Corona und Schweinepest haben dem Marktführer zugesetzt. Durch das Ende der Werkverträge steigen die Kosten. Tönnies investiert dennoch verstärkt in Nachhaltigkeit.
Zerlegung bei Tönnies
Seit Januar 2021 sind Werkverträge in der Schlachtung und Zerlegung verboten. Tönnies rekrutiert nun verstärkt selbst Mitarbeiter in Südosteuropa.
Bild: dpa
Düsseldorf Ausgerechnet im 50. Jubiläumsjahr hat Deutschlands größter Fleischkonzern Tönnies deutliche Einbußen erlitten. Der Umsatz des Familienunternehmens sank 2021 um zwölf Prozent auf rund 6,2 Milliarden Euro, wie das Handelsblatt vorab erfuhr. Die Hälfte davon erwirtschaftete die Gruppe im Ausland.
Bereits 2020 waren die Erlöse gesunken. Allerdings nur leicht um drei Prozent, obwohl das Stammwerk in Rheda wegen eines Coronaausbruchs für rund vier Wochen zwangsgeschlossen war.
„Das Jahr 2021 war für uns nicht zufriedenstellend“, konstatiert Clemens Tönnies, geschäftsführender Gesellschafter der Gruppe. Die ganze Fleischbranche kämpfte hierzulande mit Umsatzeinbrüchen. Als Ursache sieht Tönnies die niedrigen Erzeugerpreise und stark gesunkenen Tierzahlen. Inzwischen konnte die Branche höhere Preise im Handel durchsetzen.
Viele Monate waren die Schweinepreise extrem niedrig. Denn seit dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland ist der lukrative Export nach Asien weggebrochen. Damit fehlt für Schnäuzchen oder Pfötchen ein wichtiger Absatzmarkt zur ganzheitlichen Vermarktung der Tiere. Die Folge: „Immer mehr Schweineerzeuger steigen aus dem verlustbringenden und perspektivlosen Geschäft aus“, berichtet Klaus Martin Fischer, Branchenexperte der Beratung Ebner Stolz.
Den auf Masse ausgelegten Schlachtkonzernen fehle die Auslastung. „Wir sind extrem unter Wasser, in tiefroten Zahlen – und zwar nicht Tönnies allein, sondern die gesamte Schlacht- und Zerlegebranche“, sagte Tönnies 2021 in einer ARD-Sendung. Zu konkreten Gewinnen oder Verlusten äußert sich das Familienunternehmen traditionell nicht.
Wettbewerber Westfleisch machte 2021 einen Verlust von zwölf Millionen Euro, der Umsatz sank um gut neun Prozent auf 2,56 Milliarden Euro. Trotz des schwierigen Jahres konnte Tönnies nach eigenen Angaben dennoch Marktanteile hinzugewinnen.
Seit 2021 sind auch Werkverträge in der Fleischbranche verboten. Ein Kraftakt für Unternehmen wie Tönnies. „Wir weinen dem Werkvertrag aber keine Träne nach. Als Branche haben wir zu lange daran festgehalten. Das war sicherlich ein Fehler“, räumt Tönnies ein. Die Subunternehmer standen wegen der prekären Situation vieler Werkverträgler aus Osteuropa in der Kritik.
Tönnies nutzt seine ehemaligen Dienstleister nur noch bei der Vermittlung von Arbeitskräften. „Wir wollen das hinter uns lassen und auf eigene Beine stellen“, sagt Martin Bocklage, Geschäftsführer Personal.
Das Unternehmen hat nun eigene Vermittlungsbüros in Serbien und Polen aufgebaut, weitere etwa in Rumänien folgen. Zuletzt wurde der Konzern kritisiert, weil ukrainischen Flüchtlingen direkt an der Grenze Arbeit und Logis angeboten worden war. Die Anwerbungen wurden daraufhin eingestellt.
>> Lesen Sie auch: Clemens Tönnies bricht mit Putin: „Habe mich in ihm getäuscht“
Trotz der schwierigen Marktlage hat Tönnies 2021 einen dreistelligen Millionenbetrag in Nachhaltigkeit und Automatisierung investiert. „Effizienz und Nachhaltigkeit stehen in keinem Widerspruch“, sagt Gereon Schulze Althoff, Leiter Qualitätsmanagement und Nachhaltigkeit. So stammten heute rund 50 Prozent aller Schlachttiere aus Haltungsformen, die über gesetzlichen Normen liegen.
Mit der Umweltorganisation WWF arbeitet Tönnies an einer entwaldungsfreien Lieferkette für Sojafutter. Erdölbasierte Verpackungen wurden um rund 35 Prozent reduziert. Die Sparten Bio und pflanzlicher Fleischersatz wachsen zudem stark.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×