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25.10.2022

15:43

Passagiermaschinen der Lufthansa auf dem Flughafen Frankfurt. dpa

Airline

Passagiermaschinen der Lufthansa auf dem Flughafen Frankfurt.

Luftfahrt

Was hat Großaktionär Kühne mit Lufthansa vor? Die Unsicherheit befeuert die Spekulationen

Von: Jens Koenen

Der Logistikunternehmer hat seine Anteile am MDax-Konzern aufgestockt. Kühnes Einfluss könnte sich beim geplanten Umbau der Kernmarke Lufthansa zeigen.

Frankfurt Deutschlands größte Fluggesellschaft Lufthansa steht vor einem Rätsel. Die entscheidende Frage wirft dabei ausgerechnet ein Großaktionär auf: Was hat Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne mit der Airline-Gruppe vor?

Der 85-Jährige hat gegenüber Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Chefkontrolleur Karl-Ludwig Kley deutlich gemacht, dass er einen Sitz im Aufsichtsrat und im Prüfungsausschuss will. Ansonsten hält sich der Unternehmer, der im September seine Anteile an Lufthansa auf 17,5 Prozent aufgestockt hat, bedeckt zu seinen Plänen.

„Keiner weiß so richtig, wie man mit der Situation umgehen soll“, beschreibt eine Führungskraft die Stimmungslage im Unternehmen. Die Unsicherheit befeuert die Spekulationen. Sogar eine komplette Übernahme der Lufthansa durch Kühne werde auf den Gängen diskutiert, ist in Belegschaftskreisen zu hören.

Dafür gibt es allerdings keine Anzeichen. Der Einfluss könnte sich aber beim geplanten Umbau der Kernmarke Lufthansa zeigen. Diese soll eigenständiger werden. Die Frage, wie künftig Führungsaufgaben zwischen Konzern und der Premium-Airline neu verteilt werden, könnte auch Kühne interessieren, wird in Führungskreisen gemutmaßt.

Der Umbau der Lufthansa German Airlines – so der offizielle Name der Kernmarke – ist eines der großen Projekte im Konzern. Bisher ist der Lufthansa-Flugbetrieb anders als etwa Swiss, AUA, Brussels Airlines oder Eurowings Teil des Mutterkonzerns. Künftig soll er wie die anderen Marken eigenständig agieren können. Zum 1. Januar kommenden Jahres soll das Vorhaben umgesetzt werden.

Der 85-Jährige wird kein stiller Aktionär sein. dpa

Klaus-Michael Kühne

Der 85-Jährige wird kein stiller Aktionär sein.

Das Personaltableau an der Spitze der dann neu ausgerichteten Airline steht schon. In Jens Ritter hat die Premium-Airline seit Anfang April einen eigenen CEO. Zeitgleich wurde Jörg Beißel Finanzchef von Lufthansa German Airlines. Seit Anfang September ergänzt Karl-Hermann Brandes als Chief Operating Officer das Führungsgremium.

Schon seit November 2020 verantwortet Astrid Neben die Personalthemen. Das Team soll Aufgaben übernehmen, die bisher von der Konzernzentrale gesteuert wurden. In der durch die Pandemie ausgelösten Krise sei es wichtig gewesen, Aufgaben wie das Cash-Management zu zentralisieren, um das Überleben der Gesellschaft zu sichern, heißt es in der Lufthansa-Zentrale in Frankfurt.

Doppelstrukturen dürften im Fokus stehen

Doch beim Neustart Anfang dieses Jahres, der wegen der großen Personalengpässe gründlich danebenging, wurde der Lufthansa-Führung bewusst, dass Zentralisierung auch Nachteile hat. Aufgaben sollen wieder zurück in die operativen Einheiten verlagert werden. Das betrifft Tarifverhandlungen, aber auch Themen wie die Betriebssteuerung, das Marketing oder die Produktentwicklung.

Die neue Struktur bringt eine Reihe von weiteren Fragen mit sich. Eine lautet: Wie werden die Aufgaben zwischen Airline-Führung und Konzernvorstand künftig verteilt? Zwar hat Kühne noch keinen Sitz im Aufsichtsrat, spätestens zur Hauptversammlung im kommenden Jahr soll aber sein Vertrauter Karl Gernandt, Executive Chairman der Kühne Holding AG, dort einziehen. In Führungskreisen von Lufthansa wird nicht ausgeschlossen, dass der Unternehmer schon vorher seine Ansichten über die künftige Struktur des Konzerns kundtun wird.

