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21.03.2023

13:22

JAB Holding

Familie Reimann dämmt Verluste ein

Von: Katrin Terpitz

Die Beteiligungen der Industriellenerben haben 2022 an Wert verloren. Doch die JAB hat ihr Vermögen bereits umgeschichtet – vor allem zugunsten einer Sparte.

Die JAB Holding hält 57 Prozent am börsennotierten Kaffeekonzern JDE Peet's. Dazu zählen bekannte Marken wie Jacobs Kaffee, Senseo und Tassimo. Reuters

Kaffee von Senseo und Douwe Egberts

Die JAB Holding hält 57 Prozent am börsennotierten Kaffeekonzern JDE Peet's. Dazu zählen bekannte Marken wie Jacobs Kaffee, Senseo und Tassimo.

Düsseldorf Kaffee von Jacobs und Senseo, Softdrinks von Dr Pepper, Café-Ketten wie Pret-A-Manger oder Espresso House – an all diesen Marken ist Familie Reimann beteiligt. Sie zählt zu den reichsten Industriellenerben Deutschlands. Ihr Vermögen bündeln die Nachkommen der Ludwigshafener Chemiedynastie J.A. Benckiser seit elf Jahren in der JAB Holding.

Die Holding hat bisher hauptsächlich in Güter und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs investiert. Die zeigen sich in Zeiten der Inflation robuster als viele andere Branchen – haben aber dennoch damit zu kämpfen. Der Wert der Beteiligungen, die die JAB Holding managt, sank im Jahr 2022 von 51,7 auf 49,5 Milliarden Dollar. Das geht aus dem aktuellen Jahresbericht hervor.

Allerdings ist ein klarer Aufwärtstrend zu sehen – zumindest auf dem Papier. Verglichen mit Ende Juni 2022 wurden Wertverluste von zwei Milliarden Dollar bereits wieder wettgemacht.

Familie Reimann hält rund 90 Prozent an der JAB Holding mit Sitz in Luxemburg. Weitere Anteile gehören 13 Partnern, darunter CEO Olivier Goudet, Chairman Peter Harf und Vize-Chairman Joachim Creus. Chefstratege Harf startete 2012 mit neun Milliarden Dollar Kapital. Seitdem hat die JAB ein breites Netz an Firmenbeteiligungen aufgebaut, mit Schwerpunkt in Nordamerika. Ende 2022 besaß die JAB Holding selbst Beteiligungen im Wert von 32,4 Milliarden Dollar.

Die JAB-Partner managen aber nicht nur das Vermögen der Familie. Über den Fonds JAB Consumer Partners investieren seit 2014 Family-Offices und institutionelle Investoren parallel in JAB-Beteiligungen – aktuell sind es etwa 17 Milliarden Dollar. „Der Fonds gibt uns viel mehr Schlagkraft“, sagte Creus einmal dem Handelsblatt. „Damit können wir wichtige Zukäufe stemmen und große Unternehmen aufbauen – ohne dass Familie Reimann sich überschulden muss.“ Denn die JAB agiert meist nach folgendem Prinzip: Firmen einer Branche werden mit Co-Investoren zusammengekauft, fusioniert, aufgebaut und an die Börse gebracht.

Tiergesundheit als lukrativer Zukunftsmarkt

Zuletzt hat die JAB hat ihre Beteiligungen deutlich umgeschichtet – von Kaffee und Getränken hin zu einem ganz neuen Geschäftsfeld: Tiergesundheit. „Der Besitz von Haustieren nimmt zu, diese werden immer mehr wie Menschen umsorgt“, begründete CEO Olivier Goudet die neue Strategie. „Haustiere gehören zu den stärksten Verbrauchertrends der kommenden Jahrzehnte weltweit.“

Erst seit 2019 ist die JAB im Wachstumsmarkt Haustiere aktiv. Mit dem Einstieg bei den Tierkliniken NVA und Compassion First entstand eine führende Tierarztplattform im angelsächsischen Raum. Deren Umsatz habe sich inzwischen fast verdreifacht, heißt es im Jahresbericht. Allein 2022 investierte JAB 1,8 Milliarden Dollar in Tiergesundheit wie in die Notfall-Tierkliniken Sage und Ethos.

