Die Fluggesellschaften hoffen auf einen normalen Sommer 2022. Welche Faktoren dafür-, welche dagegensprechen, und auf welche Unternehmen zu achten ist.
Branchenausblick Luftfahrt
Auch wenn die Erholung im Luftverkehr durch Omikron ein Stück weit zurückgeworfen wird, ändert das nichts an den grundsätzlich positiven Aussichten der Branche.
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Frankfurt Wieder einmal ist ein griechischer Buchstabe, der der Luftfahrtbranche Sorgen bereitet. Nach Delta ist es jetzt Omikron. So heißt die neueste Variante des Coronavirus. Seine rasante Verbreitung lässt Regierungen in diesen Wochen zu bekannten Gegenmaßnahmen greifen: Reisebeschränkungen.
Schon im Dezember machten sich diese bemerkbar. So sank die Zahl der Fluggäste an den deutschen Verkehrsflughäfen nach Angaben des Flughafenverbands ADV in der Woche vom sechsten bis zum zwölften Dezember gegenüber der Vorwoche von 1,7 auf 1,57 Millionen. Doch auch wenn deshalb die Erholung im Luftverkehr ein Stück weit zurückgeworfen wird, ändert das nichts an den grundsätzlich positiven Aussichten der Branche. Dafür sprechen folgende Faktoren.
Erstens: der große Drang, auf Reisen zu gehen. „Die letzten 18 Monate haben gezeigt, dass die Reiselust der Menschen ungebrochen ist“, stellte Friederike Burge von Skyscanner vor wenigen Tagen fest. Und verwies dabei auf eine Umfrage des Reiseportals. Dort gaben 58 Prozent der deutschen Befragten an, dass sie beim Thema Reisen zuversichtlicher in das Jahr 2022 blicken würden.
Das spüren die Airlines. So plant die Lufthansa-Tochter Eurowings im kommenden Sommer mit fast so vielen Flügen wie vor der Coronapandemie. Unklar ist noch, ob schon die erste wichtige Reisezeit an Ostern den erhofften Schwung bringen oder doch noch von den Folgen der Omikron-Mutation überlagert sein wird.
Zweitens: Die Impfquoten dürften weltweit deutlich höher liegen als im Sommer 2021. In vielen Ländern können sich die Menschen seit Wochen ihre Auffrischungsimpfung abholen.
Drittens: Die Treibstoffpreise könnten sinken. So geht die Internationale Energieagentur (IEA) davon aus, dass es 2022 einen Überschuss beim wichtigen Rohstoff Öl geben wird. Für die Fluggesellschaften bedeutet das niedrigere Kosten. Treibstoff ist neben dem Personalaufwand ihr größter Kostenblock.
Allerdings gibt es auch einige Faktoren, die die Erholung der Luftfahrt doch noch ausbremsen könnten. Da ist zum einen der wachsende Wettbewerb, den vor allem die irische Ryanair und die ungarische Wizz Air treiben. Aktuell würde sich das Streckenangebot der beiden Anbieter bei 240 Städtepaaren überlappen, rechnete Andrew Lobbenberg von HSBC Global Research kürzlich vor. Das belastet auch andere Airlines, weil dadurch die durchschnittlichen Ticketpreise unter Druck geraten.
Zum anderen drohen den Airlines höhere Gebühren der Flugsicherungen und der Flughäfen. Auch die sind durch die Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und müssen die fehlenden Erlöse irgendwie kompensieren. So steht bereits fest, dass Starts und Landungen in Frankfurt 2022 teurer werden – im Schnitt um 4,3 Prozent.
Hinzu kommen steigende Ausgaben, um sich dem ehrgeizigen Ziel der Klimaneutralität anzunähern. Jahrelang hätten sich die Fluggesellschaften vor allem um die Treibstoffkosten gesorgt. „Europäische Fluggesellschaften sollten sich auch zunehmend um die Kosten der Dekarbonisierung sorgen“, rät Alex Irving von Bernstein Research. Es ginge um jährliche Kosten von Hunderten Millionen Euro für jede Airline.
