Erst fehlten Chips, dann Kabelbäume. Volkswagen-Beschäftigte müssen jetzt ihre Dienstwagen länger fahren, damit reguläre Kunden ihre Autos bekommen.
Volkswagen-Autos nur noch für reguläre Kunden
Tiguan-Fertigung im Wolfsburger Stammwerk von Volkswagen: Konzerneigene Manager müssen nun viel länger auf einen Dienstwagen warten.
Bild: www.imago-images.de
Düsseldorf Die anhaltende Teilenot und die damit immer wieder verbundenen Produktionsstopps führen bei Volkswagen zu außerordentlichen Entscheidungen. Der VW-Konzern hat seinen Beschäftigten am Freitag mitgeteilt, dass die Haltedauer von Dienstwagen auf 24 Monate verlängert wird. Üblich sind normalerweise sechs Monate, vor wenigen Wochen hatte Volkswagen die Haltedauer schon das erste Mal auf ein Jahr verdoppelt.
„Die Kundenaufträge müssen in dieser Ausnahmesituation Priorität haben“, begründete Deutschland-Vertriebschef Achim Schaible im Volkswagen-Intranet diese Entscheidung. VW kommt auf eine eigene Dienstwagenflotte von etwa 30.000 Fahrzeugen. In aller Regel steht den Managern des Autoherstellers ein eigener Dienstwagen zu, in den oberen Führungsetagen bis hin zum Vorstand sind es sogar zwei.
Mehrere Zehntausende Dienstwagen sind nicht nur für Volkswagen, sondern für jeden Autohersteller ein wichtiger Absatzkanal. Stagnieren die regulären Verkaufszahlen, können über verkürzte Haltefristen der Dienstwagen zusätzliche Volumen in den Markt gedrückt werden.
Jetzt passiert das genaue Gegenteil: Volkswagen kommt bei den Kundennachfragen regulärer Käufer nicht mehr hinterher, also bekommen Dienstwagenberechtigte im eigenen Unternehmen kaum noch neue Autos.
„Zwei Jahre Haltefrist für einen Dienstwagen, das hat es noch nie gegeben“, sagte ein VW-Manager. Besonders prekär ist die Lage bei Plug-in-Hybriden (PHEV), also den teilelektrischen Fahrzeugen. Dienstwagenberechtigte von Volkswagen haben darauf jetzt überhaupt keinen Anspruch mehr, auch alle bestehenden internen Bestellungen werden mit sofortiger Wirkung gelöscht.
Damit stehen bei Volkswagen nur noch klassische Verbrennermodelle als Dienstwagen bereit. Reine Elektrofahrzeuge (BEV) werden schon seit längerer Zeit ausschließlich regulären Kunden von außerhalb des Unternehmens angeboten.
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„Wir haben aktuell weltweit deutlich mehr als eine halbe Million Bestellungen in den Büchern“, sagte Vertriebschef Schaible zu den verschärften Dienstwagenregeln, die der Konzernvorstand beschlossen hatte. Bei einzelnen Modellen warten Kunden mittlerweile schon mehr als neun Monate auf ihren neuen Wagen. Die Dienstwagenberechtigten bei Volkswagen müssten jetzt einen Schritt zurücktreten. „Wir können ja schlecht Kunden durch leere Showrooms der Autohäuser laufen lassen“, so Schaible.
Volkswagen leidet schon länger als ein Jahr unter den anhaltenden Versorgungsproblemen bei Halbleitern. Mehrere 100.000 Fahrzeuge konnten deshalb im vergangenen Jahr nicht produziert werden. Auch 2022 bessert sich die Versorgung mit Chips nur langsam, mit einer Stabilisierung wird frühestens nach der Sommerpause gerechnet.
Wegen des Ukrainekrieges fehlten in einigen VW-Fabriken Ende Februar plötzlich auch Kabelbäume, die von Zulieferern zumeist in westlichen Landesteilen der Ukraine gefertigt werden. Wegen des russischen Einmarsches geriet diese Fertigung ins Stocken und führte zu einem zeitweiligen Stillstand in deutschen Volkswagen-Werken.
Als neues Problem ist die verschärfte Coronalage in China dazugekommen. Die neuen anhaltenden Lockdowns in der Volksrepublik könnten dazu führen, dass plötzlich auch Zulieferteile in Europa fehlen. Die genauen Folgen lassen sich derzeit allerdings noch nicht abschätzen.
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