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Weitere 1,5 Milliarden flossen in Tierversicherungen, etwa in die Übernahme des deutschen Marktführers für Haustier-Versicherungen Agila sowie Crum & Foster. Beide Zukäufe sind von den Kartellbehörden noch zu genehmigen. Im September kaufte die JAB mit der britischen VGP zudem ein führendes Labor für Tierdiagnostik.

Durch die milliardenschweren Zukäufe ist der Anteil von Tiergesundheit am JAB-Portfolio deutlich gestiegen, allein im zweiten Halbjahr 2022 von 15 auf 23 Prozent. Demgegenüber wurden 1,3 Milliarden Dollar aus dem Getränkebereich abgezogen. So sank der Anteil von Keurig Dr Pepper (Kaffee und Softdrinks) am Portfolio parallel von 35 auf 19 Prozent.

Der börsennotierte US-Getränkekonzern, an dem die JAB derzeit noch knapp ein Drittel hält, hat in Zeiten der Inflation zu kämpfen. Zwar wuchs der Umsatz um elf Prozent auf 14 Milliarden Dollar. Die Gewinne schrumpften aber wegen höherer Kosten um zehn Prozent auf 2,6 Milliarden Dollar. Der Aktienkurs blieb stabil.

Die zweitgrößte Beteiligung der JAB ist der Kaffeekonzern JDE Peet’s. Die globale Nummer zwei hinter Nestlé macht ein Fünftel des Portfolios aus. JAB hält 57 Prozent am Unternehmen, das aus Marken wie Jacobs, Senseo, Tassimo und Peet’s zusammengezurrt und 2020 erfolgreich an die Amsterdamer Börse gebracht wurde.

Zwar stieg der Umsatz im vergangenen Jahr um 16,4 Prozent, das bereinigte Ebit schrumpfte jedoch um fast sechs Prozent. In Europa sank der Absatz wegen schwieriger Preisverhandlungen mit dem Handel. So hatte JDE zeitweise seine Kaffee-Lieferungen an Rewe ausgesetzt. Auch hier zeigte sich der Aktienkurs robust.

Geplanter Börsengang von Panera Brands vertagt

Die US-Donut-Kette Krispy Kreme war von JAB 2021 an die Nasdaq gebracht worden. Die Aktie notiert nach einer tiefen Delle zum Jahresende inzwischen wieder beim Ausgabekurs. Der nächste Börsengang von Panera Brands mit Café-Ketten wie Caribou Coffee und Einstein Bagel sollte eigentlich 2022 folgen. Er wurde aber im Sommer im schlechten Marktumfeld angesichts der Inflationsflaute erst einmal vertagt. Die Ratingagentur Moody’s rechnet jedoch mit dem Schritt aufs Parkett, sobald sich das Börsenklima bessert.

Erholt haben sich die Geschäfte des Duft- und Beautykonzerns Coty, lange das „Problemkind“ der JAB-Familie, wie es Creus formulierte. Unter der neuen CEO Sue Nabi gelang der Turnaround. Die Nettoschulden wurden 2022 um weitere 1,4 Milliarden Dollar abgebaut.

Moody’s hatte das Rating der JAB im November hochgestuft. Gewürdigt wurden die verbesserte Finanzkraft und ein diverseres Branchenportfolio hin zu Tiergesundheit. Die Nettoschulden lagen zuletzt bei 6,3 Milliarden Dollar. Noch vor den großen Zinssteigerungen hatte die JAB mehrere Anleihen zu Laufzeiten über zehn bis 30 Jahre unter Dach und Fach gebracht. Auch die Liquidität von rund sieben Milliarden Dollar bewertet Moody’s als solide. Sie ermöglicht jederzeit neue Zukäufe für Familie Reimann.

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