PremiumDas Start-up Revo Foods stellt mit einem 3D-Produktionsverfahren veganes Lachsfilet her. Es soll 2023 auf den Markt kommen und dem Original sehr nahe kommen.
Robin Simsa
Der Gründer und CEO von Revo Foods produziert mit seinem Unternehmen eine vegane Lachsalternative aus Pflanzen – im 3D-Drucker.
Bild: Revo Foods
Wien Das erste „pflanzen-basierte Lachsfilet“ sieht zwar aus wie Lachs: Es ist rosafarben, und auch die äußere Struktur erinnert an Fisch. Geschmacklich reicht das Produkt der 2020 gegründeten Wiener Jungfirma Revo Foods allerdings noch nicht ganz an das Original aus der Tierwelt heran: Es weist einen leicht bitteren Nachgeschmack auf und erinnert ein wenig an Fleischkäse. Die innere Struktur weicht vom echten Lachs ab, der bei einem leichten Druck mit der Gabel in Fasern zerfällt.
Die Illusion ist also noch nicht perfekt, es besteht Potenzial zur Verbesserung. Im nächsten Jahr soll das Lachsfilet allerdings bereits auf den Markt kommen. Preislich soll das Produkt zwischen teurem Wildlachs und Aktionsfisch positioniert werden.
Revo ist nach eigenen Angaben die erste Firma, die das 3D-Produktionsverfahren nutzt, um aus Erbsen und weiteren Zutaten veganen „Fisch“ zu produzieren. „Mit dem 3D-Verfahren lässt sich die Struktur eines Fisches besser nachbilden als mit anderen Methoden, die in der Industrie zur Anwendung kommen“, sagt Firmenchef Robin Simsa, 30. Es entstehen Fasern, die den Muskelstreifen eines richtigen Fischs nachbilden sollen und sich beim Verzehr leicht ablösen lassen.
Jüngst sind sowohl Jungfirmen als auch Großunternehmen verstärkt in das Geschäft mit pflanzenbasierten Fischalternativen eingestiegen. „Das ist das nächste große Ding im Lebensmittelbereich“, sagt Pascal Boll vom Aktienbroker Stifel.
Noch ist die Konkurrenz im Fischbereich nicht so heftig wie bei den pflanzenbasierten Fleischalternativen. Unzählige Lebensmittelfirmen – vom Marktführer Nestlé bis zu Start-ups – bieten Produkte an, die zwar wie Würste, Hamburger oder Hackfleisch aussehen, aber auf der Verarbeitung von Soja, Weizen oder Erbsen beruhen.
Vegane Fischproduktion
Mitarbeiter von Revo Foods produzieren veganen „Fisch“ im 3D-Drucker.
Bild: Revo Foods
Jungfirmen fordern die etablierten Konzerne heraus, und diese müssen mit immer wieder neuen Kreationen reagieren. „Das Umfeld ist sehr dynamisch“, sagt Boll.
Noch wächst der Markt stark, allerdings von einer verhältnismäßig niedrigen Basis aus. Nestlé beispielsweise erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 87 Milliarden Franken; Boll von Stifel schätzt, dass davon rund 300 Millionen Franken auf pflanzenbasierte Fleischalternativen entfielen. Die Euphorie ist bei Nestlé trotzdem groß. Firmenchef Mark Schneider hält die Erzeugnisse für eine Geschäftsidee, wie sie in jeder Generation nur einmal vorkommt.
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Gleichwohl zeichne sich bei den pflanzenbasierten Fleischalternativen langsam ein Verdrängungswettbewerb ab, sagt Boll. Die Vielfalt der Produkte ist kaum mehr zu überblicken. Die Anbieter werden nur Erfolg haben, wenn sie es schaffen, für ihre Erzeugnisse Stammkunden zu gewinnen.
