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21.10.2022

07:57

Parfümerie Douglas

Rekordumsätze und „ausgezeichnetes Ergebnis“ – doch Tina Müller verlässt die Douglas-Spitze

Von: Florian Kolf, Kirsten Ludowig

Offenbar gab es Differenzen über die Ausrichtung der Parfümeriekette – die Chefin wechselt in den Aufsichtsrat. Ihr Nachfolger ist strenges Kostenmanagement gewohnt.

Die bisherige Douglas-Chefin wechselt zum 1. November in den Aufsichtsrat. German Select/Getty Images

Tina Müller

Die bisherige Douglas-Chefin wechselt zum 1. November in den Aufsichtsrat.

Düsseldorf Bei der Parfümeriekette Douglas wechselt überraschend die Führung. Neuer Vorstandschef wird zum 1. November der Niederländer Sander van der Laan. Die bisherige Chefin Tina Müller geht nach fünf Jahren an der Spitze des Unternehmens in den Aufsichtsrat.

Aufsichtsratschef Henning Kreke lobte „den herausragenden Beitrag zur Erfolgsgeschichte“, den Müller geleistet habe. Er bedauere ihr Ausscheiden. Die 54-Jährige betonte, dass sie selbst entschieden habe, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für diesen Schritt gekommen sei.

Allerdings gibt es Anzeichen, dass der Wechsel nicht ganz so harmonisch gelaufen ist, wie es auf den ersten Blick wirkt. In Unternehmenskreisen heißt es, Müller habe erwartet, die Investitionen in die Digitalisierung und das E-Commerce-Geschäft weiter fortsetzen zu können. Die Private-Equity-Gesellschaft CVC, der 85 Prozent der Anteile an Douglas gehören, soll jedoch darauf gedrängt haben, stärker auf die Kosten zu achten.

Douglas hat unter Tina Müller den E-Commerce-Umsatz verdreifacht

„CVC wird nervös“, heißt es in Unternehmenskreisen. Auf Douglas lasten hohe Zinszahlungen, denn die Übernahme 2015 durch CVC war schuldenfinanziert. Der Finanzinvestor hat Anleihen im Volumen von mehr als zwei Milliarden Euro ausgegeben. Laut Insidern belaufen sich die Zinszahlungen auf einen sehr hohen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr.

Dazu kommt: Der eigentlich geplante Börsengang dürfte angesichts des schwierigen Börsenumfelds und der unsicheren Geschäftsaussichten weiter hinausgeschoben werden. Wie in Unternehmenskreisen zu hören ist, ist für die nächsten zwei Jahre kein IPO von Douglas geplant. Und 2025 steht die Refinanzierung der Schulden an.

An mangelndem Erfolg kann der Abgang von Müller aus dem operativen Geschäft nicht gelegen haben, wenn man Alexander Dibelius, Deutschland-CEO von CVC, glaubt. Müller habe „Douglas eine moderne, digitale Ausrichtung verliehen, den E-Commerce-Umsatz verdreifacht und in diesem Jahr Rekordumsätze und ein ausgezeichnetes Ergebnis erzielt“, heißt es in der Mitteilung. Er attestiert ihr einen „hervorragenden Einsatz“.

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Selbst in der aktuellen Konsumkrise spürte die Parfümeriekette – anders als viele andere Händler – noch keinen Rückgang der Nachfrage. „Wir erleben nach der Coronazeit einen Nachholeffekt bei unseren Kundinnen“, betonte Müller noch vor vier Wochen im Gespräch mit dem Handelsblatt.

So habe Douglas seit Anfang des Jahres beispielsweise mehr als eine Million Lippenstifte verkauft. „Wir beobachten den sogenannten Lippenstift-Effekt, der besagt, dass die Menschen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten weiter Schönheitsprodukte kaufen und sich den erschwinglichen Luxus gönnen“, sagte sie damals. Sie betonte aber auch: „Wir wissen nicht, wie sich Konsumneigung und Nachfrage entwickeln.“

Für den Handel insgesamt sieht es eher düster aus. Das Konsumbarometer des Handelsverbandes Deutschland (HDE) ist im Oktober den dritten Monat in Folge zurückgegangen und liegt nun auf einem Allzeittief. In einer Befragung unter 1600 Verbrauchern zeigte sich, dass die Mehrheit in nächster Zeit keine Entspannung ihrer wirtschaftlichen Situation erwartet und den Konsum deshalb einschränkt.

