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13.08.2022

15:00

E-Commerce

Welche Onlinehändler Gebühren für die Retouren erheben – und welche nicht

Von: Florian Kolf

Rücksendungen im Onlinehandel verursachen hohe CO2-Emissionen. Umweltschützer fordern deshalb eine Gebühr. Das sind die Pläne von Amazon und Zalando.

Der Onlinehändler will Kunden nicht an den Kosten für Rücksendungen beteiligen. imago/Pressedienst Nord

Amazon-Pakete

Der Onlinehändler will Kunden nicht an den Kosten für Rücksendungen beteiligen.

Düsseldorf Noch können Kunden bei den meisten Onlinehändlern ihre Bestellungen kostenlos zurückschicken, wenn ihnen die Produkte nicht gefallen. Doch die Forderungen werden immer lauter, die kostenlose Retoure aus Nachhaltigkeitsgründen abzuschaffen, um so die Zahl der Rücksendungen und dadurch der Paketsendungen insgesamt zu verringern. Müssen Kunden deshalb bald das Porto für Rücksendungen selbst tragen?

Nein, sagt zumindest Amazon-Deutschlandchef Rocco Bräuniger im Interview mit dem Handelsblatt: „Unsere Kundinnen und Kunden wollen weiterhin kostenlose Retouren.“ Und deswegen solle sich an Amazons kostenlosen Rücksendungen auch nichts ändern. „Unsere Retourenquote ist ohnehin schon dreimal niedriger als im Branchenschnitt“, berichtet er.

Auch etliche andere große Anbieter, gerade aus dem Modebereich, lassen Kunden ihre Artikel erst mal weiterhin kostenlos zurückschicken. Andere Onlinehändler dagegen wollen die Konsumenten künftig an den Kosten beteiligen.

Das Modelabel Zara hat jetzt in Deutschland eine Rücksendegebühr von 1,95 Euro eingeführt. Die Kunden können die online bestellte Ware aber stattdessen auch kostenlos in einem Zara-Geschäft zurückgeben.

Beim japanischen Modehändler Uniqlo kosten die Retouren für die Kunden sogar 2,95 Euro pro Paket. H&M verlangt in Österreich von den Kunden eine Beteiligung in Höhe von einem Euro für eine Rücksendung – es sei denn, sie sind Mitglied beim Treueprogramm des Händlers.

E-Commerce: Jede zweite Modebestellung wird zurückgeschickt

In Deutschland werden nach einer Erhebung der Uni Bamberg pro Jahr fast 500 Millionen bestellte Artikel zurückgeschickt. Im Schnitt wird jede sechste Bestellung retourniert, in der Mode sogar jede zweite. Der dadurch verursachte CO2-Ausstoß entspricht täglich 2200 Autofahrten von Hamburg nach Moskau. Es trifft jedoch nicht nur die Umwelt: Im Schnitt verursacht eine Retourensendung bei den Händlern Kosten in Höhe von fast 20 Euro.

Grafik

Schon seit einer Gesetzesänderung 2014 dürfen die Händler Geld für Rücksendungen verlangen. Doch erst jetzt fangen die ersten damit an.

Viele Kunden haben dafür sogar Verständnis. Laut einer Umfrage von Trusted Returns, einer Plattform für das Retourenmanagement im E-Commerce, wären 44 Prozent der Befragten bereit, sich zumindest zum Teil an den Kosten der Rücksendung zu beteiligen.

Auffällig ist, dass unter jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren die Bereitschaft sogar noch höher ist: 51 Prozent gaben an, dass sie sich an den Kosten beteiligen würden. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH) prognostiziert deshalb schon, dass Verbraucher künftig flächendeckend an den Retourenkosten beteiligt werden.

Zalando und Otto setzen Technologie zur Retourenvermeidung ein

Zalando-Chef Robert Gentz sieht das grundsätzlich anders. „Bei uns bleiben die Retouren kostenlos“, sagte er dem Handelsblatt. Es sei die nachhaltigste Art und Weise des Einkaufs, dass die Produkte zum Menschen kommen und nicht umgekehrt.

„Retouren künstlich zu erschweren ist ein Holzweg“, sagt Gentz, dessen Unternehmen mit dem Slogan „Schrei vor Glück oder schick’s zurück“ groß geworden ist. „Die Analogie wäre: Was du in die Umkleidekabine mitnimmst, musst du alles behalten“, zieht er den Vergleich zum Verkauf in Filialen.

