In den USA steigt die Zahl gefährlicher Zwischenfälle an Flughäfen auffällig. Das alarmiert nun die Behörden. Ein möglicher Grund: Verlust von erfahrenen Mitarbeitern in der Pandemie.
Boston
zuletzt sind sich Flugzeuge auf Flughäfen in New York, Boston, Hawaii, Florida und Washington bedrohlich nah gekommen.
Bild: AP
New York Der Tower am US-Flughafen Hollywood Burbank entdeckt den Helikopter auf der Landebahn erst im letzten Moment. Die Fluglotsen stoppen den Anflug einer Boeing 737, die Maschine der Southwest-Airlines startet durch und vermeidet recht knapp eine Kollision. Der Zwischenfall vom vergangenen Wochenende ist nur der jüngste in einer beunruhigenden Serie von Sicherheitspannen in der amerikanischen Luftfahrt.
Nach mehreren Beinahezusammenstößen hat diese Woche auch die US-Luftfahrtaufsicht FAA Alarm geschlagen. Die Behörde hat am Mittwoch die Fluggesellschaften aufgerufen, angesichts der jüngsten Vorkommnisse „wachsam“ zu sein.
Seit Januar 2023 seien sechsmal Fahr- oder Flugzeuge auf der Landebahn gewesen. Darunter sei „ein Ereignis am John-F.-Kennedy-Flughafen in New York, bei dem ein am Boden fahrendes Flugzeug ein abfliegendes Flugzeug knapp vermieden, und ein landendes Flugzeug am Flughafen Austin, das ein abfliegendes Flugzeug nur um 30 Meter verpasst hat“, heißt es in der offiziellen Anweisung der FAA. Die potenzielle Gefahr dieser Ereignisse sei „beunruhigend“.
Laut FAA gibt es in den USA täglich 45.000 Flüge, und es passiert grundsätzlich selten etwas. Aber zuletzt sind sich Flugzeuge auf Flughäfen in New York, Boston, Hawaii, Florida und Washington bedrohlich nah gekommen.
Erst diese Woche wurde bekannt, dass im Januar am Flughafen Baltimore ein Flugzeug nur knapp eine Kollision mit einem Krankenwagen vermeiden konnte. „Ich glaube, ich spreche für alle von uns und sicher für die Reisenden, wenn ich sage, dass diese Ereignisse besorgniserregend sind“, sagte Billy Nolen, Leiter der FAA, am Mittwoch.
„Diese jüngsten Zwischenfälle müssen als Weckruf für jeden von uns dienen, bevor eine größere Katastrophe passiert“, meint auch die Vorsitzende der US-Verkehrssicherheitsbehörde, Jennifer Homendy, bei einem eigens anberaumten Branchentreffen vergangene Woche.
Laut FAA-Daten ist zwar die Zahl der hochbrisanten Situationen in den vergangenen zwei Jahrzehnten gesunken, seit 2009 hat es keine tödlichen Flugzeugunfälle mehr in den USA gegeben. Aber die Zahl der Vorkommnisse insgesamt ist gestiegen: 2022 ist es 1732-mal passiert, dass die Landebahn durch Fahr- oder Flugzeuge besetzt war. Im Jahr zuvor waren es noch 1574.
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Viele fragen sich nun, warum sich diese Beinahezusammenstöße häufen. Einer der Gründe könnte die mangelnde Erfahrung vieler Crews und Flughafenmitarbeiter sein. Schließlich war der Flugverkehr mit der Covid-19-Pandemie massiv eingebrochen, viele Mitarbeiter wurden entlassen oder haben sich nach anderen Jobs außerhalb der Luftfahrt umgeschaut. Das liegt auch daran, dass Arbeitsplätze in den USA grundsätzlich nicht so sicher sind wie in Deutschland.
Tower an einem US-Flughafen
Die Flugaufsicht zeigt sich angesichts zunehmender Zwischenfälle besorgt.
Bild: Reuters
Doch mit dem Ende der Lockdowns sind die Reisenden schneller zurückgekommen als erwartet. Laut der International Air Transport Association gab es 2022 in Nordamerika 130 Prozent mehr Flüge als im Vorjahr.
Angesichts der hohen Nachfrage haben Airlines und Flughäfen in kurzer Zeit viele Stellen neu besetzen und Mitarbeiter einarbeiten müssen. Dabei haben einzelne Airlines wie Southwest auch weniger ausgebildete Mitarbeiter angeheuert oder ihre internen Trainings verkürzt.
Auch Hassan Shahidi, Präsident der Stiftung „Flight Safety Foundation“ spricht von einem angespannten System. „Die Erfahrungslevel sind nicht mehr die gleichen wie vor der Pandemie, weil Expertise verloren gegangen ist“, erklärt er und macht das für die jüngsten Probleme mitverantwortlich.
Zwischenzeitlich hatten einige Fluggesellschaften versucht, die Trainingskriterien für Piloten aufzuweichen, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden und Piloten mit weniger Flugstunden schneller ins Cockpit zu bekommen. Die Chancen dafür stehen nun aber eher schlecht.
In Deutschland sind solche Vorfälle sehr selten. Nach Daten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) kommt es zwar vereinzelt zu Pannen auf hiesigen Flughäfen. In Nürnberg rollte im vergangenen November zum Beispiel ein Flugzeug nach dem Halten erneut an und kollidierte mit einem Einweisefahrzeug.
In Köln wiederum beschädigte im September 2022 ein Kraftfahrzeug den Rumpf eines Jets. Doch es handelt sich um eher harmlose Unfälle, gefährliche Annäherungen etwa bei Starts oder Landungen sind in den Bulletins der BFU nicht vermerkt.
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