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16.11.2022

04:08

E-Commerce

Peek & Cloppenburg startet digitale Aufholjagd auf Zalando und About You

Von: Florian Kolf

Das Düsseldorfer Familienunternehmen Peek & Cloppenburg investiert in eine Digitaloffensive, Ziel ist die Verdopplung des Umsatzes. Doch noch liegt viel Arbeit vor dem Modehändler.

Der Modehändler hat in diesem Jahr 15 Häuser modernisiert oder neu eröffnet. Peek & Cloppenburg

P&C-Filiale in der Berliner Tauentzienstraße

Der Modehändler hat in diesem Jahr 15 Häuser modernisiert oder neu eröffnet.

Düsseldorf Zwei Jahre hat der Düsseldorfer Modehändler Peek & Cloppenburg an seinem neuen Webshop gearbeitet. Eine dreistellige Millionensumme steckt das Unternehmen in die Digitalisierung. Doch für die Kunden ändert sich – zunächst nichts.

Sven Bernhardt, als Chief Customer Officer bei P&C auch für den E-Commerce verantwortlich, sieht darin keinen Widerspruch. „Wenn die Kunden auf den ersten Blick keine Veränderung sehen, haben wir erst mal alles richtig gemacht“, sagt er. Das Unternehmen habe jedoch in Eigenregie eine komplett neue Plattform gebaut, die man nun schnell mit neuen Funktionen und Services weiterentwickeln werde.

Doch nun dürfte der Händler das Tempo der Veränderung deutlich erhöhen. Denn P&C-Chef Edgar Hert hat ehrgeizige Pläne. „Im Jahr 2026 soll unser Umsatz fast doppelt so hoch liegen wie in diesem Jahr“, sagt er im Gespräch mit dem Handelsblatt. Das wären mehr als vier Milliarden Euro. Und bis dahin will er „der führende Multibrand-Omnichannel-Händler für Mode in Europa“ werden. Also Marktführer unter den Modehändlern, die sowohl online als auch in eigenen Filialen verkaufen.

Umsatzeinbruch und Verluste in der Pandemie

Für das Handelshaus, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Schwesterunternehmen in Hamburg, wäre das nicht weniger als eine komplette Trendwende. Denn das Familienunternehmen hat schwere Zeiten hinter sich. Seit Jahren schon sinkt der Umsatz im wichtigen deutschen Heimatmarkt. Ausgeglichen hat das nur die stetige Expansion in Osteuropa.

Die Pandemie hat das Unternehmen dann an die Belastungsgrenze gebracht. 2020 wie auch 2021 brach der Umsatz um jeweils 30 Prozent ein, in beiden Jahren wurde Verlust gemacht. „Das war ein massiver Eingriff in die Bilanz unseres Geschäfts“, erinnert sich Hert.

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Dabei hat das Unternehmen das Glück, mit den Cloppenburgs eine Eigentümerfamilie zu haben, die fest an den Ausbau des Geschäfts glaubt. P&C habe immer wieder viel Geld in die Hand genommen, um sich auf die Zeit nach den Lockdowns vorzubereiten, berichtet Hert. So wurden auch in der Pandemie immer wieder neue Häuser eröffnet. Gerade erst ist das Unternehmen neu in Belgien gestartet.

Er gehe davon aus, dass über die gesamte Gruppe der Umsatz von rund 2,2 Milliarden Euro aus dem Jahr 2019 in diesem Jahr mindestens wieder erreicht werden könne, sagt Hert. „Das zeigt ja, dass unser Konzept funktioniert trotz allem Gegenwind.“

Auch die ambitionierten Pläne des Firmenchefs haben die Rückendeckung von Familienoberhaupt Patrick Cloppenburg und seinen Mitgesellschaftern. „Die Familie steht komplett hinter der digitalen Transformation“, versichert Hert.

Die Familie hat sich weitgehend aus der operativen Verantwortung zurückgezogen. Patrick Cloppenburg hatte Hert vor vier Jahren vom Autohersteller Daimler geholt und auch gegen interne Widerstände in eine zunehmend einflussreiche Rolle befördert. Mittlerweile hat Hert weitgehend freie Hand – auch weil er den internen Machtkampf gegen Stephan Fanderl gewonnen hat, dem ebenfalls Ambitionen auf den Chefposten bei P&C in Düsseldorf nachgesagt wurden.

Der ehemalige Karstadt-Chef Fanderl war Anfang 2021 als Vertriebsvorstand bei P&C eingestiegen. Vor drei Monaten jedoch wurde er überraschend in die Schweizer P&C-Holding JC Switzerland weggelobt. Dort soll er sich um strategische Fragen und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle kümmern.

Eigene Entwicklung statt Standardsoftware

Hert geht bei P&C im E-Commerce einen ungewöhnlichen Weg. Statt eine Standardsoftware zu verwenden und an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, hat er die neue Plattform selbst entwickeln lassen. „Das ist ein mutiger Schritt, aber wir glauben, dass es der richtige ist“, betont er. „Um besser als der Wettbewerb zu sein, muss man eben Geld in die Hand nehmen.“

Der Manager hat für die digitale Transformation des Händlers die Rückendeckung der Eigentümerfamilie. Peek & Cloppenburg

P&C-Chef Edgar Hert

Der Manager hat für die digitale Transformation des Händlers die Rückendeckung der Eigentümerfamilie.