Zugleich steigen für alle Unternehmen die Kosten dramatisch. Das gilt auch für Douglas. Die Hersteller dringen auf höhere Einkaufspreise, im Onlinehandel spürt das Unternehmen die gestiegenen Preise der Paketdienste, und die Energiekosten der Ladengeschäfte haben sich verdoppelt. Das drückt auf die Marge.

Douglas-Spitze: Neuer Chef hat Erfahrung mit Kostenmanagement

Genau auf solche Szenarien will sich Eigentümer CVC jetzt offenbar vorbereiten. Die strategische Ausrichtung des Unternehmens dürfte in den kommenden Monaten nun mehr darauf das Augenmerk legen, die Kostenstruktur und das Sortiment so zu optimieren, dass Umsatz und Ergebnis hoch bleiben.

Dafür spricht auch der berufliche Hintergrund des neuen Douglas-Chefs van der Laan. Er hat keine Erfahrung im Beauty-Geschäft, sondern hatte zuletzt sechs Jahre lang den niederländischen Hartwaren-Discounter Action geführt. Van der Laan ist also strenges Kostenmanagement gewöhnt. Den Umsatz konnte er in seiner Zeit bei Action von zwei auf fünf Milliarden Euro steigern. Zuvor hatte er mehr als 16 Jahre für das Einzelhandelsunternehmen Ahold Delhaize gearbeitet.

Die Zusammenarbeit mit einer Private-Equity-Gesellschaft als Haupteigentümer dürfte für van der Laan auch kein Problem sein. Beim Discounter hatte er in 3i ebenfalls eine Private-Equity-Gesellschaft als Eigentümer – und wurde mit viel Lob verabschiedet. „Er hinterlässt das Unternehmen mit starker Leistung und auf Kurs, seinen Businessplan zu erfüllen“, sagte 3i-Chef Simon Borrows bei seinem Abschied von Action Ende des vergangenen Jahres.

Welche Erwartungen das Unternehmen an den neuen Chef hat, macht Aufsichtsratschef Kreke, dessen Familie noch eine Minderheitsbeteiligung an Douglas hält, deutlich: „Er hat Umsatz und operatives Ergebnis von Action in wenigen Jahren deutlich gesteigert.“ Das mache ihn zu einem „idealen Kandidaten“, um „Douglas in die nächste Phase zu führen“. Es komme insbesondere darauf an, „die Profitabilität weiter zu steigern“.

Tina Müller hat 500 Douglas-Filialen geschlossen

Obwohl unter der Führung von Müller bereits 500 Douglas-Standorte geschlossen wurden, dürfte sich ihr Nachfolger noch einmal das Filialnetz kritisch anschauen. Es wird auch erwartet, dass er sowohl in der Zentrale als auch in den Filialen die Personalkosten in den Blick nehmen wird.

Als Baustelle erwartet ihn auch das zugekaufte Apothekengeschäft. Hier zeigt sich offenbar, dass die Integration in die bisherigen Strukturen von Douglas und die Verknüpfung der Produktbereiche schwieriger ist als erhofft. Außerdem dürfte das geplante Geschäft auch mit verschreibungspflichtigen Medikamenten erst in sehr langfristiger Sicht zusätzliche Gewinne bringen.

„Das ist ein völlig falsches Signal“, kommentiert ein Branchenkenner den Wechsel an der Douglas-Spitze. Es zeige sich erneut, dass Private-Equity-Eigentümer häufig zu wenig Gespür für das Geschäft und die Märkte hätten. Sie seien oft sehr kurzfristig orientiert und unterschätzten das Potenzial von Zukunftsinvestitionen.

Was Tina Müller künftig machen wird, ist noch offen. Der Schritt sei ihr „unfassbar schwergefallen“, schreibt sie auf der Plattform LinkedIn. Und sie kündigt an: „Ich will in den kommenden Jahren neue und andere Impulse setzen.“

Douglas-Chefin Tina Müller: Vertrag läuft noch bis Ende September 2023

Ihr Vertrag läuft noch bis Ende September 2023. Doch in ihrem Umfeld wird erwartet, dass die 54-Jährige schon früher wieder eine neue operative Aufgabe übernehmen könnte.

Dass ein Wettbewerbsverbot in ihrem Vertrag verhindert, dass sie rasch zu einem anderen Händler wechseln kann, dürfte dabei kein Problem sein. Bei ihrer persönlichen Begeisterung für die Produkte, die sie zurzeit noch bei Douglas verkauft, wäre es keine Überraschung, wenn sie bald eine Position bei einem Hersteller von Beauty-Produkten übernimmt.

Erstpublikation am 20.10.22, um 12:46 Uhr.

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