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30.06.2022

12:01

Energieversorgung

Strompreise steigen weiter: Eine Megawattstunde kostet mehr als 330 Euro

Von: Ben Mendelson

Die Preissteigerungen am Spotmarkt werden in den kommenden Monaten bei den Verbrauchern ankommen. Deutschland verstromt unterdessen weiter viel Gas.

Die Strompreise am Spotmarkt steigen deutlich an. imago/Christian Ohde

Hochspannungsmast

Die Strompreise am Spotmarkt steigen deutlich an.

Berlin Die Strompreise am Spotmarkt sind wegen der Gaskrise, der aktuellen Hitzewelle und fehlenden Windstroms weiter gestiegen. Am Montag kostete die Megawattstunde Strom gut 330 Euro – und damit gut 40 Euro mehr als eine Woche zuvor.

Am Spotmarkt kaufen Händler kurzfristig benötigte Strommengen ein. „Diese deutliche Preissteigerung beim Großhandel betrifft die nächsten Monate“, sagte Fabian Huneke, Senior Expert beim Marktanalysten Energy Brainpool. Für dieses Jahr würden viele Verbraucher „durch die vertragliche Preisbindung abgefedert in die Energiekrise rutschen“.

Windflaute, Hitze & Gasmangel beeinflussen den Strompreis

Sukzessive würden Energieversorger aber die Preise anheben und die hohen Einkaufskosten an die Endkunden weitergeben. „Die Jahre 2023 und 2024 werden sehr teuer sein“, sagt Huneke.

Es gibt viele Gründe für den Preisanstieg. Die derzeit eingeschränkte Kapazität der französischen Atomkraftwerke wurde durch die sommerlichen Temperaturen weiter reduziert, da zusätzliche Meiler vom Netz gehen mussten.

Zusätzlich prägte eine Windflaute die vergangene Woche, die laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) die viertschwächste Woche des Jahres bei der Windverstromung war. Zwar sei „eine Windflaute für diese Jahreszeit normal“ und werde durch mehr Solarstrom ausgeglichen, erklärt Bruno Burger, Gruppenleiter Energiedaten und strategische Entwicklung am ISE.

Gasversorgung: Mögliche Gasknappheit erhöht den Strompreis

In der aktuellen Situation verstärkt die Windflaute aber Deutschlands Abhängigkeit vom Gas. Seit Russland über die Pipeline Nord Stream 1 weniger Erdgas nach Deutschland liefere, sei dieses hierzulande „sehr viel teurer geworden“, sagt Analyst Huneke. Das beeinflusst auch die Strompreise. Denn noch immer wird in Deutschland viel Strom mit Erdgas erzeugt. Im vergangenen Monat waren es vier Terawattstunden, so viel wie noch nie in einem Mai.

Grafik

Die Betreiber von Gaskraftwerken setzen so immer wieder den Strompreis. Für sie lohnt sich die Verstromung nur, wenn der höhere Einkaufspreis wieder reingeholt wird. Huneke ergänzt: „Gaskraftwerke haben Effizienzverluste. Um eine Megawattstunde Strom herzustellen, brauchen sie die doppelte Menge Gas.“ Steigerungen der Gaspreise würden an den Strommärkten also verdoppelt weitergegeben.

Die gespeicherten Gasmengen gingen in der Europäischen Union täglich zurück, beschreibt Huneke. Dass angesichts dieser Situation im Juni etwa 3,4 Terawattstunden Erdgas verstromt würden, kritisiert Bruno Burger vom ISE. Es sei „kontraproduktiv“, jetzt so viel Erdgas zu verstromen, während die Gasspeicher gefüllt werden sollten.

„Wir sind alle kein Fan davon, Strom aus Kohle zu produzieren“, sagt Burger. In Kriegszeiten müsse aber kurzfristig auf diese Maßnahme gesetzt werden. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Verwendung von Gas zur Stromproduktion möglichst schnell reduzieren.

Energieversorgung: Weitere Entwicklung der Strompreise unklar

Wie sich der Strompreis in den nächsten Tagen weiterentwickelt, kann auch Analyst Huneke nicht vorhersehen. Die angespannte Situation der Gasspeicher in der EU erhöhe aber den Druck. Zusätzlich sei aufgrund der Hitze die Verfügbarkeit von Dampfkraftwerken, die mit Kohle oder Öl betrieben werden, eingeschränkt und führe zu einem größeren Bedarf bei Gaskraftwerken.

Bislang gebe es hier kein entspannendes Signal: „Es ist nicht abzusehen, dass Druck vom Markt genommen wird“, so Huneke. Die Großhandelspreise dürften in den kommenden Tagen also weiter steigen.

Erstpublikation: 27.06.22, 17:26 Uhr.

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