Die Macht der Discounter im Modemarkt wächst. Jetzt setzen immer mehr Händler auf höherpreisige Marken, um sich gegen die Billig-Anbieter zu wehren.
Primark-Filiale
Die Billig-Modekette macht den etablierten Händlern das Leben schwer. Die weichen auf höherpreisige Mode aus.
Bild: dpa
Düsseldorf Es ist eine Kampfansage an den Modehandel: Mitten in Bonn hat Primark direkt gegenüber dem Hauptbahnhof seine neue Filiale eröffnet, die 30. in Deutschland. „Wir freuen uns, den Menschen in Bonn und Umgebung aktuelle Mode zu Top-Preisen anbieten zu können“, wirbt Deutschlandchef Wolfgang Krogmann für sein Haus, das zum Beispiel Sweatshirts mit Kapuze zu Tiefpreisen von zehn Euro verkauft.
Billigmodeketten wie die irische Primark greifen mit ihrer Expansionspolitik die klassischen Modehäuser an. Für Unternehmen wie Peek & Cloppenburg in Düsseldorf oder Breuninger in Stuttgart heißt das: noch mehr Premium- oder Luxusmarken zu verkaufen. Aber auch das ist kein Allheilmittel gegen die Konkurrenten. Denn gleichzeitig baut auch Deutschlands größtes Online-Modehaus Zalando sein Angebot mit teuren Marken aus.
„Die Premium-Kategorie ist für unseren Konzern ein strategischer Wachstumshebel“, sagt Lena-Sophie Röper, Chefin der Sparte Premium-Marken bei Zalando. Das Online-Modehaus hat das Geschäft mit Marken wie Closed, Just Cavalli, Michael Kohrs oder Hugo „in den vergangenen beiden Jahren verdoppelt“, sagte Röper dem Handelsblatt.
Und bis Januar kommen noch einmal fast zwei Dutzend hochpreisige Marken hinzu. Das reicht von Marc Cain über Vivienne Westwood und Moschino Couture bis zu Versace Jeans Couture. Zalando baut so sein Angebot von derzeit schon 240 Premiummarken in den nächsten Monaten weiter aus.
Zalando reagiert damit auch auf die Expansion des US-Riesen Amazon. „Amazon erobert immer mehr Marktanteile in der mittleren Preislage des Modemarktes“, beobachtet Javier Seara, Modeexperte der Boston Consulting Group (BCG). „Deshalb werden andere Anbieter verstärkt hochwertigere Marken anbieten, für die Amazon noch keine attraktive Plattform ist“, so Seara.
Die neue Konkurrenz zwingt auch die großen etablierten Unternehmen wie Peek & Cloppenburg dazu, sich stärker mit Premiummarken zu profilieren. „Wir haben den Umsatzanteil der Marken, die wir zu Premium zählen, in den vergangenen Jahren auf annähernd 50 Prozent erhöht“, sagte John Cloppenburg von der Inhaberfamilie dem Handelsblatt.
„Wir haben in den vergangenen drei Jahren verstärkt in neue Premiummarken investiert. Dadurch haben wir anspruchsvolle, junge Kunden hinzu gewonnen.“ Dazu zählt er Marken wie Closed, Zadig & Voltaire, The Kooples oder Versace Jeans Couture. Außerdem will Cloppenburg künftig noch mehr hochwertige Sneakers verkaufen.
Der Düsseldorfer Textilfilialist muss sich nicht nur gegen die wachsende Marktmacht von Zalando wehren. Er versucht auch wie andere stationäre Händler, den Frequenzrückgang in seinen Modehäusern auszugleichen. Denn die Innenstädte haben laut BCG in den vergangenen fünf Jahren rund 20 Prozent Ihrer Kunden verloren.
Wenn weniger Kunden in seine Häuser kommen, muss P&C versuchen, jedem einzelnen von ihnen Höherwertigeres zu verkaufen. Das ist vor allem für die großen sogenannten Weltstadthäuser in Frankfurt, Stuttgart und Berlin wichtig, die unter dem Kundenrückgang besonders leiden. Da denkt P&C sogar darüber nach, Verkaufsflächen zu verkleinern.
Aber auch Zalando kämpft gegen sinkende Umsätze pro Kunde. So ist der durchschnittliche Einkauf in den vergangenen zwei Jahren von 64,50 auf 56,40 Euro gesunken. Wenn pro Paket, das Zalando verschickt, weniger verkauft wird, drückt das die Marge.
Modehäuser wie Zalando oder P&C dürfen aber ihre Premium-Strategie nicht überziehen. Beide wollen den Normalverdiener nicht verlieren. Auch deshalb führt P&C Eigenmarken wie Montego. Aber: „Wettbewerb in den Einstiegspreislagen mit Anbietern wie zum Beispiel Primark erwartet unser Kunde gar nicht von uns“, macht Cloppenburg klar, der in der Geschäftsführung für den Einkauf der Premiummarken, den E-Commerce und die fünf Weltstadthäuser verantwortlich ist.
Beim Wettbewerber Breuninger aus Stuttgart geht der Blick längst weit über den Premiummarkt hinaus. „Der Anteil des Luxusgeschäfts mit Marken wie Gucci, Bottega Veneta oder zum Beispiel Balenciaga ist bei uns schon hoch“, versicherte Breuninger-Chef Holger Blecker vor kurzem in seinem ersten Interview im Handelsblatt. „Aber er wird sicherlich weiterwachsen.“ Darüber hinaus will er auch „das Premiumsegment ausbauen“.
Die Strategie, immer mehr teurere Marken zu verkaufen, dürfte aber alleine nicht reichen, um sich gegen die Macht der Discounter und Online-Plattformen durchzusetzen. „Die großen Modehändler haben den Kampf um die große Auswahl und den bequemen Einkauf an die Online-Plattformen verloren“, lautet die nüchterne Bilanz von BCG-Experte Seara. Deshalb müssten „sie sich heute mit besonderen Marken in einer exklusiven Auswahl, mit besserem Service und neuen Verkaufsformaten profilieren“.
Das sieht auch John Cloppenburg so. Er will nicht nur den Beratungsservice in seinen Häusern verbessern und steckt deshalb Geld in die Schulung seiner Verkäufer. Ihn ärgert es auch, wenn bei etablierten Modemarken die Qualität nachlässt. „Wir versuchen auch, Einfluss auf die Qualität der Markenprodukte zu nehmen, wenn aus unserer Sicht das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht mehr stimmt.“ Da gibt es dann schon mal intensive Gespräche mit den Modemarken.
Das ist wichtig für P&C, weil selbst Ketten wie C&A versuchen, immer stärker in das gehobenere Preissegment vorzudringen. So will der Düsseldorfer Konzern zwar „auch zukünftig Best-Deal-Angebote für das untere Preissegment führen“, wie ein C&A-Sprecher versichert. „Wir wollen aber auch unsere Premium-Marken wie Yessica Premium (Damen) und Westbury Premium (Herren) weiter ausbauen“. Das heißt: Auch der neue CEO des Düsseldorfer Unternehmens, Edward Brenninkmeijer, will vom Trend zur Premium-Mode profitieren.
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