Im Vergleich damit ist das Geschäft mit pflanzenbasierten Fischalternativen noch wenig umkämpft. Die Firma Revo mit ihren 35 Mitarbeitern hat erst vor wenigen Monaten das erste Produkt auf den Markt gebracht: eine Räucherlachs-Imitation, die in Deutschland und Österreich auch über den Einzelhandel vertrieben wird und geschmacklich dem Original sehr nahekommt. Ferner gibt es besonders in Deutschland und den Niederlanden weitere Anbieter, die zum Beispiel vegane Fischstäbchen (Frosta) oder Brotaufstriche (Bettafish) produzieren, die nach Thunfisch schmecken.
Der Riese Nestlé hat sich ebenfalls dem neuen Geschäftsfeld angenähert, allerdings vorsichtig. Bisher vertreibt das Schweizer Unternehmen bloß ein Produkt – eine Thunfischalternative im Glas. Von der Struktur her ist auch dieses Erzeugnis leichter herzustellen als ein Filetimitat. Nestlé scheint aber die Ambition zu haben, das Geschäft zu forcieren. In Deutschland und in der Schweiz hat das Unternehmen jüngst pflanzenbasierte Shrimps getestet. Ferner entwickelte es einen Prototyp eines Lachssushis.
Der Konzern lässt sich jedoch nicht in die Karten blicken, welche Schritte er als Nächstes plant. Das hänge von betriebswirtschaftlichen Fragen ab, sagt ein Sprecher.
Auch Spitzenköche haben den Trend mittlerweile aufgenommen. Siegfried Kröpfl leitete früher Restaurants in Wiener Luxushotels, heute ist er Gastroberater mit dem Schwerpunkt vegane Gerichte. Er sagt, pflanzenbasierte Fleisch- und Fischalternativen würden dazu beitragen, das Tierleid in der Nahrungsmittelproduktion zu vermindern.
Kröpfl führt aber auch wirtschaftliche Gründe an, warum er in diesen Produkten nach wie vor ein Wachstumsgeschäft sieht. Erstens werde Fisch mit der zunehmenden Überfischung teurer. Zweitens seien die Alternativprodukte auch für Betriebskantinen ökonomisch interessant. „Die Köche sparen Zeit, und die Lagerhaltung ist nicht so anspruchsvoll wie bei Fleisch und Fisch“, sagt der ehemalige Spitzenkoch. Die Gefahr, sich Salmonellen einzufangen, gehe von den Ersatzprodukten nicht aus.
Unwillen lösen die pflanzenbasierten Erzeugnisse dagegen in der Fischereiindustrie aus, die von der EU und vielen Ländern mit hohen Beträgen subventioniert wird. Ihr missfällt vor allem, dass die Hersteller mit den Bezeichnungen Fisch, Thun und weiteren Gattungsbezeichnungen operieren. Simsa von Revo spricht in diesem Zusammenhang vage von „Ärger mit Lachsherstellern“, ohne auf Details einzugehen.
Mit ihren Produkten richten sich die Hersteller von pflanzenbasierten Fleisch- und Fischalternativen in erster Linie an die sogenannten Flexitarier: also Konsumenten, die aus Gründen des Umwelt- und Tierschutzes weniger tierische Erzeugnisse essen möchten. Man wende sich an Käufer, die über die teilweise zweifelhaften Geschäftspraktiken der Fischerei Bescheid wüssten, aber trotzdem nicht auf den Fischgeschmack verzichten wollten, sagt Simsa.
Einen schweren Stand haben die Anbieter dagegen bei Vegetariern und Veganern. Selbstverständlich wollen sich diese nicht der Illusion hingeben, sie verspeisten einen Hamburger oder einen Fisch. Bei der Verkostung des pflanzenbasierten Lachsfilets von Revo meinte eine Vegetarierin, das Produkt sei aus grundsätzlichen Erwägungen nichts für sie: Schließlich könne sie fleischlos kochen und meide sie Industrieware.
Revo-Chef Simsa, Lebensmittel- und Biotechnologe mit Doktortitel, sieht das anders: „Die Lebensmittelherstellung ist heutzutage Hochtechnologie“, sagt er. „Das mag Veganer erschrecken, ist aber die Realität.“
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