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10.03.2022

17:04

Emissionen im Fuhrpark

Firmen machen Tempo: Warum Dienstwagen-Flotten auf E-Autos wechseln

Von: Jan Wittenbrink

Die Elektrifizierung des Fuhrparks ist ein wichtiger Hebel, Emissionen zu senken. Mit gezielten Anreizen und Investitionen beschleunigen Flottenchefs den Wandel.

Ladesäulen bei Wago. PR

Fuhrpark

Ladesäulen bei Wago.

Köln Deutsche Dienstwagen sind Klimasünder. Laut Zahlen von Transport and Environment (T&E) hatten gewerbliche Fahrzeuge im vergangenen Jahr einen Anteil von 76 Prozent am CO2-Ausstoß von Neuwagen. Die europäische Dachorganisation, deren Mitglieder sich für einen nachhaltigen Verkehr einsetzen, kritisiert: Firmenwagen in Deutschland bilden mit überproportional vielen schweren Oberklasseautos die „klimaschädlichste Flotte in Europa“. Obwohl E-Autos zulegen, dominiert weiter der Verbrennungsmotor. 2021 lag dessen Anteil laut T&E bei 87 Prozent.

Dabei sind die Voraussetzungen für elektrisches Fahren oft gegeben. Der Spezialist für Fahrzeugverwaltung Vimcar gibt an, dass seine Kunden im Schnitt pro Fahrt eine Strecke von nur 26 Kilometern zurücklegen. Laut Vimcar lassen sich Dienstwagen, die in der Regel täglich weniger als 300 Kilometer zurücklegen, problemlos auf Elektromodelle umstellen.

Dass der Umstieg in vielen Firmen dennoch eher langsam vorangeht, liegt nicht nur an Infrastruktur und Reichweite. Wer bei der Elektrifizierung aufs Tempo drücken will, muss bei der Car-Policy ansetzen, also dem Regelwerk zur Vergabe von Dienstwagen, gezielte Anreize für Mitarbeiter schaffen.

Der Wille zum Umstieg ist da. „Wir spüren eine immer größere Nachfrage nach E-Mobility-Lösungen und entsprechender Beratung“, sagt Uwe Hildinger, Vorsitzender der Geschäftsführung des Münchener Leasinganbieters Alphabet. Grundlage für ein individuelles Konzept seien häufig die jeweiligen CO2-Reduktionsziele der Unternehmen.

Zu Beginn müsse immer die Analyse des Fuhrparks stehen – dazu gehören individuelle Anforderungen an die Flotten, Fahrprofile, Nutzungsmuster, aber auch die Gegebenheiten am Unternehmensstandort.

Im nächsten Schritt muss die Car-Policy entsprechend angepasst werden. Elektro- oder Hybridfahrzeuge erhalten dann vor allem jene Mitarbeiter, deren täglicher Arbeitsweg durch die elektrische Reichweite abgedeckt ist. Wenn Mitarbeiter sehr lange Strecken zurücklegen – etwa im Service oder Vertrieb –, habe der klassische Verbrenner nach wie vor seine Berechtigung, sagt Hildinger.

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Durch den technischen Fortschritt holten die E-Fahrzeuge aber immer weiter auf. Es sei vor allem wichtig, die Vorgaben flexibel zu gestalten. „Früher hatten Car-Policys deutlich länger Bestand, heute ist Dynamik gefragt.“ Durch immer neue Elektromodelle und die Fortschritte bei den Reichweiten ändere sich die Situation am Automarkt ständig.

Keine Ausnahmen, viel Auswahl

Beim ostwestfälischen Technologieunternehmen Wago ist der Wandel in der Flotte in vollem Gange. Der Fuhrpark besteht aus 230 Fahrzeugen, der Großteil ist Mitarbeitern fest zugewiesen. Vor zwei Jahren habe man mit der Umstellung begonnen, sagt Axel Börner, Finanzchef von Wago. „Wir haben eine Grundsatzentscheidung getroffen. Neue Fahrzeuge sollen nur noch E- oder Hybrid-Autos sein.“ Die Car-Policy trägt dem Rechnung.

