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04.04.2022

15:35

CO2-neutrales Fliegen

Teurere Tickets und drohender Jobverlust: Luftfahrt kritisiert EU-Klimapaket scharf

Von: Jens Koenen

Lufthansa-Chef Carsten Spohr wirbt gemeinsam mit Flughafenchefs für Änderungen an den Klimaplänen in Brüssel. Die haben auch für Fluggäste Folgen.

Die europäische Luftfahrtbranche hadert mit bestimmten Details in den Plänen der EU-Kommission für mehr Klimaschutz beim Fliegen. imago images/JOKER

Flugzeug mit Kondensstreifen

Die europäische Luftfahrtbranche hadert mit bestimmten Details in den Plänen der EU-Kommission für mehr Klimaschutz beim Fliegen.

Frankfurt Die Warnung ist eindringlich: Bleibe es bei den bisherigen Vorschlägen der EU-Kommission für neue Klimavorgaben in der Luftfahrt, wären Tausende Jobs bedroht, sagte Stefan Schulte, der Chef des Flughafenbetreibers Fraport, am Montag. „Bis zu 260.000 Arbeitsplätze könnten bis 2035 in der europäischen Luftfahrtindustrie verloren gehen.“

Selten war sich die Branche so einig wie bei der Kritik an den EU-Klimaplänen mit dem Titel „Fit for 55“. Gemeinsam traten Lufthansa-Chef Carsten Spohr, Fraport-Chef Schulte und Jost Lammers, der CEO des Flughafens München, am Montag in der Lufthansa-Zentrale am Frankfurter Flughafen vor die Kameras. Denn es gilt, die Politiker in Brüssel auf die eigene Seite zu ziehen und soweit möglich Änderungen am Klimapaket vorzunehmen.

Die Branche befürchtet Wettbewerbsverzerrungen zugunsten der Airlines und Flughäfen am Persischen Golf und am Bosporus. Die Argumente sind bekannt, doch nun werden sie mit neuer Vehemenz vorgetragen. „Es kann politisch nicht das Ziel sein, dass solche autokratischen Staaten die Profiteure sind. Wie gefährlich einseitige Abhängigkeiten sind, wird uns doch gerade vor Augen geführt“, sagte Spohr mit Blick auf russisches Gas.

Der Vorschlag der EU-Kommission hat drei Elemente. Der bisherige Emissionsrechtehandel (ETS) soll verschärft werden. Künftig soll synthetisch hergestelltes Kerosin (SAF) mit einer ansteigenden Quote eingemischt werden. Zudem sieht der Vorschlag eine Kerosinsteuer vor.

Alle drei Elemente halten die drei Luftfahrtmanager in ihrer bisherigen Ausgestaltung für nicht wettbewerbsneutral. Das System ETS solle nur innerhalb von Europa gelten, nicht für den Weiterflug etwa von Drehkreuzen am Persischen Golf oder in Istanbul. Die SAF-Quote gelte nur, wenn an europäischen Drehkreuzen getankt werde, was außereuropäische Fluggesellschaften leicht umgehen könnten. Eine Kerosinsteuer sei wiederum nur global machbar.

Klimapaket der EU macht Fliegen teurer

„Erst wandern die Kunden ab, dann gehen Arbeitsplätze verloren, und am Ende erhöht sich der CO2-Austoß noch, weil Umwege geflogen werden“, sagte Spohr. Bis zu 119 Millionen Passagiere könnte die europäische Luftfahrt verlieren, rechnete Fraport-Chef Schulte vor.

Gleichzeitig würden sich die Ticketpreise um 23 bis 29 Prozent verteuern. Die Branche unterstütze „Fit for 55“, betonte Schulte: „Es geht nicht um das Ob, wir brauchen aber eine Diskussion über das Wie.“

Als Ausweg verweisen die Branchenvertreter auf die deutsche Ticketsteuer, die für die gesamte Strecke gelte, auch wenn der Fluggast außerhalb der EU umsteige. „Das ETS muss umgebaut werden, sodass alle Zubringerflüge eingeschlossen werden“, sagte Lammers, der Chef des Münchener Flughafens. Und die SAF-Quote könne gerechter gestaltet werden, „etwa über eine Abgabe pro Passagier.“

Die Einnahmen könnten in die Produktion des nachhaltigen Treibstoffs fließen, regte Lammers an. Oder es könnten damit die Wettbewerbsnachteile ausgeglichen werden, die durch das deutlich teurere SAF entstehen.

Die Branche hofft, den bisherigen Vorschlag im politischen Prozess in Brüssel noch ändern zu können. „Eines hat der Ukrainekrieg verursacht: Man fängt wieder an, über die Unabhängigkeit Europas nachzudenken“, sagte Lufthansa-Chef Spohr.

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