Der Sportartikelkonzern will die Erlöse nach dem Dax-Aufstieg verdoppeln. Im Interview verrät der Vorstandschef zudem, was sein größter sportlicher Wunsch ist.
Puma-CEO Björn Gulden
Der Vorstandschef stellt eine Verdoppelung des Umsatzes in Aussicht.
Bild: Puma
München Der Sportartikelkonzern Puma will im Wettkampf mit den großen Konkurrenten Nike und Adidas die Umsätze auf längere Sicht verdoppeln. „Puma hat in jedem Fall das Potenzial, auf mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz zu kommen. Danach sehen wir weiter“, sagte Vorstandschef Björn Gulden im Interview mit dem Handelsblatt.
Auch aktuell laufen die Geschäfte bei der weltweiten Nummer drei rund. „Wir kommen gut durch das dritte Quartal, und wir haben das Gefühl, dass auch das vierte Quartal unter den Umständen gut wird“, sagte Gulden. Die Herausforderungen seien allerdings weiter groß. „Vietnam ist zu, es besteht ein Mangel an Containern, die Frachtraten haben sich versechsfacht, und generell ist die Lieferkette zurzeit wegen Corona schwierig.“
Puma hatte im Coronajahr 2020 einen leichten Umsatzrückgang auf 5,2 Milliarden Euro verzeichnet. Zuletzt wuchs der Herzogenauracher Dax-Neuling aber dynamischer als die Konkurrenz. Beim Gewinn peilt Gulden für das Jahr 2023 eine zweistellige operative Umsatzrendite an. Im vergangenen Jahr hatte sich die Marge wegen der Coronapandemie auf vier Prozent halbiert.
Einen Boykott der umstrittenen Fußball-Weltmeisterschaft in Katar im kommenden Jahr lehnt Gulden ab. „Ich bin ein Sportromantiker“, sagte der Puma-Chef. Er glaube, dass der Sport die Menschen zueinanderbringen könne. Durch das Großereignis werde die Situation in dem Land zudem ausgeleuchtet. „Ich glaube, ein Boykott ist das Schlechteste, was man machen kann.“
Herr Gulden, an diesem Tag zunächst die Frage: Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis der Bundestagswahl?
Es ist schade, dass es keinen klaren Gewinner gibt. Das macht die ganze Situation kompliziert und schafft nicht die Grundlage für klare und schnelle Entscheidungen.
Klarheit herrscht dagegen im Dax: Puma wurde gerade in den Leitindex aufgenommen. Steigen damit auch Ihre Ambitionen, zu Adidas und Nike aufzuschließen?
Das ist eine Anerkennung für das ganze Team, aber für mich war der Dax kein Ziel an sich. Für uns ist entscheidend, dass die Kunden und Händler zufrieden sind. Da kämpfe ich gern.
Aber jetzt spielen Sie zumindest an der Börse in einer Liga mit Adidas. Im Moment sind Sie im Weltmarkt mit deutlichem Abstand die Nummer drei. In vielen Industrien gilt es als wichtig, zu den beiden größten Anbietern zu gehören.
Auch das ist kein Wert an sich. Wir haben früher über Jahre nicht so gut gearbeitet wie Nike und Adidas. Es hat lange gedauert, das zu korrigieren. Doch jetzt haben wir die Kraft, eine global erfolgreiche Firma zu werden. Wir haben gerade ein gutes Momentum, sind noch stärker als vor Corona. Es gibt kein Segment, in dem wir derzeit nicht überdurchschnittlich wachsen. Auch wenn Nike vielleicht gerade die heißeste Marke ist.
Warum ist das so?
Die haben über Jahre ein sehr gutes Paket aus Produkt und Marketing geschnürt. Aber das sind vor allem Retro-Schuhe aus den 80er-Jahren, nicht unbedingt Innovationen. Es ist schwieriger, eine Nummer-eins-Position zu verteidigen. Wir greifen an, und da sehe ich ein enormes Potenzial für Puma. Wir müssen mehr Puma-Produkte in den Handel bekommen.
Können Sie das Potenzial beziffern?
Puma hat in jedem Fall das Potenzial, auf mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz zu kommen. Danach sehen wir weiter.
Das wäre eine Verdoppelung. Und beim Gewinn?
Wenn sich die Dinge normalisieren, sollte unser Ziel einer zweistelligen operativen Umsatzrendite 2023 erreichbar sein.
Ursprünglich hatten Sie das 2018 in der Mittelfristplanung schon für 2022 angekündigt.
Nein, wir haben 2018 gesagt, dass wir zehn Prozent Ebit 2022/23 erreichen wollen. Jetzt sagen wir 2023, aber wir wissen ja noch nicht, wie es mit den Lieferketten weitergeht. Viele sitzen in Deutschland und denken, Covid sei vorbei. Doch wir haben gerade die Hälfte unserer Fabriken in Vietnam geschlossen. Das ist der größte Lockdown, den wir in der Pandemie hatten.
War die Abhängigkeit von Vietnam zu groß? Werden Sie die Produktionsstruktur ändern?
