Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

07.03.2023

14:52

Modehandel

Nach Gewinneinbruch: Zalando verspricht Anlegern Fokus auf Profitabilität

Von: Nadine Schimroszik, Anja Müller

Nach Jahren des starken Umsatzwachstums will sich das Modeportal nun auf Profitabilität konzentrieren. Dabei soll auch der Stellenabbau helfen.

Die Zeiten von zweistelligen Umsatzzuwächsen für Europas größtes Modeportal sind vorbei. dpa

Zalando kämpft mit schwachen Wachstumszahlen

Die Zeiten von zweistelligen Umsatzzuwächsen für Europas größtes Modeportal sind vorbei.

Berlin, Düsseldorf Zalando stellt die Weichen neu. Nach Jahren, in denen es vor allem um das Wachstum ging, will sich Europas größtes Modeportal nun auf die Profitabilität konzentrieren. Nachdem der Betriebsgewinn 2022 eingebrochen ist und der Umsatz im laufenden Jahr sogar zurückgehen könnte, soll der Ertrag mindestens um 50 Prozent zulegen, erklärte der Dax-Konzern am Dienstag bei der Präsentation der Jahresbilanz.

Diese Fokussierung kam bei Aktionären zunächst gut an. Das Zalando-Papier stiegt zum Handelsstart um fünf Prozent auf mehr als 41 Euro, gab die Gewinne im Handelsverlauf aber wieder ab.

Analysten sehen den Schritt dennoch positiv. Es gehe nicht mehr um Wachstum um jeden Preis, sagt Elias Halbig von Union Investment: „Das begrüßen wir sehr.“ Die Geschäftszahlen zeigten, dass sich Zalando in einer guten Ausgangslage befinde, um weiterhin Marktanteile zu gewinnen.

Konsumflaute bringt Gegenwind

Dabei kämpft Zalando ähnlich wie die Konkurrenten About You, Asos und Boohoo nach der Pandemie mit deutlichem Gegenwind. Während viele Europäer noch während der Lockdowns gern und häufig online Mode einkauften, besuchen sie inzwischen wieder den stationären Einzelhandel. Allerdings nicht in dem Ausmaß wie vor der Coronakrise: Mit Blick auf die hohe Inflation und die Wirtschaftsschwäche vermeiden viele Verbraucher verzichtbare Einkäufe, was vor allem auch Mode trifft.

2022 hielt Zalando den Umsatz geradeso noch stabil bei 10,3 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr könnten die Erlöse sogar um ein Prozent zurückgehen, aber auch um bis zu vier Prozent zulegen. 2021 war Zalando mit dem Rückenwind der Pandemie noch auf ein Plus von fast 30 Prozent gekommen.

Grafik

„Es war ein hartes Jahr für uns alle“, sagte Firmenmitgründer und Co-Chef Robert Gentz am Dienstagmorgen. Zalando will die schwierige Situation nutzen, um sich breiter aufzustellen. Möglichkeiten sieht Gentz vor allem in den Logistik-Dienstleistungen.

Inzwischen können Unternehmen die Zalando-Infrastruktur mit Warenhäusern und Versand gegen Gebühr mitnutzen. Dieses Geschäft, mit dem Amazon groß geworden ist, verspricht eine höhere Auslastung. Das sei eine Möglichkeit, um die Margen wieder zu erhöhen, sagt Finanzchefin Sandra Dembeck – neben den Mindestbestellwerten, einem effizienten Einkauf und der Zusammenführung von Bestellungen.

Die Zalando-Finanzchefin sucht nach Wegen, die Margen zu erhöhen. Zalando SE

Sandra Dembeck

Die Zalando-Finanzchefin sucht nach Wegen, die Margen zu erhöhen.

Auf längere Sicht dürfte auch der Stellenabbau Kosten sparen. Zalando hatte im Februar angekündigt, Hunderte Stellen abzubauen, um das Unternehmen wieder wendiger zu machen. Ende des Jahres zählte Zalando 17.000 Mitarbeiter. Es ist der erste größere Personalabbau seit der Firmengründung.

Gentz wollte dazu am Dienstag nicht mehr sagen. Erst einmal müssten die Gespräche mit dem Betriebsrat beendet werden. Intern bleibt damit unklar, welche Abteilungen besonders betroffen sind, was für Unruhe sorgt. Allein 2021 hatte Zalando rund 3000 Menschen eingestellt.

