container, die zu einem großen Speicher zusammengesteckt werden.
Das Interesse jedenfalls ist groß. Gespräche führt das Start-Up aktuell nicht nur mit namhaften deutschen Stahlkonzernen, sondern auch mit einem der größten Stahlproduzenten Indiens. „Das Potenzial der Abwärme aus solch hitzeintensiven Industrieprozessen nutzen die meisten Konzerne heute überhaupt nicht. Und da kommen wir ins Spiel“, sagt der Kraftblock-Gründer.
Drei bis vier Jahre verspricht Schichtel, ab dann rechne sich der Wärmespeicher für den Kunden. „Und das steht bei allen leider immer noch an erster Stelle“, merkt er an. Nur das grüne Fähnchen, das schwenke dann trotzdem jeder gern.
Mehr: Bei der Weltenergiekonferenz müsste die Wende von Öl und Gas zu erneuerbaren Energien im Fokus stehen. Aber die Realität ist eine ganz andere.
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