„Zu Beginn ist es etwas teurer und dauert etwas länger, das System selbst zu entwickeln, als eins von der Stange zu kaufen“, räumt auch Bernhardt ein. „Aber wir haben durch unsere 120-jährige Geschichte ja auch in unserem stationären Auftritt viele Besonderheiten“, sagt er. Deshalb wolle der Händler den Kunden auch online etwas Besonderes bieten. „Und wenn sie eine Standardsoftware individualisieren wollen, kann das letztlich viel teurer werden“, sagt der P&C-Manager.

„Wir haben online Aufholbedarf“, weiß auch Bernhardt, der erst vor gut einem Jahr zu P&C gestoßen ist. Er kommt vom Konkurrenten Breuninger, der sowohl im E-Commerce als auch bei der Verknüpfung des Webshops mit den Filialen schon deutlich weiter ist.

Noch bleiben die Neuerungen bei P&C vage. Der Händler wolle den Shop in Zukunft für jeden einzelnen Kunden personalisieren, kündigt Bernhardt an. Integriert werden soll regelmäßiges Liveshopping über Videos. Ab Anfang nächsten Jahres sollen Kunden im Onlinehandel auch auf jeden Artikel in den Stores zugreifen können.

Der Modehändler will in seine Eigenmarken wie Jake‘s stärker investieren, um sich vom Wettbewerb abzusetzen. Jelle Draper für Peek & Cloppenburg

Peek & Cloppenburg

Der Modehändler will in seine Eigenmarken wie Jake‘s stärker investieren, um sich vom Wettbewerb abzusetzen.

Experten sind jedoch irritiert, dass der P&C-Shop auch nach zwei Jahren Umbau außer Versprechungen wenig Neues bietet. „Sie konkurrieren ja mit E-Commerce-Plattformen wie Zalando, die genau die gleiche Zielgruppe bedienen, aber in ihrer Entwicklung deutlich weiter sind“, gibt ein Brancheninsider zu bedenken. Die Technologie sei im Vergleich mit dem Wettbewerb kein Meilenstein.

„Wer zu spät zur Party kommt, muss umso besser tanzen können“, mahnt auch Stefan Wenzel. Der E-Commerce-Berater kennt die Anforderungen der Branche gut: Er war Vorstand bei Tom Tailor und Deutschlandchef von Ebay. „Auf demselben Spielfeld wie Zalando und Co. bestehen zu wollen, heißt, im Wettbewerb um die gleichen Kunden zu gewinnen“, gibt er zu bedenken. Dazu müsse man das Gleiche deutlich besser machen – oder etwas völlig anderes.

Viele neue Filialen in Europa geplant

Vom Wettbewerb absetzen will sich der P&C-Chef unter anderem mit Eigenmarken wie Review oder Jake‘s. „Unsere eigenen Marken sind ein Kernbestandteil unseres Angebots“, erklärt Hert. Dort werde das Unternehmen investieren und die Marken selbstständiger positionieren.

Ein erster Anlauf, die Eigenmarken klarer zu positionieren, hat jedoch nicht funktioniert. Patrick Cloppenburg hatte dafür Anfang des Jahres den Digitalexperten Marcus Diekmann geholt, der als Geschäftsführer der P&C-Tochter International Brands Company den Bereich weiterentwickeln sollte. Doch bereits nach drei Monaten gab er den Posten wieder auf. Mit seinen unkonventionellen Ideen konnte er sich bei P&C nicht durchsetzen.

Als zweiten großen Pluspunkt gegenüber dem Wettbewerb sieht P&C das europaweite Filialnetz – auch für den Ausbau des E-Commerce in weiteren Ländern. „Wenn wir in einem Markt online neu starten, in dem wir schon Geschäfte haben, haben wir den großen Vorteil, dass wir dort schon bekannt sind und die Kundinnen und Kunden und ihre Wünsche gut kennen“, sagt Manager Bernhardt.

Deswegen ist trotz der Digitaloffensive auch die stationäre Expansion ungebrochen. Dieses Jahr wurden schon 15 Häuser neu eröffnet oder umgebaut, im nächsten Jahr sollen mindestens zehn weitere folgen. Als Nächstes dürfte Italien dazukommen, dann weitere Märkte in Ost- und Südosteuropa.

Parallel dazu soll in immer mehr Ländern der neue Webshop eingeführt werden. Und genau in der Verknüpfung der beiden Kanäle sieht Unternehmenschef Hert die eigentliche Stärke von P&C: „Ziel unserer Transformation ist es, dass die Kundinnen und Kunden alles, was wir neu einführen, sowohl online als auch im Geschäft nutzen können, dass es dazwischen keine Trennung mehr gibt.“

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