PremiumAlbana Rama verkauft Snacks und Bowls aus der Acai-Beere – und gibt damit Bauern in Brasilien eine Existenzgrundlage. Frisches Kapital soll jetzt den Durchbruch bringen.
Albana Rama
Die Gründerin von The Rainforest Company hält auch nach der Finanzierungsrunde weiter die Mehrheit an ihrem Unternehmen.
Bild: The Rainforest Company
Düsseldorf Zur Unternehmensgründerin wurde Albana Rama eher aus Zufall. Nach mehreren Jahren in der Finanzbranche war sie in eine Sinnkrise gerutscht. Eine Abenteuerreise in den brasilianischen Regenwald sollte sie „aus der Komfortzone“ führen, wie sie sagt, und sie wieder auf frische Gedanken bringen
Doch dort lernte sie eine Welt kennen, die ihr Leben veränderte. Drei Wochen lebte sie mit den Bauern und half bei der Ernte der Acai-Beeren, die in der Region Para eine wichtige Existenzgrundlage sind. „Ich habe dort verstanden, dass der Regenwald abgeholzt wird, weil die Menschen nur so finanziell überleben konnten“, berichtet Rama im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Zurück in ihrer Schweizer Heimat kündigte die heute 38-Jährige ihren Job und gründete das Unternehmen The Rainforest Company (TRC). Ihr Ziel: mit fairem Handel zum Schutz des Regenwalds und seiner Bewohnerinnen und Bewohner beizutragen. Sie wollte dabei helfen, „den Menschen vor Ort eine finanzielle Grundlage zu geben, die sie zugleich in die Lage versetzt, ihr Land schützen zu können“, sagt sie.
Kern ihres Geschäfts ist die Acai-Beere, die wegen ihres hohen Gehalts an Nährstoffen und Vitaminen in Europa als Superfood gilt. Im brasilianischen Regenwald ist sie ein Grundstoff, den man in großen Mengen wild ernten kann. „Das ist der wichtigste Rohstoff für die Farmerinnen und Farmer“, erklärt Rama. „Er eignete sich sehr gut, um darauf ein Geschäftsmodell zu gründen.“
Sie importiert die Beeren direkt von den Bauern und zahlt ihnen dafür einen Preis, der 30 Prozent über dem durchschnittlichen Marktpreis liegt. Dadurch können die Landwirte nicht nur die Bäume schützen, sondern haben schon mehr als 2,5 Millionen neue Bäume gepflanzt. Die Beeren verarbeitet sie zu bisher 25 verschiedenen Produkten, die in über 12.000 Läden verkauft werden, darunter Händler wie Rewe und Edeka.
Den raschen Erfolg verdankt die Unternehmerin nicht zuletzt auch der Zusammenarbeit mit Fitness-Influencerin Pamela Reif, die bei der Entwicklung der ersten Produkte geholfen hat und als Markenbotschafterin auftritt. Auf diese Weise erzielte TRC im vergangenen Jahr mit Snacks, Bowls und Pürees aus der Acai-Beere schon einen Umsatz von 20 Millionen Euro.
Nach sechs Jahren Aufbauarbeit steht das Start-up nun vor dem Durchbruch. In ihrer ersten großen Finanzierungsrunde konnte Rama mehr als 36 Millionen Euro an Kapital einsammeln. Damit hat die Gründerin eine der größten Finanzierungsrunden in 2022 im Foodtech-Sektor in Deutschland und die größte für ein von einer Frau geführtes Foodtech-Unternehmen in Europa abgeschlossen.
Acai-Ernte in Brasilien
Die Frucht gilt in Europa als Superfood.
Bild: AP
Die Finanzierung wurde vom britischen Family-Office Kaltroco des CVC-Capital-Gründers Steve Koltes angeführt und umfasste weitere Geldgeber, darunter Corecam Capital, Futury Capital und Green Generation Fund. TRC wird dabei mit rund 100 Millionen Euro bewertet. „Wir sind stolz darauf, The Rainforest Company beim nächsten Schritt der Wachstumsphase zu unterstützen“, erklärt Cornou Rykaart von Kaltroco.
