Während Lufthansa und Co. noch ihre Wunden lecken, arbeiten Gründer an neuen Fluggesellschaften. Der Druck auf die Ticketpreise dürfte steigen.
David Neeleman
Mit JetBlue hatte er bereits großen Erfolg, nun will Neeleman mit der neuen Fluggesellschaft Breeze bei den Kunden punkten.
Bild: Reuters
Frankfurt Am 26. März soll es endlich losgehen. Nachdem die Pandemie die Planungen von Green Airlines mehrfach durcheinandergewirbelt hat, will die neue deutsche Fluggesellschaft an diesem Tag auf der Verbindung von Paderborn nach Sylt ihren Betrieb starten.
Sie ist nicht das einzige Airline-Start-up in Deutschland. Am selben Tag legt Meer Express los und listet im „Flugplan zur Eröffnung“ Verbindungen vom Ruhrgebiet auf die Nordseeinseln Norderney und Juist auf. Ruhrgebiet – das ist in diesem Fall der kleine Flughafen Dinslaken/Schwarze Heide.
Es klingt verrückt: Während die Pandemie zur dritten Welle ansetzt und der Luftverkehr weiter am Boden liegt, wird in Europa emsig an der Gründung neuer Fluggesellschaften gearbeitet. Nicht nur in Nischen wie jenen, die sich Green Airlines und Meer Express ausgesucht haben, auch im Mittel- und Langstreckenbereich. Hier wollen gleich mehrere neue Anbieter künftig europäische Kunden in ihre Jets locken.
Die etablierten Airlines werden das emsige Treiben der Gründer genau beobachten. Eigentlich hoffen sie darauf, dass es nach der Pandemie zu einer Auslese in der Luftfahrt kommen wird und damit auch zu einer Entspannung beim Wettbewerb. Doch sollten die Pläne der Luftfahrtenthusiasten aufgehen, dürfte der Druck auf die Ticketpreise zumindest auf ausgewählten Strecken eher steigen.
„Der Markt bietet trotz der aktuellen Probleme Chancen für neue Anbieter“, sagt Christophe Mostert vom Luftfahrtberatungsunternehmen M2P.
„Das ist der Vorteil eines neuen Players: Er kann seine Kundengruppe sehr genau auswählen und eingrenzen und dafür genau die richtigen Flugzeuge kaufen oder mieten“, so Mostert und fügt hinzu: „Es gibt auch in Deutschland Lücken für solche neuen Airlines.“
Eine solche Lücke glauben die Macher hinter Green Airlines entdeckt zu haben. Wie der Name schon andeutet, will die neue Airline das Thema Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt der Strategie stellen. Mitgründer und CEO Stefan Auwetter war viele Jahre als Berater unterwegs und glaubt, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, beim Fliegen die Emissionen zu reduzieren oder auszugleichen – durch effizienten Einsatz der Ressourcen, aber auch Kompensationen an anderer Stelle.
Flughafen Sylt
Zwei neue Airlines fliegen die Insel jetzt an.
Bild: imago images/Blaulicht News
Green Airline besitzt keine eigene Flotte. Durchgeführt werden die Flüge von der französischen Chalair mit Turboprop-Flugzeugen. Im Sommer sollen Zürich, Karlsruhe und Berlin dazukommen, später dann weitere deutsche Städte. Auch Meer Express ist eine sogenannte virtuelle Fluggesellschaft, nutzt also andere Airlines für die Durchführung der Flüge.
Gleichwohl ist die Lust, sich in das Abenteuer Luftfahrt zu wagen, überraschend. Das Risiko, hier viel Geld zu verbrennen, ist groß. Richard Branson, der Gründer von Virgin Atlantic, soll das vor Jahren mit diesem Satz auf den Punkt gebracht haben: „Die einfachste Art Millionär zu werden, ist, als Milliardär anzufangen und eine Airline zu gründen.“
Die Pandemie hat die Situation verschärft. Seit einem Jahr können die Fluggesellschaften wegen der Reisebeschränkungen nur einen Bruchteil ihres normalen Flugplans bedienen. Viele Unternehmen werden mit Staatshilfen am Leben gehalten. Experten gehen davon aus, dass bei einem Neustart einige Airlines aufgeben müssen, weil sie das dafür notwendige Geld nicht mehr haben.
