Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

30.03.2023

09:00

Hausgerätehersteller

Bosch-Siemens spürt Ende des Corona-Booms – Neuer Chef gefordert

Von: Martin-W. Buchenau

Europas größter Hausgerätehersteller will mit dem neuen Chef alte Stärken erreichen. Matthias Metz hat einen Plan, doch in deutschen Werken droht vorerst punktuell Kurzarbeit.

Das Unternehmen setzt auch, aber nicht nur auf Premiumprodukte. BSH

BSH Geschirrspülerfabrik in Dillingen

Das Unternehmen setzt auch, aber nicht nur auf Premiumprodukte.

München Seit Oktober steht Matthias Metz an der Spitze von Europas größtem Hausgerätehersteller Bosch Siemens Hausgeräte (BSH). Seine Berufung zum Vorsitzenden der Geschäftsführung sorgte für Aufsehen – vor allem, aber nicht nur, weil seine Vorgängerin Carla Kriwet nach zwei Jahren im Amt zur CEO des damaligen Dax-Konzerns Fresenius Medical Care aufrückte.

Der 52-jährige Metz hatte das Brillengeschäft von Carl Zeiss wieder in die Erfolgsspur gebracht. Aktuelle Geschäftszahlen zeigen, dass die Fähigkeiten des ehemaligen McKinsey-Beraters auch in München gefragt sind. BSH konnte im vergangenen Jahr nur durch Preiserhöhungen und den Trend zu höherwertigen Geräten im Umsatz wachsen.

Solides Ergebnis erreicht

„Der Geräteabsatz war rückläufig. Die hohe Nachfrage hat ab Juni 2022 deutlich nachgelassen“, erläutert der promovierte Betriebswirt Metz. Dennoch habe BSH in herausfordernden Zeiten ein solides Ergebnis erreicht. Konkrete Ertragszahlen nennt das Unternehmen nicht, das seit 2015 vollständig zum Bosch-Konzern gehört. Bei Konkurrenten hatten sich die Gewinne etwa halbiert.

Der Nachfrageboom nach Hausgeräten während der Pandemie sei vorbei, heißt es. Zudem belasten Lieferengpässe, gestiegene Materialpreise und höhere Logistik- und Energiekosten. Im vergangenen Jahr verkaufte BSH nach eigenen Angaben 30 Millionen Großgeräte. Größer auf dem Weltmarkt sind nur chinesische Hersteller wie Midea, hierzulande bekannt durch die Übernahme des Roboterherstellers Kuka.

Insgesamt legte der Umsatz im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent auf 15,9 Milliarden Euro zu und beträgt damit über ein Sechstel des gesamten Bosch-Konzerns. Die Aufgabe des Russlandgeschäfts im Zuge des Angriffskriegs gegen die Ukraine hat BSH nach Angaben des Finanzchefs Gerhard Dambach 330 Millionen Euro Umsatz gekostet.

Deutschen BSH-Werken droht eingeschränkt Kurzarbeit

Die Zukunft der beiden großen Werke in Russland ist noch nicht geklärt. Bosch sondiere in alle Richtungen und hoffe, trotz der komplizierten Verfahren in den nächsten Monaten zu einer Lösung zu kommen, sagte der Finanzchef.

Der gebürtige Plauener hat vor BSH die Brillensparte von Carl Zeiss zurück auf Kurs gebracht. BSH

Matthias Metz

Der gebürtige Plauener hat vor BSH die Brillensparte von Carl Zeiss zurück auf Kurs gebracht.

Der Start ins laufende Jahr ist verhalten: „In den ersten beiden Monaten liegen wir leicht über Vorjahr“, sagte BSH-Chef Metz. Die Unternehmensführung hofft, dass der Höhepunkt der Inflation inzwischen überschritten ist.

Denn die im vergangenen Jahr getätigten Preiserhöhungen könnten die Kostensteigerungen bei Rohstoffen, Energie und Elektronikteilen nicht ausgleichen. Metz will in diesem Jahr „in allen Regionen und Produktkategorien weiter profitabel über dem Branchendurchschnitt wachsen“.

Schwierig ist die Lage in Europa und besonders in Deutschland, das in seinen sechs Werken mit 10.000 Beschäftigten zunächst besonders unter Lieferengpässen litt. Zudem wirkt sich der Einbruch im Bausektor hierzulande negativ auf das Geschäft mit Neuküchen aus.

Wegen der unsicheren Konjunktur geht das Werk in Dillingen ab April an speziellen Tagen in Kurzarbeit. Auch für die übrigen Standorte gibt es Überlegungen, gegebenenfalls die Arbeitszeit zu reduzieren.
Große Hoffnungen setzt das Unternehmen auf den Nachholbedarf von asiatischen Ländern wie Indien und Vietnam. Auch hoffen der neue Chef und seine Führungsriege, dass sich China nach einem Umsatzminus von vier Prozent wieder erholt. „Der Absatz ist jetzt wieder schneller gewachsen als der Umsatz“, betont der dafür zuständige neue Geschäftsführer Alexander Dony.

BSH will keine reine Luxus-Strategie

Dabei setzt BSH auf neue Produkte wie einen Kühlschrank für umgerechnet rund 2000 Euro – der riechen kann. Dabei erkennen Sensoren Gerüche, die Luft im Kühlschrank wird mit Aktivsauerstoff gereinigt. So können nach Firmenangaben 99 Prozent aller Bakterien und Viren und rund 90 Prozent der Gerüche beseitigt werden. Kunden erfahren über das Smartphone, wenn ein Lebensmittel verdorben ist. BSH überlegt, das für China entwickelte Gerät auch in anderen Märkten anzubieten.

Für deutsche Kunden gibt es inzwischen einen Ofen für bis zu 4800 Euro, der dank integrierter Kamera und Künstlicher Intelligenz Speisen automatisch nach dem gewünschten Bräunungsgrad zubereitet. Und erstmals bietet BSH unter der Marke Solitaire eine Luxus-Spüle für 10.000 Euro an, deren Boden verstellbar ist und die aus dem Hahn sechs Wasserstufen anbietet von eiskalt bis kochend, Schwammtrockner inklusive.

„Wir sehen einen deutlichen Trend zu höherwertigen Geräten“, sagt Metz. Aber eine reine Luxusstrategie, wie aktuell etwa Autohersteller wie Mercedes fahren, sei für BSH nicht passend. Die Gruppe vertreibt unter anderem die Marken Bosch, Siemens, Neff und Gaggenau.

Die Entwicklung neuer Produkte wurde um 5,3 Prozent auf 840 Millionen Euro aufgestockt. Die Investitionen erhöhten sich um 3,9 Prozent auf 628 Millionen Euro. In Ägypten baut BSH für einen zweistelligen Millionenbetrag ein neues Werk für Herde, auch Mexiko wird ausgebaut.

Erstpublikation: 29.03.2023, 17:44 Uhr.

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×