Der Dax-Konzern leidet unter hohen Kosten und einer geringeren Nachfrage. Die Konkurrenz kommt allerdings besser durch die Krise.
Düsseldorf Mit Persil-Waschmittel, Pril-Reiniger und Pritt-Klebestiften hat der Hersteller Henkel im abgelaufenen Jahr deutlich weniger Geld verdient. Der bereinigte Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) fiel um 13,7 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro, wie der Konsumgüterkonzern am Dienstag mitteilte. Unter dem Strich erzielte Henkel einen Jahresüberschuss von 1,3 Milliarden Euro – 23,1 Prozent weniger als im Vorjahr und der geringste seit mehr als einem Jahrzehnt.
Das Unternehmen kämpfte 2022 mit Mehrkosten für Fracht, Rohstoffe und Energie in Höhe von zwei Milliarden Euro, so viel wie zwischen 2010 und 2020 zusammen. Gleichzeitig kaufen viele Verbraucher zurückhaltender ein: Bei Gütern des täglichen Bedarfs greifen sie zu preisgünstigeren, aber qualitativ oft gleich guten Handelsmarken. So sank die Gewinnmarge auf 10,4 Prozent.
Konzernchef Carsten Knobel betonte, Henkel habe beim Umsatz „einen neuen Höchststand erreicht“. Der Konzern wuchs aus eigener Kraft um 8,8 Prozent und erlöste 22,4 Milliarden Euro. Allerdings lag das vor allem daran, dass Henkel Kosten an den Handel weitergeben konnte, die verkaufte Menge ging zurück.
Der Düsseldorfer Konzern kommt schlechter durch die Krise als viele Konkurrenten. Nivea-Hersteller Beiersdorf war 2022 um 10,2 Prozent gewachsen und konnte seinen Gewinn gar um 17 Prozent steigern. Der britische Wettbewerber Unilever (Knorr, Dove) verbesserte den Umsatz um neun Prozent, den Gewinn leicht um 0,5 Prozent.
Auch auf das laufende Jahr blickt Henkel mit Skepsis. Henkel rechnet lediglich mit einem Umsatzwachstum von ein bis drei Prozent. Knobel geht von einer „verhaltenen industriellen Nachfrage“ und einer „nachlassenden Wachstumsdynamik der Konsumentennachfrage aus“. Mittelfristig will Henkel drei bis vier Prozent Umsatzwachstum erzielen.
Anleger zeigten sich deshalb von dem Ausblick enttäuscht: Mit einem Minus von bis zu drei Prozent gehörten die Aktien am Dienstag zu den Verlierern im Dax.
Das Ergebnis dürfte zusätzlich durch den geplanten Rückzug aus Russland belastet werden. Henkel hatte im vergangenen April nach großem öffentlichen Druck seine Geschäfte dort eingestellt. Das Unternehmen ist der einzige große Konsumgüterhersteller, der sich aus dem Land zurückziehen will.
Umgesetzt ist das aber längst noch nicht. Zunächst sollte der Rückzug bis Ende 2022 umgesetzt sein, nun will Henkel dies bis Ende des Monats schaffen. Allerdings erschwert der Kreml ausländischen Firmen den Rückzug zusehends: So müssen Verkäufe behördlich genehmigt werden und sind nur mit Verlusten von mindestens 50 Prozent des Firmenwerts möglich.
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Henkel bilanziert in seinem Geschäftsbericht Vermögenswerte in Russland in Höhe von 526 Millionen Euro. Ob man Verkaufserlöse in dieser Summe erzielen könne, sei fraglich, erklärte Finanzchef Marco Swoboda auf Handelsblatt-Nachfrage: „Die regulatorischen Bedingungen sind nicht vorhersehbar.“ Zudem schwanke auch der Rubel-Kurs stark.
In der ersten Jahreshälfte 2022 hatte Henkel wegen des Russlandgeschäfts bereits 200 Millionen Euro abgeschrieben. Noch sei unklar, ob es zu weiteren Wertberichtigungen komme. Henkel hatte in dem Land so viel investiert wie kein anderer Dax-Konzern: Das Unternehmen erzielte in Russland auch 2022 fünf Prozent seines Umsatzes. 2500 Mitarbeiter arbeiten dort in elf Werken.