„Das kostenfreie Anprobieren von Textilien und anderen Waren gehört bei uns zum Service. Wir haben keinerlei Pläne, Retouren zu bepreisen“, betont auch Alexander Birken, Chef der Otto Group. Gerade unter den aktuellen Bedingungen – Inflation, Unsicherheit und politische Krise – seien zusätzliche Kosten nicht zu verantworten.

Auch Zalando, Amazon und Otto wollen die Retouren reduzieren, verfolgen aber andere Ansätze. Zalando-Chef Gentz erklärt: „Wir versuchen durch bessere Technologien, Retouren zu reduzieren, die vermeidbar sind, zum Beispiel, weil ein Teil nicht passt oder anders aussieht als im Shop dargestellt.“

Die Otto-Tochter Bonprix setzt auf 3D-Produktentwicklung, um Rücksendungen zu vermeiden. Neue Kleidungsstücke werden dabei digital so weit entwickelt, dass die Daten direkt in die Produktion gehen. Das verbessere die Passform und stelle Kunden umfangreichere Informationen zu Schnitt, Farben und Textilstruktur zur Verfügung.

Amazon investiert in Elektromobilität

Amazon-Manager Bräuniger berichtet von einer ähnlichen Strategie: „Wir arbeiten daran, mit Technologie die Quote weiter zu drücken.“ So könnten sich Kunden beispielsweise mit „Augmented Reality“-Funktionen den Couchtisch schon mal virtuell in ihr mit der Handykamera aufgenommenes Wohnzimmer stellen.

Das bietet auch Möglichkeiten im Modehandel. „Künstliche Intelligenz kann Kunden aufgrund ihrer vorherigen Käufe eine Größe für ein bestimmtes Kleidungsstück empfehlen“, sagt Bräuniger. „Wir investieren sehr viel, damit Kunden von Anfang an das richtige Produkt auswählen.“

Zudem will Amazon die Nachhaltigkeit in der Logistik selbst verbessern, sieht aber auch hier bessere Hebel als kostenpflichtige Retouren. „Ganz wichtig ist uns da die Elektromobilität, wir haben allein im vergangenen Jahr in Deutschland 40 Millionen Pakete mit emissionsfreien Fahrzeugen ausgeliefert“, sagt Bräuniger. „Wir investieren beispielsweise auch in Lastenfahrräder.“

In Kürze werden auch die ersten E-Lieferwagen des Start-ups Rivian nach Deutschland kommen, von denen Amazon 100.000 Stück bestellt hat. „Die werden dann für die europäischen Anforderungen maßgeschneidert sein“, verrät Bräuniger.

Amazon hat 100.000 Fahrzeuge bei dem Start-up bestellt. Bloomberg

Elektrolieferwagen von Rivian

Amazon hat 100.000 Fahrzeuge bei dem Start-up bestellt.

Doch Retouren sind nicht nur wegen des CO2-Ausstoßes beim Transport in die Kritik geraten. Häufig ist die zurückgeschickte Ware so beschädigt, dass sie nicht mehr als Neuware verkauft werden kann und im schlimmsten Fall weggeworfen werden muss. Amazon ist immer wieder vorgeworfen worden, das Unternehmen vernichte massenweise Retouren.

Doch Deutschlandchef Bräuniger dementiert das klar. „Ökonomisch und ökologisch ergibt es für kein Unternehmen der Welt Sinn, Retouren zu entsorgen“, betont er. „Bei uns liegt diese Quote im Promillebereich.“ Ein detaillierter Prüfprozess entscheide, ob eine Retoure als Neuware oder Gebrauchtprodukt erneut in den Verkauf geht – oder ob es an den Hersteller zurückgegeben werden kann. „Wir spenden auch viele Produkte“, so Bräuniger.

Es gebe jedoch schlicht auch Produkte, die nicht wieder in Umlauf geraten dürfen, etwa wenn das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist, hygienische Regeln oder Sicherheitsvorschriften dem entgegenstehen. „Einem Fahrradhelm etwa können Sie von außen nicht mit Sicherheit ansehen, ob er schon in einen Unfall verwickelt war“, sagt der Amazon-Deutschlandchef.

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