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01.03.2023

11:22

Wasserstoff

Siemens Energy plant den erwarteten Boom in den USA zu nutzen

Von: Axel Höpner

Mit dem „Inflation Reduction Act“ soll die Wasserstoffwirtschaft in den USA massiv wachsen. Darum prüft Siemens nun, wie die Produktion ausgebaut werden kann.

Das Geschäft mit dem grünen Wasserstoff soll in den kommenden Jahren deutlich wachsen.

Produktion von Siemens Energy

Das Geschäft mit dem grünen Wasserstoff soll in den kommenden Jahren deutlich wachsen.

München Siemens Energy will stark vom erwarteten Wasserstoffboom in den USA profitieren. „Der Markt ist attraktiv und es kann gut sein, dass wir irgendwann eine Fabrik in den USA bauen“, sagte Vorständin Anne-Laure Parrical de Chammard dem Handelsblatt.

Die Wasserstoffwirtschaft werde durch die Förderung im Rahmen des „Inflation Reduction Act“ (IRA) von US-Präsident Joe Biden einen enormen Schub bekommen. Das geplante Wachstum in den USA bedeute aber keine Verlagerung weg aus Deutschland, betonte die Siemens-Energy-Vorständin.

Mit der stärkeren Fokussierung in Richtung USA steht das Unternehmen nicht allein da. Auch der frühere Mutterkonzern Siemens will nach Informationen des Handelsblatts aus Aufsichtsratskreisen quer durch alle großen Geschäftseinheiten Produktion in den USA aufbauen. Ähnliche Pläne verkündeten große Autozulieferer wie Schaeffler und Bosch.

Für die Wasserstoffindustrie ist besonders interessant, dass die USA im Rahmen des IRA Wasserstoff mit drei Dollar pro Kilo fördern wollen. Dadurch rechnen sich nach Einschätzung von Brancheninsidern künftig auch viele Projekte, die bisher nicht wirtschaftlich gewesen wären.

Parrical de Chammard betonte, dass bei Siemens Energy noch keine Entscheidung für eine eigene Fertigung in den USA gefallen sei. Ein Konzernsprecher ergänzte: „Wir sind mit unserem Konzept schon jetzt gut für den US-Markt positioniert: Das Herzstück der Elektrolyseure, die Stacks, werden in Berlin gefertigt und könnten dann in den USA gemeinsam mit regionalen Partnern zusammengebaut werden.“

Siemens Energy: Gigafactory in Berlin

Siemens Energy will im Sommer seine erste Gigafactory in Berlin eröffnen. Hier sollen erstmals sogenannte PEM-Elektrolyseure im großen Stil fabriziert werden. Bislang geschieht dies weitgehend in Handarbeit in Erlangen. Die hohen Preise für Elektrolyseure sind einer der Gründe, warum die Produktion von Wasserstoff noch teuer ist.

Vorständin Parrical de Chammard geht davon aus, dass es nicht nur in den USA einen Schub geben wird. „Der Bedarf ist so groß, dass überall etwas passieren wird.“ Große Hoffnungen ruhen dabei zunächst auf dem Werk in Berlin. „Die Kapazitäten werden wir hoffentlich schneller erweitern können als zunächst geplant.“

Wasserstoff wird durch Elektrolyse gewonnen. Dabei wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt. Vor allem, wenn dabei erneuerbare Energien eingesetzt werden, gilt Wasserstoff als klimafreundlich.

Siemens Energy ist auf Anlagen spezialisiert, die die sogenannte PEM-Elektrolyse (Proton Exchange Membrane) nutzen, bei der Wasser mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien an einer protonendurchlässigen Membran in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt wird.

Sie könne sich vorstellen, das Wasserstoffengagement von Siemens Energy auch durch Zukäufe zu erweitern, sagte Parrical de Chammard. So schließt sie auf Nachfrage nicht aus, dass der Konzern auch in das zweite Herstellungsverfahren – die alkalische Elektrolyse (AEL) – einsteigt.

Nachfrage nach Wasserstoff: „Genehmigungsverfahren müssen einfacher werden“

In Europa werde die Nachfrage nach Wasserstoff stark anziehen. Die CO2-Bepreisung sei der richtige Ansatz, um Wasserstoff wirtschaftlich zu machen. Allerdings werde in den USA vieles schneller umgesetzt als in Europa. „Wir müssen die Prozesse und Genehmigungsverfahren vor allem einfacher machen.“

Parrical de Chammard verantwortet bei Siemens Energy die Sparte „Transformation of Industry“. Diese steuerte im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres rund eine Milliarde Euro zum gesamten Konzernumsatz von sieben Milliarden Euro bei. Mit einer Marge von 5,2 Prozent schaffte sie den Sprung in die Gewinnzone.

Da die Fabrik in Berlin erst hochläuft, machte die Geschäftseinheit „Sustainable Energy Systems“ mit den Wasserstoffaktivitäten gerade einmal 15 Millionen Euro Umsatz. Doch der Auftragseingang in Höhe von 64 Millionen Euro zeigt, wie stark das Geschäft wächst.

Die Sparte könne mittelfristig mindestens so groß werden wie die anderen drei Geschäftsfelder in ihrer Zuständigkeit, die schon jetzt auf Milliardenumsätze kommen, sagte Parrical de Chammard. „Wenn wir technologisch weiter dranbleiben und unsere Hausaufgaben machen, wird Wasserstoff ein riesiges Geschäft für Siemens Energy werden.“

Die Französin ist im Vorstand der Siemens Energy AG unter anderem für die Wasserstoffaktivitäten zuständig. Siemens Energy

Anne-Laure Parrical de Chammard

Die Französin ist im Vorstand der Siemens Energy AG unter anderem für die Wasserstoffaktivitäten zuständig.

Für Siemens Energy ist Wasserstoff einer der großen Hoffnungsträger. Der Konzern verdient vor allem mit dem Service von Gaskraftwerken sowie mit Stromübertragungstechnik Geld. Das Wachstum soll allerdings in den kommenden Jahren vor allem von den erneuerbaren Energien sowie neuen Technologien wie Wasserstoff kommen.

Doch ausgerechnet die Windkraftaktivitäten schreiben seit Jahren Verluste. Die Tochter Siemens Gamesa hat mit den gestiegenen Materialkosten und hausgemachten Problemen zu kämpfen. Der Konzern will die Probleme jetzt mit einer Vollintegration von Gamesa in den Griff bekommen.

Zum Start ins neue Geschäftsjahr allerdings haben sich die Verluste von Siemens Energy im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2022/23 (30. September) von 246 auf 598 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Der Umsatz legte dagegen um 16 Prozent auf gut sieben Milliarden Euro zu.

Erstpublikation: 27.02.2023, 12:48 Uhr.

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