Das Elektrofahrzeug ist der neue Standard – Mitarbeiter, die ein Hybridauto möchten, müssen eine Begründung liefern: entweder eine Wohnsituation, in der die Installation einer Lademöglichkeit unmöglich ist, oder eine jährliche Fahrleistung von mehr als 20.000 Kilometern.

Noch laufen viele bestehende Leasingverträge, in spätestens vier Jahren soll es bei Wago jedoch keine reinen Verbrenner mehr geben. Schon Ende dieses Jahres könnte die Hälfte der Autos ersetzt sein. Auch die 35 Poolfahrzeuge sollen bald elektrisch fahren. Es sei die richtige Entscheidung gewesen, reine Verbrenner auszuschließen, erläutert Börner.

„Wenn man anfängt, Ausnahmen zu machen, wird man es nie konsequent durchsetzen können und führt nur endlose Diskussionen.“ Für die neuen Autos investiert Wago kräftig in Infrastruktur. Am Hauptstandort in Minden gibt es aktuell 30 Ladeplätze, bald soll hier ein zusätzliches Parkhaus mit Lademöglichkeiten und einer Photovoltaikanlage auf dem Dach entstehen. Wago stellt seinen Dienstwagenfahrern zudem eine Wallbox für zu Hause zur Verfügung.

Als weiteren Anreiz hat der Mittelständler die Palette seines Fuhrparks erweitert. Zwar können Dienstwagenberechtigte keinen reinen Verbrenner mehr wählen, dafür ist die Auswahl an Herstellern und Modellen insgesamt größer als früher. „Wir haben alles freigegeben, was förderfähig ist“, sagt Börner. Auch das finanzielle Limit bei der Leasingrate wurde etwas nach oben erweitert.

Noch kaum reine E-Fahrzeuge in Flotten der Dax-Unternehmen

Große Konzerne sind bei der Umstellung oft noch zurückhaltend, wie eine Handelsblatt-Umfrage im Dezember zeigte: Reine E-Fahrzeuge spielen in den Flotten der Dax-Unternehmen noch kaum eine Rolle. Positiv stach Energiekonzern Eon hervor, bei dem immerhin 20 Prozent der Fahrzeuge rein elektrisch unterwegs waren. Bei Dienstwagen entschieden sich die Mitarbeiter mittlerweile fast ausschließlich für E- und Hybridfahrzeuge, sagt Eon-Sprecherin Isabel Reinhardt.

Ausgebremst werde man derzeit aber durch die langen Lieferzeiten bei E-Autos von teilweise bis zu zwölf Monaten. „Viele sind bestellt, aber noch nicht ausgeliefert.“ An den Eon-Standorten können Mitarbeiter, Gäste und Kunden heute an über 3300 Ladepunkten Strom tanken, allein im vergangenen Jahr habe man 1300 neue Lademöglichkeiten installiert. Darüber hinaus setze Eon auf Bonus-Malus-Systeme, die sich am direkten CO2-Ausstoß der Fahrzeuge orientieren. Dadurch mache man es für Dienstwagenfahrer auch finanziell attraktiver, sich für ein sparsames und emissionsarmes Fahrzeug zu entscheiden.

Geht es nach Alphabet-CEO Hildinger, muss der Umstieg kommunikativ gut begleitet werden. „Es ist zentral, die E-Mobilität erlebbar zu machen – und dabei die Freude zu vermitteln, die das Fahren eines E-Autos mit sich bringt.“ So sei es möglich, in Informationsveranstaltungen Abläufe und Vorteile des elektrischen Fahrens zu erklären. Immer häufiger werde E-Mobilität von Mitarbeitern gezielt nachgefragt. „Gerade bei jungen Talenten, die ins Arbeitsleben starten, ist das Bewusstsein für nachhaltige Mobilität hoch.“

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