Lufthansa-Jet startet in Frankfurt
Die Luftfahrt-Branche setzt darauf, dass der Flugverkehr im kommenden Sommer fast wieder das Normalniveau erreichen wird – trotz Omikron.
Bild: dpa
Auf die Fluggesellschaften kommen also einmal mehr unruhige Zeiten zu. Im Blick sollte man dabei den Marktführer Lufthansa behalten – und das aus gleich mehreren Gründen.
Erstens ist Europas größte Airline-Gruppe mit den Premiummarken Lufthansa und Swiss stark von Vielfliegern und Geschäftsreisenden abhängig, die im Schnitt höherwertige Flugtickets kaufen. Zwar zeigte sich Konzernchef Carsten Spohr zuletzt zuversichtlich, dass doch wieder mehr Geschäftsreisende in die Flugzeuge steigen werden als zu Beginn der Pandemie befürchtet. Spohr geht aktuell nur noch von einem Minus in Höhe von rund zehn Prozent bei Geschäftsreisen aus. Doch sicher ist das nicht, dass der oberste Lufthanseat mit seiner Prognose auch recht behalten wird.
Zweitens wagt sich die Lufthansa-Gruppe mit der neuen Marke Eurowings Discover zum wiederholten Male in den Markt für touristische Langstrecken vor und tritt hier in den direkten Wettbewerb mit Condor. Der Ferienflieger hat sich mit Attestor im Jahr 2021 einen neuen Eigentümer gesichert und tritt nun selbst mit großen Zielen an.
So soll Condor zu einer führenden europäischen Ferienfluggesellschaft werden. Dazu wird die komplette Flotte mit effizienteren Flugzeugen erneuert. Das bedeutet weitere Einsparungen, die das eh schon niedrige Kostenniveau von Condor weiter entlasten. Es gibt in der Luftverkehrsbranche einige, die bezweifeln, dass eine traditionell komplexe Airline-Gruppe wie Lufthansa hier mithalten kann.
Drittens verdient auch der Lufthansa-Billigableger Eurowings in den kommenden Monaten Aufmerksamkeit. Er soll im Auftrag der Konzernmutter große Teile des europäischen Marktes gegen die Billigheimer wie Ryanair oder Wizz Air verteidigen. Eurowings wird dazu zu einer paneuropäischen Fluggesellschaft ausgebaut mit neuen Basen etwa in Stockholm oder Prag.
Hier wartet auf die Airline allerdings ein harter Wettbewerb. So will die skandinavische SAS mit gleich zwei neuen Billig-Fluggesellschaften, der SAS Link und der SAS Connect, die eigenen Märkte in Kopenhagen, Stockholm oder Oslo verteidigen.
In der Heimat Deutschland wiederum gibt sich der Rivale Ryanair, den Lufthansa etwa in Frankfurt erfolgreich klein halten konnte, längst nicht geschlagen. Gerade erst haben die Iren angekündigt, nach zweijähriger Pause doch wieder in Nürnberg starten und landen zu wollen.
Auf der Beobachtungsliste steht auch Easyjet. Die britische Billig-Airline gilt als einer der Übernahmekandidaten in der europäischen Luftfahrt. Zwar hält der griechisch-zypriotische Geschäftsmann Stelios Haji-Ioannou nach letzten Angaben gut 15 Prozent an der Airline. Doch das scheint potenzielle Interessenten nicht abzuhalten.
So gab das Easyjet-Management im vergangenen September bekannt, eine feindliche Übernahmeofferte abgelehnt zu haben. Ein Name wurde zwar nicht genannt. Doch angeblich soll es Wizz Air gewesen sein, die die Hand nach den Briten ausgestreckt haben. In der Branche gilt das als klares Signal dafür, dass eine Konsolidierung in der europäischen Luftfahrt bevorsteht.
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