Trotz widriger Umstände steigert der Dax-Konzern seinen Gewinn deutlich und schneidet besser ab als die Konkurrenz. Viele Anleger sind unzufrieden.
Nivea-Produktion in Hamburg
Mit der Marke erzielt Beiersdorf den Großteil seines Umsatzes.
Bild: Reuters
Hamburg Obwohl viele Konsumenten sparen wollen oder müssen, greifen sie weiter zu Nivea-Produkten. Deren Produzent Beiersdorf steigerte seinen Umsatz im abgelaufenen Jahr aus eigener Kraft um 10,2 Prozent auf 8,8 Milliarden Euro, teilte der Dax-Konzern am Mittwoch mit.
Konsumgüterhersteller kämpfen derzeit mit widrigen Umständen. Auf Nachfrageseite sind Kunden angesichts der Inflation zurückhaltend und wechseln oft zu preisgünstigeren Handelsmarken. Kostenseitig haben die Firmen dagegen noch immer hohe Ausgaben für Energie, Fracht und Rohstoffe.
Trotz 20 Prozent Mehrkosten ist es Beiersdorf gelungen, seinen Gewinn zu steigern. Vor Zinsen und Steuern (Ebit) ohne Sondereffekte stieg dieser um 17 Prozent auf 1,16 Milliarden Euro. Beiersdorf konnte Preiserhöhungen durchdrücken und arbeitete an seinen Kosten.
„Zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten verzeichnen wir ein zweistelliges organisches Umsatzwachstum“, sagte Beiersdorf-Chef Vincent Warnery. Das gute Ergebnis erfülle ihn mit Stolz, so der Franzose, weil 2022 in vielerlei Hinsicht ein herausforderndes Jahr gewesen sei.
Anleger hatten offenbar noch mehr erwartet. Die Aktie war zum Handelsstart am Mittwoch mit einem Minus von 2,7 Prozent zunächst schwächster Wert im Dax. Im Tagesverlauf erholte sich das Papier aber wieder.
Für Unmut sorgte auch, dass der Konzern trotz der guten Ergebnisse weiterhin nur eine Dividende von 70 Cent pro Aktie zahlen will. Steffen Kraus von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bezeichnete das als „eine herbe Enttäuschung“. Er fragte: „Wie gut müssen die Geschäfte eigentlich laufen, damit es mal eine Steigerung gibt?“
Konzernchef Warnery beteuerte, dass er daran arbeite, räumte aber auch ein: „Es ist das erste Mal, dass das Thema wirklich auf dem Tisch liegt.“ Seine ersten Aufgaben seien gewesen, nach Jahren der Stagnation Wachstum zu generieren und die Profitabilität zu steigern. Warnery ist seit fast zwei Jahren Chef von Beiersdorf.
Die Dividendenfrage lasse sich nicht innerhalb eines Tages klären, so Warnery. Offenbar ist die Inhaberfamilie Herz bei dem Thema zurückhaltend. Ihr gehört über die Maxinvest Holding ein Großteil der Anteile. Allerdings verfügt Beiersdorf über Bargeldreserven in Höhe von mehr als vier Milliarden Euro, auch weil der Konzern beim Thema Übernahmen noch zurückhaltend ist.
Die Bilanz unterstreicht dennoch eine Trendwende bei Beiersdorf. In der vergangenen Dekade war der Traditionskonzern weder beim Gewinn noch beim Umsatz merklich gewachsen. Das sorgte für Unruhe, fast das komplette Topmanagement wurde ausgetauscht. Zuletzt stieg Beiersdorf mehrfach aus dem Dax ab und wieder auf, seit Sommer 2022 zählt das Papier wieder zur ersten Börsenliga. Im vergangenen Jahr stiegen die Beiersdorf-Aktien so stark wie keine anderen im Dax.
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Die neue Strategie scheint sich auszuzahlen: Der Konzern konzentriert sich insbesondere bei seiner Kernmarke Nivea, die für das Gros des Umsatzes steht, auf weniger, aber margenstärkere Produkte wie etwa Gesichtspflegecremes. Dieser Bereich gilt in der Kosmetikindustrie als Wachstumsmarkt.
