Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

02.02.2023

10:53

Sustainable Aviation Fuel

Lufthansa will nachhaltigen Kraftstoff von Varo Energy kaufen

Von: Catiana Krapp

Fluggesellschaften stehen unter Druck, ihre Emissionen zu senken – und Ölunternehmen brauchen neue Geschäftsmodelle. So entsteht ein schnell wachsendes Geschäft mit Biokerosin.

Bis 2040 will Varo Energy CO2-neutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt das Unternehmen auf Wasserstoff, Software für Elektroautos, Aufforstung – und auf Biomethan und Biotreibstoffe.

Terminal von Varo Energy

Bis 2040 will Varo Energy CO2-neutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt das Unternehmen auf Wasserstoff, Software für Elektroautos, Aufforstung – und auf Biomethan und Biotreibstoffe.

Düsseldorf Die Lufthansa will künftig nachhaltiges Kerosin bei Varo Energy kaufen. Ab 2026 will das Schweizer Ölunternehmen 260.000 Tonnen des sogenannten Sustainable Aviation Fuel (SAF) pro Jahr produzieren und unter anderem die größte deutsche Fluggesellschaft beliefern. Das geht aus einer Absichtserklärung hervor, die beide Unternehmen am Donnerstag öffentlich gemacht haben.

Der Chef von Varo Energy, Dev Sanyal, sagt: „Fluggesellschaften wie die Lufthansa benötigen große Mengen SAF. Wir glauben, dass künftig viele Kooperationen für nachhaltige Kraftstoffe vereinbart werden.“

Airlines stehen zunehmend unter Druck, ihre Emissionen zu senken, denn die Klimavorgaben werden immer strenger. Ab 2026 müssen Fluggesellschaften beispielsweise für all ihre CO2-Emissionen auf innereuropäischen Flügen teure Rechte erwerben.

So entsteht ein neuer Markt für Ölunternehmen wie Varo Energy, die ohnehin nach neuen Geschäftsmodellen suchen, die nicht auf fossilen Rohstoffen basieren. Schließlich sorgen Regelungen wie die sogenannte EU-Taxonomie in Europa dafür, dass es immer schwieriger wird, für klimaschädliche Geschäfte Geld von Banken und Investoren zu bekommen.

Das Geschäft von Varo Energy baut bislang zu großen Teilen auf Raffinerieprodukten auf. Jeder zehnte Liter an Ölprodukten, die in Deutschland verkauft werden, stammt nach Angaben des Unternehmens von Varo. Jetzt soll sich der Unternehmensfokus ändern. Sanyal sagt: „Zwei Drittel unserer Investitionen in den kommenden fünf Jahren werden in den Aufbau nachhaltiger Energien fließen.“

„Tank oder Teller“ – Debatte um Biokraftstoffe

Bis 2040 will Varo Energy CO2-neutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt das Unternehmen auf Wasserstoff, Software für Elektroautos, Aufforstung – und auf Biomethan und Biotreibstoffe. „Wir wollen unseren Kunden helfen zu dekarbonisieren“, sagt Sanyal.

Damit ist Varo in guter Gesellschaft. Die Lufthansa hat in den vergangenen Monaten bereits diverse Absichtserklärungen mit Konkurrenten von Varo zum Bezug von Biokerosin unterzeichnet. So will etwa das österreichische Unternehmen OMV schon  ab diesem Jahr 800.000 Tonnen SAF pro Jahr an die Lufthansa liefern. Und Shell will ab 2024 gar 1,8 Millionen Tonnen zur Verfügung stellen.

Doch auch das Geschäft der Ölkonzerne mit nachhaltigen Kraftstoffen ist umstritten. Schließlich bestehen sogenannte „Biotreibstoffe der ersten Generation“ teils aus Bestandteilen von Getreide oder Mais – und stehen so in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion.

Die „Tank oder Teller“-Debatte lebt gerade dieser Tage neu auf, denn Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat in der vergangenen Woche erklärt, dass Agrosprit aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen ab 2030 nicht mehr gefördert werden soll. Einen entsprechenden Regelungsvorschlag schickte Lemke in die Ressortabstimmung.

Der Streit über das Thema zeigt in den Zukunftsplänen von Varo Energy Wirkung: Das Biokerosin, das Varo für die Lufthansa produzieren will, soll ausschließlich aus nicht essbaren Rohstoffen hergestellt werden, wie Sanyal betont.

Deutschland als attraktiver Produktionsstandort

Das war nicht immer so: Auf Nachfrage räumt Sanyal ein, dass Varo Energy in seiner bestehenden Produktion auch Biokraftstoffmischungen verwendet, die zu bis zu 40 Prozent aus Biokraftstoff der ersten Generation bestehen – und somit auch aus essbaren Pflanzen hergestellt wurden.

Die nachhaltige Transformation und vor allem die Ablösung vom fossilen Geschäft geht nicht so schnell, wie es einige Energiekonzerne derzeit darstellen. Bei Varo zeigt das auch ein Blick auf die geplanten Erträge für die kommenden Jahre.

Sanyal sagt: „In den kommenden fünf Jahren wollen wir die Erträge unseres Unternehmens verdreifachen, und 50 Prozent der Erträge werden aus unseren fünf neuen, strategischen Wachstumssäulen stammen.“ Die nachhaltigen Geschäfte sollen also die Hälfte der Erträge beisteuern – während Varo zwei Drittel seiner Investitionen hineinsteckt.

Sanyal sagt dazu: „Das eine Drittel, das in das Geschäft mit konventionellen Energien fließt, verwenden wir nicht für neue Anlagen. Diese Investitionen sind schlicht nötig, um die Sicherheit im bestehenden Geschäft aufrechtzuerhalten.“

Die Pläne für das Zukunftsgeschäft mit Biokerosin für die Lufthansa sind indes noch recht unkonkret. Über die avisierten Liefermengen haben sich die beiden Unternehmen zwar schon geeinigt. Ob diese auch in Deutschland produziert werden, steht aber offenbar noch nicht fest.

Sanyal, dessen Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung an der Bayernoil-Raffinerie im bayerischen Neustadt hält, sagt dazu nur so viel: „Deutschland ist ein attraktiver Produktionsstandort für uns.“

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×