Der Schlachtbetrieb könnte einem Bericht zufolge verkauft werden. Miteigentümer Clemens Tönnies und sein Sohn Max sprechen davon, „in die nächste Generation“ zu starten.
Düsseldorf, Frankfurt Die zerstrittene Tönnies-Familie steht offenbar kurz davor, den eigenen Fleischverarbeitungsbetrieb zu verkaufen. Dieser war letztes Jahr wegen eines Coronavirus-Ausbruchs unter rund 1500 Werkverträglern in die Negativschlagzeilen geraten.
Das 50 Jahre alte Unternehmen aus Rheda-Wiedenbrück prüfe seit Monaten Optionen und bereite sein Zahlenwerk für einen Verkaufsprozess auf, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Bloomberg. Nun laufe alles auf einen möglichen Verkauf hinaus. Mögliche Käufer sollen demnächst angesprochen werden, hieß es weiter.
Deutschlands größter Schweineschlachter könnte laut den Insidern in der Transaktion bis zu vier Milliarden Euro erlösen. Tönnies hatte 2019 einen Umsatz von 7,3 Milliarden Euro verbucht und ist damit einer der größten europäischen Fleischverarbeiter. Zu den Marken des Konzerns gehören etwa Böklunder und Gutfried. Umsatz und Gewinn sollen 2020 den Insidern zufolge allerdings stark unter den Folgen der Coronakrise und den negativen Schlagzeilen gelitten haben.
Als Käufer kämen demnach vor allem große Rivalen aus den USA infrage – etwa Branchenprimus Tyson Foods. Auch das brasilianische Unternehmen JBS oder die chinesische WH Group, die 2013 unter ihrem alten Namen Shuanghui International Holdings den US-Player Smithfield Foods kaufte, könnten Interesse zeigen.
Robert Tönnies, Sohn des verstorbenen Firmengründers Bernd Tönnies, besitzt 50 Prozent des Familienunternehmens. Sein Onkel Clemens Tönnies hält 45 Prozent der Anteile und dessen Sohn Maximilian die restlichen fünf Prozent.
Der Tönnies-Konzern nahm am Donnerstagabend wie folgt Stellung: „Marktgerüchte, wie vom Nachrichtendienst Bloomberg vermeldet, werden von uns prinzipiell nicht kommentiert.“ Auch Robert Tönnies äußerte sich auf Anfrage des Handelsblatts nicht. „Kein Kommentar“, sagte Goldman Sachs auf Anfrage zu Gerüchten, nach denen die US-Investmentbank neben anderen in den Verkaufsprozess involviert sein soll.
Am Freitagmorgen wandte sich Geschäftsführer Clemens Tönnies und sein Sohn Maximilian an die Belegschaft. Das Schreiben liegt dem Handelsblatt vor. „Der Erfolg der vergangenen Jahrzehnte lässt uns nicht müde werden, weiterzumachen und in die nächste Generation zu starten“, unterstreichen Clemens und Maximilian Tönnies in der Mitteilung.
Tönnies-Familie
Maximilian, Robert und Clemens Tönnies (v.l.): Offenbar wird ein Verkauf des Betriebs vorbereitet.
Bild: dpa
„Mit Maximilian ist die nächste Generation aktiv im Management, unser internationaler Expansionskurs geht Schritt für Schritt voran“, heißt es in dem Schreiben. „Wir lassen uns von Gerüchten nicht beeinflussen, sondern beweisen mit unserer täglichen Arbeit, dass wir bereit sind für die Zukunft im Unternehmen.“
Tönnies investiere aktuell stark in Deutschland, Dänemark, Großbritannien, China und Spanien. „Wir expandieren im Veggiemarkt und machen neue Sortimente auf. Wir entwickeln neue Haltungssysteme für Schweine, weil wir an den ländlichen Raum glauben. Diesen Kurs wollen wir mit Euch gemeinsam fortsetzen“, betonen Vater und Sohn.
Denkbar wäre, dass Clemens und Max Tönnies – möglicherweise mithilfe eines Investors – die Anteile ihres Neffen Robert übernehmen. Aber auch das umgekehrte Szenario wäre möglich, genauso wie ein Komplettverkauf.
Onkel Clemens Tönnies und Neffe Robert Tönnies sind seit Jahren tief zerstritten. 2017 gab es eine Versöhnung, die mit einem komplizierten Einigungsvertrag besiegelt wurde. Doch dieser „Westfälische Friede“ hielt nicht lange. Beide Parteien gerieten immer wieder aneinander.
Robert Tönnies drängte deshalb auf eine Trennung. Im Juli 2019 reichte er eine Schiedsklage gegen seinen Onkel und dessen Sohn Maximilian ein. Damit will er feststellen lassen, dass das Verhältnis der beiden Parteien zerrüttet ist. In diesem Fall ist laut Einigungsvertrag ein Verkauf des Unternehmens möglich. Jeder Gesellschafterstamm hätte dann die Möglichkeit, sich einzeln oder gemeinsam mit anderen Interessenten am Verkaufsverfahren zu beteiligen. Über die Schiedsklage soll aber noch nicht entschieden worden sein, heißt es aus informierten Kreisen. Mitten im Corona-Ausbruch hatte Robert Tönnies seinen Onkel öffentlich zum Rücktritt aufgefordert.
Noch vor gut einem Jahr hatte Clemens Tönnies der „Wirtschaftswoche“ gesagt: „Ich will und werde dieses Unternehmen nicht verkaufen.“
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