Was für Unternehmerin Rama besonders wichtig ist: Auch nach der Finanzierungsrunde hält sie mit 52 Prozent weiter die Mehrheit am Unternehmen. „Ich habe immer Finanzierungen hinausgezögert, bis ich sicher war, dass ich weiterhin die Mehrheit habe“, sagt sie. Das war auch schon so, als ihr der Investor Katjes Greenfood 2018 Startkapital gab.
„Der eigentliche Wert liegt aus meiner Sicht im Aufbau eines Unternehmens, nicht darin, Geld einzusammeln“, betont sie. „Mit ging es ja nicht darum, mich finanziell zu bereichern, da hätte ich in der Finanzindustrie besser verdient.“
Ganz wichtig ist es der Unternehmerin, nicht nur die Bauern in Brasilien zu unterstützen, sondern auch die Klimawirkung ihres Unternehmens wissenschaftlich zu ermitteln und zu belegen. Dafür arbeitet sie mit Thomas Crowther, Professor für die Ökologie globaler Ökosysteme an der ETH Zürich, zusammen. Den Klimafußabdruck ihrer Firma lässt sie durch die Organisation Eaternity prüfen.
„Mitarbeiter von uns sind mehrmals im Jahr vor Ort, ich selber reise auch mindestens einmal im Jahr in den Regenwald“, erzählt die Unternehmerin. „Wir sind extern zertifiziert, das wird dann vor Ort geprüft.“ Das Unternehmen habe seinen kompletten CO2-Ausstoß überprüfen lassen, von der Herstellung bis zur Lieferung an die Kunden, jede Verpackung, jeden Transport.
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Seit dem vergangenen Jahr hat Rama so die Bestätigung, dass ihr Unternehmen sogar CO2-negativ ist. Seit TRC Acai aus der brasilianischen Region Para bezieht, sei dort die Abholzung um 40 Prozent zurückgegangen, wie die Untersuchungen von Crowther und Eaternity zeigten. Millionen von Bäumen konnten so bewahrt werden.
Gleichzeitig nutzt die Firma die Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, um neue Produkte zu erforschen. So arbeiten sie gemeinsamen an einem Dünger aus Pilzen und an innovativen Lebensmitteln, die mit Eisen angereichert sind.
Gerade diese Herangehensweise war für das Family-Office Kaltroco einer der Gründe, sich bei TRC zu engagieren. Sie investierten in das Start-up, „weil wir an den unternehmerischen Erfolg mit dem Ansatz ,Innovation durch Wissenschaft‘ glauben“, erklärt Investor Rykaart.
Mit dem frischen Kapital will TRC, die ihre Produkte bisher schwerpunktmäßig im deutschsprachigen Raum vertreibt, international expandieren und die Produktpalette weiter ausbauen. Schon im vergangenen Jahr konnte Rama die Dufry AG als Vertriebspartner gewinnen, die weltweit rund 3000 Shops an Flughäfen betreibt.
Worauf die Gründerin besonders stolz ist: „Wir sind seit 2018 profitabel, und das wird auch so bleiben.“ Das habe auch damit zu tun, dass sie die ersten zwei Jahre komplett ohne externe Finanzierung auskommen musste. „Als ich 2016 gegründet habe, war ein Food-Start-up mit Produkten aus dem Regenwald für Investoren noch kein Thema, das war damals total unsexy“, erinnert sie sich.
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Ihr Startkapital waren eigene Ersparnisse. „Wenn man mit eigenem Geld gründet, dann hat man gelernt, kein Geld zu verschwenden“, sagt sie.
Dass mittlerweile das Expansionskapital für Gründer nicht mehr so leichtfertig vergeben wird wie in den vergangenen Jahren, findet sie deshalb gar nicht schlecht. „Ich bin froh“, sagt sie, „dass sich die Marktbedingungen so geändert haben, dass der Aufbau eines profitablen Unternehmens wieder stärker im Fokus steht.“
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