Zalando verschiebt Mittelfrist-Ziele

Ursprünglich wollte Zalando bis 2025 den in der Branche viel beachteten Bruttowarenwert (GMV) auf 30 Milliarden Euro steigern. Mittelfristig nimmt Gentz davon erst einmal Abstand, will diese Zahl aber auf lange Sicht weiter anpeilen, erklärte er am Dienstag auf Nachfrage. Denn man sehe „weiterhin massives Potenzial“.

Das bestätigt auch HDE-Präsident Alexander von Preen: „Der Onlinehandel bleibt der Wachstumstreiber für die gesamte Branche.“ Und sein Kollege vom Handelsverband Textil Schuhe Lederwaren (BTE), Axel Augustin, urteilt, die rückläufige Zahl an Läden im Einzelhandel komme dem E-Commerce wohl langfristig zugute.

Grafik

Denn die Zahl der schlechten Nachrichten reißt gerade nicht ab. Am vergangenen Freitag hatte die Modehauskette Peek & Cloppenburg bekannt gegeben, ein Schutzschirmverfahren für eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt zu haben. Damit ist neben dem Warenhauskonzern Galeria ein weiteres vor allem stationäres Unternehmen in Schwierigkeiten. Zudem geraten derzeit auch weniger profitable Onlinehändler in Bedrängnis.

Zalando peilt langfristig zehn Prozent des gesamten europäischen Modehandels von 450 Milliarden Euro als Zielmarke an. Allerdings nennt das Management dafür keinen konkreten Zeitraum. Analyst Jürgen Kolb von Kepler Cheuvreux urteilt, dass es sinnvoll sei, vorsichtiger auf das Wachstum, aber etwas optimistischer auf den Gewinn zu schauen: „Damit bleibt auch das Ziel, 2025 eine Ebit-Marge am oberen Ende des drei- bis sechsprozentigen Zielkorridors zu erreichen, möglich.“

Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) betrug im vergangenen Jahr 185 Millionen Euro – und lag damit deutlich unter dem Vorjahreswert von 468 Millionen Euro. Unter dem Strich kam Zalando nur noch auf knapp 17 Millionen Euro nach 234,5 Millionen im Vorjahr. Im laufenden Jahr soll es dann für ein Betriebsergebnis zwischen 280 und 350 Millionen Euro reichen.

Grafik

Dieser Ausblick sei überraschend positiv, sagte Stifel-Analyst Ben Kohnke. Zudem will sich Zalando bis 2025 dem oberen Ende des Margenziels von drei bis sechs Prozent nähern und langfristig zweistellige Margen erreichen. Die Bestätigung dieses Ziels komme bei Anlegern gut an, hieß es bei den Analysten der Deutschen Bank. Der Analyst der Baader Bank, Volker Bosse, hält den Zielkorridor darüber hinaus für „realistisch“.

Planungen zum neuen Gebührenmodell verärgern Händler

Zalando erzielte im vergangenen Jahr mit seinen mehr als 51 Millionen Kunden einen Bruttowarenwert von 14,8 Milliarden Euro, was einem Wachstum von drei Prozent entsprach. Für das laufende Jahr rechnet der Dax-Konzern damit, dass der Wert um ein bis sieben Prozent steigt. Das soll vor allem über den Ausbau der Plattform geschehen. Das sei aus geschäftlicher Sicht richtig, sagt E-Commerce-Experte Stefan Wenzel. Mithilfe der Partner könne Zalando ohne eigenes Bestandsrisiko Umsatz generieren und Abschreibungen würden nicht die eigene Brutto-Marge belasten.

Doch noch ist unklar, wie die Zusammenarbeit mit den rund 1600 Markenpartnern und den 7300 stationären Händlern künftig laufen wird. Sie alle verkaufen Kleidungsstücke über die Plattform. Nun hat Zalando aber neue Gebührenmodelle angekündigt. Auch hier ist Profitabilität das übergeordnete Ziel.

Grafik

In der Pandemie waren viele stationäre Händler auf die Plattform gekommen, weil ihre Läden geschlossen waren. Zalando positionierte sich damals als Helfer des Handels, etwa für die Bekleidungskette C&A. Auch Peek & Cloppenburg testete das, stieg aber Ende 2022 wieder aus, wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilte.

Inzwischen überlegen auch kleinere Händler, wie viel sie noch über die Plattform verkaufen, heißt es aus Branchenkreisen. Die Gebühren würden so angepasst, dass es für Einzelhändler unattraktiv sei, künftig ihre Bestseller über die Plattform zu verkaufen. Zalando teilte auf Anfrage mit: „Wir sind uns der Herausforderungen bewusst, die diese Änderungen für einen Teil unserer Partner*innen mit sich bringen wird.“

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×