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09.03.2022

15:00

Logistik

Post schafft Rekordgewinn – erwartet aber Stagnation

Von: Christoph Schlautmann

Der Logistikkonzern erhöht die Dividende und kündigt einen Aktienrückkauf an. Doch der abflauende Onlineboom und der Ukrainekrieg sorgen für Unsicherheiten im Geschäft.

Deutsche Post Aktie: Aktionäre erhalten mehr Dividende dpa

Paketzentrum

Der Paket-Boom in der Coronakrise hat der Post 2021 Rekord-Ergebnissen gebracht.

Düsseldorf Viermal erhöhte die Deutsche Post im vergangenen Jahr ihre Ertragsprognose – zuletzt im November 2021, als sie einen Betriebsgewinn von 7,7 Milliarden Euro in Aussicht stellte. Selbst den hat sie nun noch einmal übertroffen, wie Post-Vorstandschef Frank Appel am Mittwoch verkündete.

Mit acht Milliarden Euro verdoppelte der weltweit zweitgrößte Logistikkonzern den Ertrag vor Zinsen und Steuern (Ebit) nicht nur. Der Wert, der insbesondere durch einen boomenden E-Commerce und astronomische Frachtraten infolge der Coronakrise zustande kam, ist ein Rekord. „In einem herausfordernden Jahr haben wir das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte erzielt“, sagte Appel.

Die Aktie gewann nach Bekanntgabe der Zahlen rund sieben Prozent – wohl auch weil die Post ihre Anteilseigner an dem Erfolg massiv beteiligen will. Nicht nur die Dividende soll um ein Drittel auf 1,80 Euro pro Aktie angehoben werden, auch ein Aktienrückkaufprogramm über zwei Milliarden Euro sei geplant, kündigte Finanzchefin Melanie Kreis an.

Dabei wird es im laufenden Jahr nach Appels Prognose für den Konzern kaum ein weiteres Ertragsplus geben. Von dem Ebit des vergangenen Jahres werde der Ertrag 2022 höchstens fünf Prozent nach oben oder unten abweichen, erwartet er. Die Unwägbarkeiten durch den Ukrainekrieg seien da noch nicht einmal mit eingerechnet.

In der Ukraine, wo der Konzern sein Geschäft seit Ausbruch der Kriegshandlungen eingestellt hat, seien 450 Mitarbeiter beschäftigt. Hinzu kommen 3500 Angestellte in Russland, das von den unter DHL betriebenen Paket-, Fracht- und Expresstöchtern ebenfalls nicht mehr angesteuert wird. „Es ist noch zu früh, um über Abschreibungen zu entscheiden“, sagte Finanzchefin Kreis auf Anfrage. Den Anteil Russlands und der Ukraine am Gesamtgeschäft bezifferte Appel allerdings mit „unter einem Prozent“.

Dennoch stellt der Krieg den Bonner Logistikkonzern vor Herausforderungen. Eine wesentliche davon sind die gestiegenen Treibstoffkosten, die viele von DHL beauftragte Lkw-Anbieter als existenzgefährdend bezeichnen. „Wir werden unsere Lieferanten weiterhin fair behandeln“, sagt Appel. Inwieweit er die Zusatzkosten kompensieren will, ließ er aber offen.

Zusätzliche Treibstoff-Ausgaben kommen auf den Konzern schon deshalb zu, weil seine Fracht- und Expressdivisionen auf dem Weg nach Asien Russland umfliegen müssen. Das habe es allerdings schon häufiger in der Vergangenheit gegeben, erläuterte Appel. Das Problem sei bekannt.

Für die Kunden wird es teurer

Nachteile für das eigene Geschäft sieht er dadurch nicht automatisch. Durch den Ausfall russischer Airlines gebe es zusätzliche Knappheit in der Luftfracht. Weil dies traditionell zu höheren Frachtraten führt, steigt in der Folge voraussichtlich der Ertrag – und für die Kundschaft der Preis.