Gerade in diesem Ausleseprozess scheinen Luftfahrt-Enthusiasten aber nun eine Chance zu sehen, die frei werdenden Märkte zu besetzen. Dazu zählt etwa Erik Braathen, Gründer der norwegischen Flyr. Er will mit bis zu 30 Boeing 737 in Norwegen ab Sommer zunächst Inlandsstrecken bedienen. Später soll Flyr Norwegen mit dem Rest der Welt verbinden – als Billiganbieter.
Dass das Geschäftsmodell stark dem von Norwegian ähnelt, die sich gerade in einer existenzbedrohenden Krise befindet und nur noch Kurzstrecke fliegt, stört Erik Braathens nicht. Auch nicht, dass sein Bruder Per mit seiner Airline Braathens Regional Airlines im vergangenen Sommer wegen Covid-19 in ein Schutzschirmverfahren gehen musste.
Der Unternehmer setzt stark auf ein digitales Angebot, mit dem das Fliegen für den Kunden sehr einfach werden soll. Und er verspricht ein Geschäftsmodell, das nicht wie das der bisherigen Billigairlines darauf fußt, immer mehr Passagiere mit Kampfpreisen in die Jets zu locken. Flyr werde selektive Strecken bedienen und dabei die Mitarbeiter nach norwegischen Sozialstandards beschäftigen, heißt es auf der Website der Airline.
Auch Bjorn Kjos, der als Chef besagter Norwegian schon einmal scheiterte, will es noch einmal mit dem Billigmodell auf der Langstrecke versuchen. Gemeinsam mit anderen Unternehmern aus Norwegen hat er Norse Atlantic Airways gegründet und an der Börse Kapital eingesammelt.
Airline-Gründer Bjorn Kjos
Der frühere Chef der gescheiterten norwegischen Billig-Fluggesellschaft Norwegian (links im Bild) hat seinen Traum noch nicht aufgegeben und will mit einer neuen Airline starten.
Bild: Reuters
Das Geschäftsmodell: Mit Boeing 787 (Dreamliner) soll es ab Dezember über den Nordatlantik gehen zu Zielen wie New York oder Los Angeles. Starten will der Newcomer in Norwegen, später können andere Länder in Europa dazukommen.
Ähnlich klingen die Versprechen der isländischen Play. Hinter dieser Fluggesellschaft stehen Arnar Mar Magnussen, selbst Pilot und viele Jahre im Management der isländischen Wow Air, sowie Sveinn Ingi Steinporsson, ebenfalls ein ehemaliger Wow-Manager.
Noch sind die Informationen auf der Webseite von Play eher dünn. Aber noch im Sommer soll es losgehen. Geplant ist, mit sechs Jets 14 Ziele in Europa und den USA anzusteuern – auch hier im Low-Cost-Segment.
Damit ähnelt das Geschäftsmodell stark dem von Wow. Die Airline scheiterte damit schon vor Corona und musste im März 2019 den Betrieb einstellen. Doch wie ihre Kollegen von Flyr stören solche Rückschläge die beiden Unternehmer offensichtlich nicht.
Interessant für deutsche Fluggäste könnten in Zukunft die Pläne von David Neeleman werden, dem Gründer des erfolgreichen und etablierten US-Billiganbieters JetBlue, an dem eine Zeit lang Lufthansa beteiligt war. Mit Breeze Airways will es der Luftfahrt-Unternehmer nun noch einmal wissen.
Losgehen soll es in diesem Jahr. Wann genau, lässt die mit Informationen noch sehr sparsame Webseite von Breeze offen. Zunächst will Neeleman jene US-Routen abseits der großen Drehkreuze bedienen, die die großen Netzwerk-Airlines aus dem Angebot genommen haben. Da Breeze aber den langstreckentauglichen Airbus A220-300 auf der Bestellliste hat, erwarten Branchenexperten, dass die neue Airline früher oder später auch europäische Ziele ansteuern will.
Auch Neeleman setzt stark auf digitale Prozesse. So sollen etwa zeitaufwendige und nervtötende Anrufe bei Callcentern entfallen. Alles soll über eine App geregelt werden können.
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