Die Luxemburger Richter kippen die Genehmigung der Hilfen für den Ferienflieger. Doch die Übernahme von Condor hängt indirekt an der Freigabe des Rettungspakets.
Condor-Flugzeug
Der Staat hatte die Airline in der Coronakrise im vergangenen Jahr mit Krediten über 550 Millionen Euro gestützt.
Bild: Bloomberg
Frankfurt Die rund 4500 Mitarbeiter der Ferienfluggesellschaft Condor sind Kummer gewohnt. Erst die Pleite des Mutterkonzerns Thomas Cook, dann die wegen der Pandemie geplatzte Übernahme durch die polnische PGL, dazu die direkten Folgen der Coronakrise. Nun kippte am Mittwoch auch noch das EU-Gericht die Genehmigung der staatlichen Hilfen für die Airline. Sie seien unzureichend begründet, hieß es.
Vorerst bleibt der Entscheid ohne Folgen. Die Richter setzten wie schon in ähnlichen Urteilen die Wirkung bis zu einer neuen Begründung durch die EU-Kommission aus. Condor muss das Geld also jetzt nicht zurückzahlen.
Eine Sprecherin von Condor versuchte denn auch umgehend, die Wogen zu glätten. „Die heutige Entscheidung des Europäischen Gerichts hat keinen Einfluss auf den Einstieg von Attestor als Mehrheitseigentümer von Condor“, erklärte sie. Weil laut Urteil die Wirkung der Nichtigerklärung der Beihilfe ausgesetzt sei, habe es ebenfalls keinerlei Auswirkung auf die Liquidität von Condor. „Für Kunden und Partner ändert sich nichts.“
Dennoch sorgt die Brüsseler Entscheidung in der Belegschaft für Unruhe, wie aus dem Umfeld des Unternehmens zu hören ist. Denn auch wenn die geplante Übernahme von Condor durch den Vermögensverwalter Attestor aktuell nicht wackelt: Gelingt es der EU-Kommission nicht, die Beihilfen ausreichend zu begründen, fällt eine wichtige Voraussetzung für die Transaktion weg.
Eine Bedingung für einen Vertragsabschluss zwischen Attestor, Condor und dem aktuellen Eigentümer – über die staatliche KfW ist das der Bund – ist der Verzicht auf Rückzahlung eines Teilbetrags der Staatshilfen. Es geht um 150 Millionen Euro. Kippt am Ende das gesamte bisherige Hilfspaket von Bund und Land Hessen, kann es auch keinen Verzicht auf eine Teilsumme geben.
In der Branche wird nun erwartet, dass der Fall auf höchster politischer Ebene geklärt werden muss. Denn bei der nun gescholtenen Begründung hat sich die EU-Kommission zum Teil auf Angaben der deutschen Regierung verlassen. „Da ist dann vielleicht auch mal ein Anruf von Wirtschaftsminister Peter Altmaier in Brüssel fällig, um das diffizile Thema zu klären“, heißt es in Airline-Kreisen.
„Condor ist auch weiterhin mit der Bundesregierung, dem Land Hessen und der Europäischen Kommission in engem und konstruktivem Austausch, weil mit der Übernahme von Condor durch Attestor ohnehin eine Umstrukturierung der bereits gewährten Covid-19-Beihilfe einhergeht“, heißt es bei Condor.
Der Ferienflieger ist seit der Insolvenz von Thomas Cook im Jahr 2019 in einer schwierigen Lage. Die Airline musste in ein Schutzschirmverfahren gehen. Um das Überleben zu sichern, gaben Bund und das Land Hessen einen ersten Überbrückungskredit.
Ende 2019 fand sich dann mit der polnischen PGL, der Mutter der Airline LOT, ein Käufer. Dann kam Corona, PGL sprang ab, Condor musste erneut um staatliche Hilfen bitten. Damals erhielt die Fluggesellschaft nochmals Finanzhilfen mit einem Volumen von 550 Millionen Euro.
Einen Teil des Geldes nutzte das Management allerdings, um den ersten Überbrückungskredit zu tilgen. Das verbliebene Geld – 250 Millionen Euro als reine Corona-Hilfen – reicht nicht mehr ewig, zumal die Kosten weiterlaufen, gerade im aktuellen Hochlauf des Urlaubsgeschäfts.
Condor-Chef Ralf Teckentrup sei aktuell sehr optimistisch, was die Nachfrage betrifft, heißt es im Umfeld der Airline. Nachdem die geplante Übernahme durch Attestor bekanntgemacht worden sei, hätten die Reiseveranstalter neues Vertrauen in das Unternehmen gefasst und für ihre Kunden viel Kapazität abgerufen.
Ausgelöst hat das Urteil der irische Billiganbieter Ryanair. Dessen Management hatte insgesamt 16 Klagen gegen staatliche Hilfen für Konkurrenten bei dem Luxemburger Gericht eingereicht. Auch gegen das Rettungspaket für Lufthansa läuft eine Klage.
Viele der Klagen wurden mittlerweile abgewiesen. Im Fall der niederländischen Fluggesellschaft KLM und der portugiesischen TAP urteilten die Richter aber analog zu Condor und beanstandeten die von der EU-Kommission angeführten Entscheidungsgründe. Die Behörde kann aber auch hier nachbessern.
Ein Punkt, bei dem die Richter im Fall Condor Klärungsbedarf sehen, ist die Frage der Kosten für das Insolvenzverfahren. Dieses musste nach der Absage der PGL verlängert werden. Die EU-Kommission habe nicht ausreichend erklärt, warum sie beim Berechnen des Schadens für Condor durch die Coronakrise den verlängerten Insolvenzzeitraum einbezogen hätte, erklärten die Richter.
Grundsätzlich hat die Kommission selbst festgelegt, dass nur Schäden mit Steuergeldern kompensiert werden dürfen, die unmittelbar durch die Pandemie verursacht wurden – also etwa ausgefallene Flüge. Zudem sei nicht dargelegt worden, warum der geplante Verkauf an PGL wegen der Pandemie gescheitert sei. In diesem Punkt dürften Nachbesserungen sicherlich leichtfallen.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×
Kommentare (1)