Gleichzeitig fokussiert sich Beiersdorf außerhalb Deutschlands nicht mehr auf Segmente wie etwa die Haarpflege, in denen Wettbewerber den Markt dominieren. Der Konzern will auch geografische Lücken schließen und expandiert etwa nach China oder Indonesien. Die Strategie des Konzerns greife, so DWS-Vertreter Kraus: „Beiersdorf ist dem Ziel nähergekommen, eine Weltmarke zu sein.“
Viele Markenartikler steigern derzeit ihren Umsatz, weil sie Preiserhöhungen durchgesetzt haben. So war Deodorant im Januar 23,4 Prozent teurer als noch 2020, bei Duschgel lag das Plus bei 19 Prozent, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts.
Beiersdorf konnte im weltweiten Schnitt 75 Prozent seiner Mehrkosten weitergeben und bewegt sich auf einem ähnlichen Niveau wie der britische Konkurrent Unilever (Dove, Knorr). Die Hersteller laufen durch steigende Preise allerdings Gefahr, dass Kunden zu günstigen und qualitativ oft gleichwertigen Handelsmarken wechseln. Markenprodukte haben 2022 rund drei Milliarden Euro Umsatz eingebüßt.
Vincent Warnery
Der Beiersdorf-Chef will, dass sein Unternehmen schneller wächst als der Markt.
Bild: Beiersdorf AG
Beiersdorf ist es bisher gelungen, trotz Preiserhöhungen mehr Produkte zu verkaufen. Das Umsatzplus wurde zu 70 Prozent durch Preiserhöhungen getragen, 30 Prozent erklären sich durch mehr Abverkäufe. Lediglich im vierten Quartal ging die Menge zurück. Bei Cremes und Körperpflegeprodukten vertrauen viele Konsumenten weiter auf Markenware. Zudem gelten Nivea-Produkte als vergleichsweise günstig.
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Damit kommt der Konzern besser durch die Krise als viele Konkurrenten. Bei Unilever ging der Absatz um 2,1 Prozent zurück. Auch Pril- und Persil-Hersteller Henkel beklagte, in den ersten neun Monaten 2022 fünf Prozent weniger Wasch- und Reinigungsmittel verkauft zu haben. Die Düsseldorfer legen am Dienstag ihre Jahresbilanz vor.
Beiersdorf-Finanzchefin Astrid Hermann kündigte weitere Preiserhöhungen an. Das Ausmaß sei geringer als 2022, aber deutlich höher als im historischen Vergleich. Gerade die steigenden Energiekosten würden den Konzern belasten. Die Gespräche mit dem Handel seien „relativ hart“, räumte Hermann ein. Doch mit dem Wissen um die starke Marke Nivea habe man mutig verhandelt.
Für das laufende Jahr rechnet Beiersdorf mit einem Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Bereich. Das Unternehmen hatte im Sommer angekündigt, stärker als der Markt wachsen zu wollen – also im Schnitt mehr als vier bis fünf Prozent. Der Jahresauftakt sei mit einem zweistelligen Umsatzplus laut Warnery „ausgezeichnet“ verlaufen.
Zentrale Wachstumschancen sieht der CEO in China. Dort stieg der Umsatz 2022 um 44 Prozent. Beiersdorf hat das Ziel, sein Netzwerk in China von 35 auf 42 Standorte zu erweitern. „Von der Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft erwarten wir erhebliche Wirkung auf unser Geschäft im Jahr 2023“, so Warnery. In China erzielen die Hamburger bislang einen Umsatzanteil im hohen einstelligen Bereich.
Konzernweit soll die Marge jedes Jahr um 0,5 Prozentpunkte steigen, bekräftigte der Konzern am Mittwoch. Hier haben die Hamburger noch Nachholbedarf. In dem Konsumentengeschäft mit Nivea-Cremes, Hansaplast-Pflaster oder Labello-Lippenpflege lag die Umsatzrendite bei 12,3 Prozent (Vorjahr: 12,1 Prozent). Konkurrent Unilever kommt je nach Produktgruppe auf Werte zwischen knapp 19 und knapp 20 Prozent.
Deutlich ertragreicher ist das Geschäft mit Klebern für Industrie und Privatanwender. Die Tochter Tesa erzielte eine Umsatzrendite von 16,7 Prozent (Vorjahr: 16,9 Prozent). Der Umsatz stieg aus eigener Kraft um 11,3 Prozent auf 1,7 Milliarden, das Ebit kletterte leicht auf 278 Millionen Euro. Der Umsatz ist hier primär durch Preiserhöhungen gewachsen.
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