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05.07.2022

10:59

Einzelhandel

Schnelle Lieferung aus dem Baumarkt – So will Obi sein Geschäft modernisieren

Von: Florian Kolf

PremiumObi will Waren künftig innerhalb von 45 Minuten ausliefern. Doch das ist nicht die einzige neue Idee, an der die Experten der Tochter Squared arbeiten.

Die Manager der Obi-Tochter Squared suchen innovative Ideen für den Baumarkt.

Phil Jenke und Dennis Hornung

Die Manager der Obi-Tochter Squared suchen innovative Ideen für den Baumarkt.

Düsseldorf Von der Pizza über den Wasserkasten bis zur Chipstüte: Viele Menschen in Großstädten lassen sich ihre Einkäufe innerhalb kürzester Zeit nach Hause bringen. Von diesem Trend zum sogenannten Quick Commerce will jetzt auch Obi profitieren. Zusammen mit dem Start-up Bringoo will die Baumarktkette in Hamburg innerhalb von 45 Minuten Bestellungen aus ihrem 12.500 Artikel umfassenden Sortiment an die Haustür liefern.

In dieser Woche startet die Auslieferung in Köln, Ende Juli soll Berlin als weiteres Liefergebiet dazu kommen. Ausgedacht hat sich diesen Service die Obi-Tochter „Obi Squared“, eine Spezialeinheit des Familienunternehmens. Die soll das angestaubte Geschäft mit Baumarktartikeln in die Zukunft bringen. „Unsere Aufgabe ist es, die stetige Innovation ins Unternehmen zu bringen“, sagt Dennis Hornung, der die im vergangenen Jahr gegründete Ideenschmiede leitet.

Die Squared-Truppe prüft ständig neue Ideen, knüpft Kontakte zu Start-ups, analysiert Probleme im bisherigen Angebot der Baumärkte. „Wir müssen ganz viele Ideen sehr schnell testen, mit klaren Kriterien“, erklärt Hornung. „Auf diese Weise wollen wir auch das finanzielle Risiko der Innovationen reduzieren.“

In diesem Januar hat Obi Squared bereits die Zusammenarbeit mit dem Start-up Kurts Toolbox gestartet. Kunden können sich jetzt an Containern vor zwei Obi-Filialen in Köln rund um die Uhr online reserviert Mietwerkzeuge abholen. Die Schnelllieferung ist jetzt das zweite Projekt für neue Kundenservices.

„Wir sind der erste Baumarkt, der Quick Commerce anbietet“, sagt Phil Jenke. Jenke, der bei Squared für die strategischen Beziehungen zu den Start-ups verantwortlich ist, hatte Bringoo-Gründer Hasib Khan kontaktiert und ihn von einer Zusammenarbeit überzeugt.

Die anderen Baumärkte in Deutschland liefern auch aus den Filialen aus, aber frühestens am kommenden Tag und zu deutlich höheren Gebühren. Bringoo berechnet für Obi Gebühren zwischen 2,50 und 4,90 Euro. Dafür kann man Artikel mit einer Kantenlänge von bis zu zwei Metern bestellen. „Da kann man sich künftig auch seinen Weber-Grill liefern lassen“, so Jenke.

US-Start-up Instacart ist Vorbild für Lieferservice

Es sei wichtig, neue Ideen schnell umsetzen zu können, beschreibt Jenke die Arbeitsweise von Squared. Im Oktober habe sich sein Team das erste Mal mit Bringoo getroffen.

Für das gemeinsame Projekt mit Obi hat auch Bringoo investiert. Bisher lieferte das Unternehmen nur mit Lastenrädern und Elektroautos des Modells Fiat 500 aus. Für die Baumarktlieferungen hat das Start-up extra Elektrolieferwagen angeschafft, die auch mit dem Obi-Logo beklebt sind.

Möglich machte das unter anderem eine Finanzierungsrunde in mittlerer siebenstelliger Höhe Anfang des Jahres. Außerdem hat Khan selbst Geld in sein Unternehmen eingebracht – aus dem Verkauf eines erfolgreichen Start-ups in Dubai.

Bringoo hat das erfolgreiche Geschäftsmodell des US-Unternehmens Instacart nach Deutschland gebracht. Anders als die meisten Lieferdienste hat das Start-up keine eigenen Lager, sondern kooperiert mit stationären Händlern wie Rewe, Edeka und Hugendubel und liefert aus deren Filialen.

Lieferung aus der Filiale bringt Kostenvorteil

Gebucht werden die Bestellungen über die Bringoo-App. Obi-Mitarbeiter stellen die Waren zusammen, Bringoo holt sie am Markt ab.

E-Commerce-Experte Matthias Schu von der Hochschule Luzern nennt das einen „interessanten Ansatz, der durchaus ein charmantes Erfolgspotenzial aufweist“. Er geht davon aus, dass Bringoo wegen des Verzichts auf Lager im Vergleich zur Konkurrenz bessere Chancen habe, profitabel zu werden.

Für Obi steht jedoch zunächst gar nicht im Fokus, ob das Geschäftsmodell direkt profitabel arbeitet. „Wir wollen uns damit vom Wettbewerb differenzieren“, sagt Squared-Chef Hornung. Deshalb ist die Partnerschaft mit Bringoo zunächst für ein Jahr exklusiv, das heißt nicht für andere Baumarktunternehmen offen. Sollte es ein Erfolg werden, kann diese Vereinbarung auch noch verlängert werden.

Obi ist nicht das erste Familienunternehmen, das mit einer internen Innovationsfabrik Start-up-Ideen in die Firma holen will – und sich dafür externe Expertise holt. Der Logistiker Fiege beispielsweise hat die Tochter Xpress Ventures gegründet und als Leiter den Seriengründer Matthias Friese engagiert. Er soll dort als Geburtshelfer für Start-ups fungieren, die Zukunftsprobleme der Logistik lösen.

Obi gibt der Innovationsfabrik viel Freiheit

Eines der Vorbilder bei der Company-Builder-Idee ist der Heizungsbauer Viessmann. Er war schon vor Jahren der erste Mittelständler, der systematisch und in einem eigenen Unternehmen Start-ups aufgebaut hat. WattX heißt dort die Entwicklungseinheit.

Bei Obi will man beide Ideen parallel verfolgen: selbst Start-ups aufbauen und mit vorhandenen Unternehmen kooperieren. „Wenn wir ein Problem identifiziert haben, schauen wir, ob wir es selbst lösen können oder ob es schon ein Start-up gibt, mit dem wir dazu eine Partnerschaft schließen können“, sagt Jenke.

Das Thema Innovation hat Hornungs Berufsweg geprägt. Er hat seine Karriere bei Rewe Digital gestartet, hat Erfahrungen im E-Commerce von Esprit gesammelt und bei der Agentur Oddity neue digitale Marketingideen für dm und L’Oreal entwickelt.

Doch im Familienunternehmen Obi habe er noch mal eine besondere Unternehmenskultur vorgefunden. „Obi hat Strukturen mit kurzen Wegen, die uns schnell Entscheidungen treffen lassen“, sagt Hornung. „Diese Agilität kommt uns bei Obi Squared entgegen.“

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