Nach dem Ausbruch von Corona starteten zahlreiche deutsche Reedereien einen massiven Stellenabbau. Nun klagen sie über Personalmangel.
Containerschiff HMM Algeciras in Hamburg
Mitarbeiter verzweifelt gesucht.
Bild: IMAGO/Nikito
Düsseldorf Die sich abzeichnenden Überkapazitäten in der Containerschifffahrt sind nicht der einzige Punkt, an dem sich die großen Reedereikonzerne in jüngster Zeit verkalkuliert haben. Auch das Chaos im weltweiten Seeverkehr, seit Herbst 2021 Ursache zahlloser Störungen in der Warenversorgung, ist überraschend auch Folge einer verfehlten Personalpolitik der Reedereien.
Das geht aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hervor, die im Mai und Juni 2022 insgesamt 106 deutsche Seefahrtsunternehmen untersuchte. Die Ergebnisse liegen dem Handelsblatt nun vor.
Danach klagten Mitte des Jahres 55 Prozent der Reedereien über einen Mangel an Fachkräften. Unter den Linienreedereien sah die Situation noch schlimmer aus. „Drei von vier dieser Unternehmen verstehen den Mangel an Fach- und Nachwuchskräften als ihr größtes Problem“, heißt es dazu in der PwC-Studie.
Die Misere ist zum größten Teil hausgemacht, wie Studienleiter André Wortmann herausfand. „Pandemiebedingt kam es zwischen 2019 und 2020 fast in jedem fünften und zwischen 2020 und 2021 sogar in jedem vierten Schifffahrtsunternehmen zu Entlassungen“, sagt er. Alternativ angeboten hätte sich den Reedereien die Möglichkeit der Kurzarbeit. Doch davon machten sie offensichtlich weniger Gebrauch als nötig.
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„Der Personalabbau infolge der Coronakrise erreichte ein Ausmaß“, zeigt sich Wortmann verwundert, „das über die Personalmaßnahmen nach Ausbruch der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 noch hinausging.“
Dabei traf der Nachfrageeinbruch vor 13 Jahren die Seefahrt weitaus gravierender als Corona. Berichteten zu Beginn der Pandemie 31 Prozent der Reedereien über beschäftigungslose Schiffe, waren es in der Finanzkrise 2009 45 Prozent.
Zwar bemühen sich derzeit 69 Prozent der deutschen Seefahrtsfirmen nach eigenen Angaben um Neueinstellungen – so viele wie noch nie in den seit 2009 veröffentlichten PwC-Jahresuntersuchungen. Die Schuld an dem Lieferkettenchaos aber geben die Reedereien keineswegs sich selbst, sondern anderen.
Neben den Verwerfungen durch die chinesischen Lockdowns sei es der Mangel an verfügbaren Containern und Schiffen, klagten sie gegenüber den Studienautoren, ebenso die ungenügende Kapazität in den Häfen.
Doch weshalb die Hafenstaus im September 2022 immer noch fünf Prozent länger waren als zwölf Monate zuvor, lässt sich allein durch den angeblichen Mangel an Schiffen, Containern und Hafenkapazitäten kaum erklären. Denn transportiert wurden fast neun Prozent weniger Container als im September 2021. Hier liegt also der Verdacht nahe, dass der Mangel an qualifiziertem Personal zumindest mit als Grund verantwortlich ist.
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