PremiumAuf den langjährigen Lufthansa-Manager wartet bei der Ferienfluggesellschaft viel Arbeit. Branchenkenner glauben, dass der Manager dafür der Richtige ist.
Peter Gerber
Der CEO verlässt Brussels Airlines mit sofortiger Wirkung.
Bild: imago images/Belga
Frankfurt Wochenlang wurde die Personalie vorbereitet, doch am Ende kam doch Hektik auf. Das Branchenportal „Aerotelegraph“ preschte am Dienstag mit der Information vor, dass Peter Gerber von der Lufthansa-Tochter Brussels Airlines zur Ferienfluggesellschaft Condor wechselt.
Kurz darauf folgte die Bestätigung der Unternehmen: Gerber legt mit sofortiger Wirkung sein Amt bei Brussels nieder und folgt bei Condor auf den langjährigen Chef Ralf Teckentrup, dessen Vertrag Ende des Jahres ausläuft. Mit Gerber übernimmt erneut ein Lufthansa-Manager die Führung bei dem deutlich kleineren Ferienflieger. Auch Teckentrup kam einst von Europas größter Airlinegruppe.
Condor und Lufthansa – das ist die Geschichte einer langen und nicht immer einfachen Beziehung. Einst gehörte der Ferienflieger zu dem Luftfahrtkonzern, mittlerweile streiten beide um die gleiche Kundschaft.
Lufthansa macht Condor mit der noch recht jungen Plattform Eurowings Discover direkt Konkurrenz. Es sind vor allem die Privatreisenden, die die Erholung der Branche nach der Pandemie treiben. Mit Eurowings Discover will sich die Lufthansa-Führung ein Stück dieses Marktes sichern – teilweise auf den Strecken, die Condor schon seit Jahren bedient.
Seit Monaten schwelt ein Streit um die Zubringerflüge für diese Verbindungen, sogar die Kartellwächter hat Condor-Chef Teckentrup eingeschaltet. Künftig muss nun Gerber diesen Kampf gegen seinen früheren Arbeitgeber weiterführen. Vielleicht bricht mit ihm aber auch eine neue Zeit der Entspannung und Zusammenarbeit beider Unternehmen an.
Noch jedenfalls hat er Zeit, sich auf diese neue Aufgabe vorzubereiten. Der 58-Jährige übernimmt bei Condor erst im Februar kommenden Jahres. In den Managerverträgen der Lufthansa gibt es eine Wettbewerbsklausel, die den direkten Wechsel zu einem Rivalen für zwölf Monate untersagt.
Condor und Lufthansa
Gerber geht zur konkurrierenden Fluggesellschaft Condor, der die Lufthansa Kunden im Billigfliegersegment streitig machen will.
Bild: imago images/Jan Huebner
Lufthansa hat Gerber deshalb mit sofortiger Wirkung von seinem Amt entbunden. Kommissarisch wird nun Vorständin Christina Foerster die Führung bei Brussels übernehmen, bis die Nachfolge geregelt ist. Foerster war bereits früher in operativer Verantwortung bei der Airline aktiv. Ab 2016 war sie zunächst als Chief Commercial Officer tätig, von 2018 bis 2020 als CEO.
Inwieweit sich Gerber bis zu seinem Amtsantritt wegen dieser Wettbewerbsklausel schon mit Condor befassen darf, ist schwer zu sagen. Auch ist nicht völlig ausgeschlossen, dass Lufthansa die Sperrfrist verkürzt.
Einfach wird der neue Job für den leidenschaftlichen Schachspieler jedenfalls nicht. Er beerbt einen CEO, der Condor stark geprägt hat. Teckentrup führte die Fluglinie durch mehrere Krisen – zunächst kam die Pleite des früheren Mutterkonzerns Thomas Cook, dann der geplatzte Verkauf an die polnische Muttergesellschaft der Airline Lot, und schließlich waren auch noch die Folgen der Pandemie, als der Luftverkehr am Boden lag, zu bewältigen.
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Erst mit der Übernahme durch den Finanzinvestor Attestor kehrte bei Condor wieder etwas Sicherheit ein. Nun meldet sich aber die Belegschaft nach den vielen Entbehrungen der vergangenen Jahre mit Wünschen nach besseren Konditionen zurück.
Auch sind Arbeitnehmervertreter besorgt, weil der Eigentümer Attestor kürzlich mit Marabu in Estland eine neue Ferienflug-Airline gegründet hat. Die Pilotenvertretung Vereinigung Cockpit fürchtet, dass diese Gesellschaft dazu genutzt werden könnte, deutsche Arbeitsbedingungen und Tarifverträge zu umgehen.
Zudem hat die Airline mit der Modernisierung der kompletten Flotte begonnen. Das ist ein enormer Kraftakt. Es müssen die Flugzeuge in die Flotte und den Flugbetrieb integriert, Piloten geschult und die Wartung der Jets aufgesetzt werden.
Doch in der Branche ist man sich einig: Gerber bringt dafür das nötige Rüstzeug mit. Er sei der Richtige für diesen Job, ist ein Lufthansa-Insider überzeugt. Gerber begann seine Karriere im Konzern 1992. In seiner Funktion als Personalvorstand in der Passage – so wurde die für das Passagiergeschäft zuständige Sparte damals genannt – führte er 2012 äußerst schwierige Tarifgespräche mit der Gewerkschaft für das Kabinenpersonal.
Später übernahm er das Ressort Finanzen und Personal bei der Frachttochter Lufthansa Cargo, im Mai 2014 wurde er dort CEO. Dann ging es 2021 nach Brüssel. Bei Condor setzt man auf genau diese Erfahrungen. „Peter Gerber übernimmt die große Aufgabe, die Transformation von Condor weiter voranzutreiben“, sagte Aufsichtsratschef Friedrich Andreae am Dienstag.
Auf seinen Stationen hat sich der Manager mit einer Eigenschaft einen Namen gemacht. „Er ist jemand, der sich selbst eher zurücknimmt, immer freundlich ist und zuhören kann. Er weiß aber sehr genau, was er will, und versteht das dann auch durchzusetzen“, sagt eine Lufthansa-Führungskraft, die anonym bleiben will.
Dass Gerber nun zu Condor geht, wird in Lufthansa-Kreisen auch damit erklärt, dass er mit seiner Aufgabe bei Brussels unzufrieden gewesen sei. Der Erfolg von Lufthansa Cargo sei auch sein Verdienst, heißt es. Gerber habe sich mit Blick auf seine Karriere im Konzern vielleicht mehr versprochen, mutmaßen Unternehmenskenner. Von Gerber selbst gibt es keine entsprechenden Aussagen.
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