Schon im Coronajahr 2021 hatten insbesondere die DHL-Sparten Express und Spedition/Fracht von solchen Lieferengpässen profitiert. Das weltweite Netz für Eilzustellungen steigerte seinen Betriebsgewinn um 53 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro – und lieferte mehr als die Hälfte des Konzerngewinns. Das unter „DHL Global Forwarding, Freight“ geführte Transportgeschäft verdoppelte den Ertrag sogar und lieferte gut 1,3 Milliarden Euro ab.

Schlusslicht beim Ertragswachstum war dagegen das deutsche Brief- und Paketgeschäft, das gerade einmal um zehn Prozent zulegte. Über das Gesamtjahr war die Paketzustellung zwar noch um 13 Prozent gewachsen, im vierten Quartal aber sah man ein Minus von zwei Prozent. Auch für das erste Quartal werde das Geschäft wohl unter Vorjahr bleiben, kündigte Finanzchefin Kreis an.

Pikant in diesem Zusammenhang: Für eben diese Sparte ist ausgerechnet Tobias Meyer verantwortlich, der im kommenden Jahr Frank Appel an der Konzernspitze ablösen soll. Zur Pressekonferenz war er – wie auch die übrigen Spartenvorstände – nicht erschienen. Eine Sprecherin begründete die für diese Veranstaltung unübliche Abwesenheit mit dem Ukrainekrieg.

Insgesamt jedoch lieferte der Dax-Konzern für 2021 ein glänzendes Ergebnis ab. Mit einem Umsatz von 81,7 Milliarden Euro übertraf er die Schätzungen der Analysten, die mit gerade einmal 79,4 Milliarden gerechnet hatten. Mit einer um ein Drittel verbesserten Umsatzrendite von 9,8 Prozent ließ er den US-Rivalen Fedex weit hinter sich, der im vergangenen Jahr eine Marge von sieben Prozent gemeldet hatte.

Hinter dem Logistik-Weltmarktführer UPS blieb man allerdings auch 2021 zurück. Big Brown hatte vor wenigen Tagen dank eines Gewinnsprungs von 51 Prozent für das abgelaufene Jahr eine Umsatzrendite von 13,2 Prozent veröffentlicht.

Hohe Investitionen trotz Kriegsgefahr

Gleichzeitig weckt der auf 4,1 Milliarden Euro angewachsene freie Cashflow der Deutschen Post im eigenen Haus Wachstumsfantasien. Schon im abgelaufenen Geschäftsjahr verhandelte man die Übernahme des Spirituosen-Logistikers Hillebrand, dessen 1,5 Milliarden Euro schwerer Kauf kurz vor dem Abschluss steht.

Weitere Übernahmen seien nun denkbar, kündigte Finanzchefin Kreis an, ohne Firmennamen zu nennen. Sie müssten zum Kerngeschäft Logistik passen, dem bisherigen Geschäft einen Zusatzertrag bringen und leicht integrierbar sein. Von eher konzernfremden Aktivitäten, darunter dem Bau des Elektro-Lieferwagens Streetscooter, hatten sich die Bonner erst vor wenigen Monaten verabschiedet.

Auch in das angestammte Geschäft will man weiterhin kräftig investierten. Das Budget von 4,2 Milliarden Euro, das der Aufsichtsrat Appel für 2022 bewilligte, übersteigt das Vorjahr noch einmal um knapp acht Prozent – trotz der Unwägbarkeiten des Ukrainekriegs.

Das US-Analysehaus Bernstein Research beließ seine Einstufung der Deutschen Post auf „Outperform“ und nannte ein Kursziel von 65 Euro – bei einem aktuellen Aktienstand von 43 Euro. Die britische Investmentbank Barclays, die mit „Overweight“ eine ähnliche Kaufempfehlung gab, nannte als Kursziel sogar 77 Euro.

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