Nein, unsere Strategie ist es, ein Drittel der Produktionsstätten in China zu haben, ein Drittel in Vietnam und ein Drittel im Rest der Welt. Das ist schon eine ganz gute Bilanz.
Wie laufen die Geschäfte aktuell?
Eigentlich ist die Lage ja schwierig: Vietnam ist zu, es besteht ein Mangel an Containern, die Frachtraten haben sich versechsfacht, und generell ist die Lieferkette zurzeit wegen Corona schwierig. Aber die Nachfrage ist hoch. Wir kommen gut durch das dritte Quartal, und wir haben das Gefühl, dass auch das vierte Quartal unter den Umständen gut wird.
Wie ist die Situation in China? Die Branche hat unter dem Boykott westlicher Marken gelitten.
Der Markt hat sich immer noch nicht erholt. Wir können viele Marketingaktivitäten nicht machen. Ich bin aber überzeugt, dass die chinesischen Konsumenten in den nächsten Jahren mehr Sport treiben und westliche Marken kaufen werden.
Italienische Nationalspieler
Puma ist Ausrüster des neuen Europameisters.
Bild: AP
Das große Thema ist in der Branche derzeit Nachhaltigkeit. Kann man sich damit überhaupt differenzieren, wenn alle Sportartikler sagen, dass bald fast alle Produkte nachhaltig produziert werden sollen?
Da geht es für mich weniger um Marketing als um Werte. Für Puma war Nachhaltigkeit schon immer wichtig. Das war nur lange für die Konsumenten kein zentrales Thema. Dank Greta und anderen hat sich das geändert. Jetzt fragen viele junge Leute nach. Nachhaltigkeit ist ein Muss.
Aber hat die Sportwelt nicht ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn sich alles nur ums Geld dreht und zum Beispiel die Fußball-WM nach Katar vergeben wird?
Ich weiß schon, worauf Sie hinauswollen. Aber ich glaube, ein Boykott ist das Schlechteste, was man machen kann.
Warum?
Ich bin ein Sportromantiker. Ich glaube, dass der Sport genauso wie die Musik die Menschen zueinanderbringen kann. In den letzten 30 Jahren war ich in der ganzen Welt unterwegs. In vielen Ländern hat sich die Situation in dieser Zeit sehr verbessert. Vielleicht hat der Sport einen kleinen Teil dazu beigetragen. Und wenn jetzt die WM in Katar ist, fahren auch Sie Journalisten dahin und leuchten die Situation aus.
Und Ihnen als Sportromantiker blutet nicht das Herz, wenn Sie sehen, wie sich Oligarchen oder Staatsunternehmen Fußballmannschaften zusammenkaufen, die dann alles gewinnen?
Das ist wie immer im Leben eine Sache von Angebot und Nachfrage. Solange der Fan das mitmacht, weiß ich nicht, wie man das künstlich ändern soll. So ist die freie Wirtschaft. Wichtig ist aber, dass es Transparenz gibt.
Aber die Verhältnisse werden zementiert. Oder glauben Sie, dass Borussia Dortmund statt des übermächtigen FC Bayern Meister werden kann? Sie sitzen beim BVB ja im Aufsichtsrat ...
Selbstverständlich kann Dortmund Meister werden. Geld hilft zwar, aber Geld allein gewinnt keine Spiele. Und man kann nie alle guten Spieler kaufen. Europameister ist ja auch Italien geworden, mit vielen Spielern, die hier nur wenige kennen. Und sie hatten die schönsten Trikots.
BVB-Stürmer Erling Haaland
„Geld hilft zwar, aber Geld allein gewinnt keine Spiele.“
Bild: imago images/Team 2
Klar, dass Sie das sagen. Die waren ja auch von Puma. Konkurrenten wie Adidas konzentrieren sich immer stärker auf wenige Sportarten. Wird auch Puma diesen Weg gehen?
Ich glaube, dass man heute als globale Sportmarke ein lokales Verständnis haben muss, um erfolgreich zu sein. In Indien muss man zum Beispiel im Cricket sein, um eine Rolle zu spielen, in Australien im Netball und Australian Football. Es gibt überall auf der Welt lokale Sportarten, wo wir als Puma investieren, um in dem Land relevant zu werden.
Unter der Marke Puma? Oder könnten Sie auch lokal starke Marken kaufen?
Ich war nie ein Fan von Mehrmarkenstrategien. Der Sportmarkt ist so umkämpft, dass es fast unmöglich ist, mehrere Marken erfolgreich zu managen.
Also wird Reebok nach der Trennung von Adidas jetzt ein gefährlicherer Konkurrent?
Alleinstehend haben sie zumindest bessere Chancen. Aber es kommt immer darauf an, was man daraus macht.
Zum Schluss die Frage: Was ist Ihr größter sportlicher Wunsch?
Zunächst wünsche ich mir, dass wir wieder volle Stadien haben dürfen. Und dann natürlich, dass der BVB Meister wird. Wer das schafft, der kann dann auch die Champions League gewinnen.
Herr Gulden, vielen Dank für das Interview.
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