Kühne versteht viel von Logistik, aber mit einem Airline-Konzern hatte er bisher wenig zu tun. Zudem hat der Unternehmer bereits gesagt, sich nicht in das operative Geschäft einmischen zu wollen. Also werde er das tun, wovon er viel verstehe, wird in Lufthansa-Kreisen vermutet: Er werde sich das Organigramm des Konzerns vornehmen. Doppelstrukturen bei der Lufthansa Airline und auf Konzernebene dürften bei ihm auf wenig Verständnis stoßen.

Grafik

Genau die zeichnen sich aber mit dem Umbau ab. Zwar wird der Konzernvorstand weiterhin einen CEO brauchen. Auch Finanzvorstand Remco Steenbergen wird benötigt, ebenso Arbeitsdirektor Michael Niggemann, zumal der auch für rechtliche Themen etwa bei Übernahmen gefragt ist. Das bei Christina Foerster angesiedelte Thema Nachhaltigkeit dürfte mit Blick auf die EU-Klimapläne von zentraler Bedeutung bleiben.

Aber Foersters zweiter Bereich – die Marke – ist in der neuen dezentralen Struktur einer der Airlines und weniger des Mutterkonzerns. Auch die Zukunft des Ressorts „Global Markets und Network“, das derzeit Harry Hohmeister verantwortet, ist ab Januar zu hinterfragen. Offen ist zudem, ob es jemanden braucht, der die Themen Technologie und Flotte zentral steuert.

Kühne hat schon bei Hapag-Lloyd den Aufsichtsrat besetzt

Noch ist vieles Spekulation, doch in Unternehmenskreisen geht man davon aus, dass es in absehbarer Zeit Veränderungen im Vorstand geben wird. Gut möglich, dass Kühne und Gernandt sich die Pläne dann sehr genau anschauen.

Beide sind dafür bekannt, sehr auf die Effizienz und den wirtschaftlichen Erfolg von Beteiligungen zu achten. Strategisch braucht Kühne die Lufthansa für sein Kerngeschäft nicht. Zwar gibt es Berührungspunkte zwischen seinem Unternehmen Kühne + Nagel und der Lufthansa-Frachttochter Cargo. Die hat der Unternehmer in der Vergangenheit mehrfach betont.

Eine Zusammenführung von Kühne + Nagel mit LH Cargo – wie von einigen vermutet – gilt aber als unwahrscheinlich. Sie würde wohl auch kaum etwas bringen. Schon jetzt ist Kühne + Nagel ein großer Kunde von Lufthansa Cargo. Gleichzeitig nutzt man auch Wettbewerber, wenn die Konditionen dort besser sind. Sich fest an nur einen Partner binden, das ist nicht die Welt von Kühne, der auf jeden Cent achtet.

Eins weiß man jedoch im Lufthansa Aviation Center, der Konzernzentrale am Frankfurter Flughafen: Der 85-Jährige wird kein stiller Aktionär sein. Das lehrt der Rückblick auf sein Wirken etwa beim Logistikunternehmen Hapag-Lloyd, wo er rund 30 Prozent der Anteile hält. Dort sorgte er 2012 maßgeblich dafür, dass Jürgen Weber, der langjährige Lufthansa-Chef und Aufsichtsratsvorsitzende des Airline-Konzerns, die Aufgabe als Chefkontrolleur übernahm.

Bei Lufthansa muss die Frage, wer den Aufsichtsrat künftig führen wird, spätestens auf der kommenden Hauptversammlung geklärt sein. Dann läuft der Vertrag Kleys aus. Es gibt zwar Anzeichen, dass der 71-Jährige noch einmal verlängern will. Doch hat sich Kley noch nicht geäußert, ob er tatsächlich in die Verlängerung gehen will. Ohne die Zustimmung von Kühne und Gernandt wird er kaum an der Spitze des Aufsichtsrats bleiben können.

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