Mit seinen bekannten Marken Persil und Pril hat Henkel 2022 zwar gut acht Prozent mehr erlöst, allerdings fiel der bereinigte Gewinn um 32 Prozent. Henkel hatte seine Preise für Wasch- und Reinigungsmittel um fast 13 Prozent erhöht. Die Abverkäufe gingen bereinigt um rund fünf Prozent zurück, etwa weil viele Verbraucher zu Handelsmarken wechselten. Bernstein-Analyst Bruno Monteyne sagte, dass das Verbrauchergeschäft erneut enttäuscht habe.
Konzernchef Knobel hat dieses 2022 umgebaut. Er hat die Kosmetiksparte („Dial“, „Syoss“) mit dem Wasch- und Reinigungsmittelbereich zusammengelegt. Dieser Umbau ist seit Jahresbeginn vollzogen, Henkel steht nun auf zwei Säulen: dem Klebstoffgeschäft und dem „Consumer Brands“ genannten Konsumgütergeschäft. In diesem Zuge wurden weltweit 2000 Stellen gestrichen, hierzulande sind 300 betroffen.
Im Kosmetikbereich hat Henkel nicht profitable Marken im Wert von rund 200 Millionen Euro eingestellt, etwa in den Bereichen Mund- und Hautpflege. So verkaufte der Konzern seine Zahnpflege Theramed an den Süßwarenhersteller Katjes.
Knobel will Henkel durch den Umbau schlagkräftiger machen. Durch margenstärkere Produkte hofft er, die Einnahmen zu steigern und mehr Geld in die Marken investieren zu können. Dadurch könne die Relevanz der Produkte steigen und es falle dem Konzern leichter, Preiserhöhungen durchzusetzen, argumentiert Knobel. Noch sei man aber im ersten Jahr der neuen Aufstellung, dämpfte der Manager am Dienstag die Erwartungen.
Carsten Knobel
Der Manager ist seit Anfang 2020 Chef von Henkel.
Bild: Henkel
Aus Sicht von Branchenexperten haben die Maßnahmen bisher jedoch vor allem bei den Kosten angesetzt, führen aber nicht unmittelbar zu steigenden Umsätzen. „Das Henkel-Management muss erst noch beweisen, ob die Zusammenlegung der Konsumentengeschäfte wirklich eine Erfolgsgeschichte im operativen Geschäft wird“, sagte Jella Benner-Heinacher von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.
Sie freue sich aber, dass die Aktionäre nicht unter der schwachen Bilanz leiden müssen. Henkel hält seine Dividende trotz niedriger Gewinne stabil. „Das ist für Anleger erfreulich und eine Entschädigung für den Aktienkurs, der immer noch nicht so richtig anläuft.“
In einer zweiten Phase des Konzernumbaus, die nun beginnt, will Knobel Lieferkette und Produktion optimieren. In diesem Zuge werden weitere Arbeitsplätze abgebaut, der Umfang ist noch unklar. In dem Bereich hat Henkel noch große Ineffizienzen. So fährt bislang ein Transporter aus dem Kosmetik- und einer aus dem Wasch- und Reinigungsmittelbereich zu denselben Händlern. Henkel rechnet durch den Konzernumbau und die Optimierung der Lieferkette ab 2026 mit jährlichen Nettoeinsparungen von 400 Millionen Euro.
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Im abgelaufenen Jahr war erneut das Klebstoffgeschäft mit einem Umsatzplus von 13,2 Prozent Henkels Wachstumstreiber. Es steht für die Hälfte der Erlöse und 65 Prozent des Gewinns. Henkel ist im Bereich Klebstoffe marktführend und beliefert etwa Autohersteller, Flugzeugbauer, Baukonzerne und Verpackungshersteller.
Diese Sparte sorgte zuletzt aber für Aufregung. Hinter den Kulissen soll es im Herbst einen Machtkampf zwischen Konzernchef Knobel und dem damaligen Klebstoffvorstand Jan-Dirk Auris gegeben haben, weshalb Auris das Unternehmen vorzeitig verlassen musste. Das Handelsblatt hatte zuerst darüber berichtet. Henkel hat den Posten intern mit Mark Dorn besetzt.
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