Während sich Amazon oder Edeka schwertun, gibt Rewe im Onlinehandel mit Lebensmitteln Gas. Die Abholstationen bei Händlern werden deutlich ausgebaut.
Rewe-Lieferdienst
Mehr als 130 Rewe-Kaufleute liefern auch selber aus – in Ergänzung zum zentralen Lieferdienst der Genossenschaft.
Bild: Rewe
Düsseldorf Mit einem Tempo von dreieinhalb Metern pro Sekunde schießen die grauen Kunststoffkisten über die Rollenbahnen zwischen den 20 Meter hohen Regalen. Im Lift beschleunigen sie noch mal auf fünf Meter pro Sekunde. Computergesteuert bringen die Kisten Gurkengläser, Cornflakes-Packungen und Senftuben zu einem Mitarbeiter, der die benötigten Mengen aus den Kisten nimmt und in eine Papiertüte packt.
60 bis 70 verschiedene Algorithmen organisieren die Lagerorte und die Transportwege durch das Lager, damit ein Warenkorb in Minutenschnelle zusammengestellt werden kann. In einer roten Kiste macht sich die fertige Bestellung auf den Weg zum Lkw, der die Waren an den Kunden ausliefert. Kurz vor der Abfahrt steuert der Computer aus anderen Hallen die gekühlten und die tiefgekühlten Produkte dazu.
Mit dem weitegehend automatisierten Lager „Scarlet One“ im Gewerbegebiet von Köln-Niehl will Rewe im Lieferdienst mit frischen Lebensmitteln endlich den Durchbruch schaffen. Das technologisch hochgerüstete Auslieferungscenter, das modernste seiner Art in Deutschland, soll die Lieferung nicht nur schneller und effizienter machen. Es soll dazu beitragen, dass der Onlinehandel mit Lebensmitteln endlich auch profitabel wird.
Bisher tun sich alle Anbieter im E-Commerce mit Lebensmitteln schwer. Selbst Amazon, das mit seinem vor gut zwei Jahren gestarteten Dienst Amazon Fresh die deutschen Supermärkte das Fürchten lehren wollte, tritt auf der Stelle. Ausgeliefert wird weiterhin nur in Berlin, München und Hamburg.
Und viele deutsche Händler zögern. „Uns läuft da nichts weg“, ist das Mantra von Klaus Gehrig, dem Chef von Deutschlands größtem Händler, der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland). Wenn sich irgendwann mal zeige, dass das Geschäft profitabel zu betreiben sei, könne man immer noch einsteigen, ist er überzeugt. Auch Aldi verweigert sich in Deutschland dem Onlinehandel mit Lebensmitteln, Edeka beschränkt sich auf kleine Pilotprojekte.
Nur Rewe scheut das Risiko nicht und geht jetzt noch mal richtig in die Offensive im Onlinehandel. „Wir werden weiter mit dem Lieferservice expandieren“, sagt Jan Kunath, der im Rewe-Vorstand für das digitale Geschäft verantwortlich ist, im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Wir wollen in den Ballungszentren weiter verdichten und dort zusätzliche Standorte aufmachen.“
So werde jetzt beispielsweise ein dritter Standort in Berlin aufgemacht. Der erste sei bereits komplett ausgelastet. Vorbild für diese neue Lieferzentren ist das automatisierte Auslieferungslager in Köln. „Es ist geplant, weitere solcher Lager in anderen Standorten zu bauen“, bestätigt Kunath.
Experten halten diesen Weg für vielversprechend. „Rewe hat mit der Eröffnung des automatisierten Lagers für den Onlinehandel gezeigt, dass sie an das Geschäft glauben“, sagt E-Commerce-Experte Rainer Münch von der Unternehmensberatung Oliver Wyman. „Das ist eine Investition in die Zukunft.“
Entscheidend aber ist, dass sich Rewe nicht nur auf die Großstädte konzentriert wie Amazon oder die Edeka-Tochter Bringmeister, sondern auch in die Fläche geht. Damit dabei die Kosten nicht überhandnehmen, werden jetzt auch mehr und mehr die selbstständigen Kaufleute ins System integriert – und damit das Netz gezielt verdichtet.
Immer mehr Kaufleute richten beispielsweise in ihren Märkten Abholstationen ein für Lebensmittel, die die Kunden auf der zentralen Plattform von Rewe bestellt haben. Bundesweit rund 380 Märkte bieten heute schon diesen Service an.
„Wir wollen bis Ende nächsten Jahres rund 650 Abholmärkte geschafft haben“, sagt Rewe-Vorstand Kunath. Mehr als 130 Rewe-Kaufleute liefern auch selber aus – in Ergänzung zum zentralen Lieferdienst der Genossenschaft.
„Für mich ist das ein Investment in die Zukunft“, sagt Rewe-Händler René-Alexander Giese aus Pulheim, der im vergangenen Jahr eine Abholstation in seinem Markt eingerichtet hat. Ob das kurzfristig mehr Umsatz bringt, ist für ihn gar nicht so entscheidend. „Wir können da viel lernen“, sagt er. „Ich möchte an der Entwicklung teilhaben und sie mitgestalten können.“ Er habe ein junges Team in seinem Unternehmen, das offen an das Thema herangehe.
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