Emmanuel Macron auf der Euronaval in Le Bourget
Fincantieri hatte noch unter Macrons Vorgänger François Hollande den Kauf der französischen Werft STX in Saint-Nazaire vereinbart. Macron stoppte das 2017 mit brachialer Gewalt.
Bild: Reuters
Die Naval Group und Fincantieri wollen eine Allianz nach dem Vorbild von Renault-Nissan gründen. Doch der große Wurf ist das Joint Venture nicht.
Paris Frankreichs Marinewerft Naval Group und die italienische Fincantieri verstärken ihre Zusammenarbeit. Am Mittwoch gaben die beiden Chefs Hervé Guillou und Guiseppe Bono die Gründung eines Joint Ventures bekannt. Es soll gemeinsame Angebote erstellen, den Einkauf zusammenführen, Forschung und Entwicklung verbinden und gute industrielle Praktiken verstärken.
Der Traum von einem Airbus der Meere, einem weitgehenden Zusammenschluss der Marinewerften, bleibt aber vorerst eine Wunschvorstellung: Es wird keine gegenseitige Kapitalbeteiligung geben.
Fincantieri-CEO Guiseppe Bono sprach von der ersten Etappe einer langen Arbeit. Er äußerte sich kritisch zur Haltung der Politik, sprach sogar von einer „Blockadesituation“. Es sei weder organisatorisch noch politisch einfach: „Wir haben es mit zwei Regierungen zu tun, die sich annähern müssen.“
Gerade die erste Etappe sei ausgesprochen wichtig, da man sowohl Forschung und Entwicklung als auch Beschaffung und gemeinsame Angebote zusammenlege.
Naval-Group-Chef Guillou sagte auf die Frage, warum die noch vor wenigen Monaten geplante gegenseitige Beteiligung nun doch nicht komme: „Wir sagen in Frankreich: Jedes Ding zu seiner Zeit.“
Mit dem ersten Schritt lege man die industrielle Basis für die Annäherung. In naher Zukunft werde ein Vertrag zwischen den beiden Regierungen hinzukommen, „und dann wird es eine Diskussion zwischen den Regierungen und den Aktionären über die folgende Phase geben“. Beide Unternehmen hätten das Projekt einer Kapitalbeteiligung nicht aufgegeben.
Noch Ende vergangenen Jahres hatte Guillou erwartet, dass die Überkreuzbeteiligung zustande kommt. Er hält einen solchen europäischen Zusammenschluss für notwendig: „Die Europäer sind heute noch stärker zersplittert als früher“, sagte er dem Handelsblatt. „Aber es sind viele Konkurrenten, etwa aus Asien oder der Türkei, dazugekommen.“ Mit „erschreckendem Tempo“ habe sich das Wettbewerbsumfeld verändert.
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Doch bisher reicht die Kraft der Europäer wieder einmal nicht zum großen Wurf. Das hat aktuelle Gründe: Die Beziehungen zwischen Rom und Paris sind derzeit so schlecht wie lange nicht.
Italiens Innenminister Matteo Salvini lässt kaum eine Gelegenheit verstreichen, Frankreichs als hochnäsig empfundenen Präsidenten Emmanuel Macron zu kritisieren oder zu verspotten. An der Grenze bei Ventimiglia, wo es früher eine reibungslose Kooperation gab, stehen sich mittlerweile die Polizeikräfte beider Länder fast schon feindlich gegenüber.
Hinzu kommt: Industriell kann Fincantieri kaum mit Naval Group mithalten. Die ist über wie unter Wasser ein Schwergewicht, bietet die ganze Palette von Patrouillenbooten bis zu großen atomgetriebenen U-Booten an, die das Rückgrat der französischen Nuklearstreitkräfte bilden. Fincantieri ist dagegen eher bei Kreuzfahrtschiffen ein großer Spieler.
Angesichts der heiklen Ausgangsbedingungen haben Guillou und Bono einiges zustande gebracht. Das Joint Venture soll immerhin zu einer gemeinsamen Forschung und zur Annäherung der Produktion führen, um im härter werdenden internationalen Wettbewerb besser zu bestehen. Mit einem Logistikschiff für die Marine gebe es auch ein erstes gemeinsames Projekt, sagen die beiden Unternehmen. „Das Vorbild ist die Allianz von Nissan und Renault“, sagten französische Industriekreise. „Das JV bleibt für andere mögliche Partner offen“, fügen sie hinzu.
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In Deutschland wird man das gerne hören. Denn sollte aus dem bescheidenen Start des französisch-italienischen Gemeinschaftsunternehmens mit den Jahren ein Erfolg werden, der sich auch nur entfernt mit dem großen Vorbild Renault-Nissan messen kann, hätten die deutschen Marinewerften das Nachsehen. 2007 hätte TKMS fast mit dem Naval-Group-Vorläufer DCNS fusioniert.
Heute dagegen fällt es den Deutschen in manchen Kategorien schwer mitzuhalten. Naval Group hatte 2016 einen milliardenschweren Auftrag für die australische U-Boot-Flotte im Wettbewerb mit der deutschen TKMS errungen, weil die deutsche Seite über keine gleichwertigen Erfahrungen beim Bau großer U-Boote verfügt.
Kooperationen oder gar Fusionen im militärischen Sektor sind schwer zu verwirklichen, weil es nicht nur um Arbeitsplätze geht, sondern immer auch strategische Interessen berührt sind.
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