Die Tochter von Just Eat Takeaway liefert in Berlin jetzt Lebensmittel und Drogerieartikel aus. Ein Pilotversuch, der den hart umkämpften Markt aufmischt.
Lieferando-Fahrer
In Berlin sollen die Fahrer jetzt auch Lebensmittel und Drogerieartikel ausliefern.
Bild: dpa
Düsseldorf Die Konkurrenz im hart umkämpften Geschäft mit der schnellen Lieferung von Lebensmitteln wird noch mal schärfer. Der Restaurantlieferdienst Lieferando will jetzt in Berlin innerhalb von einer halben Stunde aus einem eigenen Warenlager Lebensmittel, Drogerieartikel oder Fertiggerichte an die Tür liefern.
Der Test in Berlin könnte der Auftakt zu einem größeren Angriff auf die etablierten Schnelllieferdienste wie Gorillas und Flink werden. „Der Pilot in Berlin wird uns das hiesige Potenzial detaillierter aufzeigen“, bestätigt Lieferando-Geschäftsführerin Katharina Hauke.
Für die Wettbewerber sind das schlechte Nachrichten. Nach einer stürmischen Wachstumsphase steht der sogenannte Quick Commerce, also die Lieferung von Produkten innerhalb von weniger als einer Stunde, vor einer Konsolidierung. Keiner der Anbieter macht bisher Gewinn. Und der Weg dahin könnte durch die Attacke von Lieferando noch schwieriger werden.
Denn Just Eat Takeaway.com, die Muttergesellschaft von Lieferando, ist nicht irgendein kleiner Anbieter. Der Konzern hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von 4,5 Milliarden Euro gemacht, davon 567 Millionen Euro in Deutschland. Das Unternehmen mit Sitz in Amsterdam ist in 25 Ländern tätig.
Bei dem Pilotversuch können Kunden von Lieferando in Berlin-Charlottenburg aus einem Sortiment von rund 1000 Artikeln auswählen. Geliefert wird aus einem zentral gelegenen Lager mit der bereits vorhandenen Flotte von Fahrradboten.
Verfügbar ist der neue Shop in der Kategorie „Lebensmittel“ der Lieferando-App. Neben frischem Obst und Gemüse, Backwaren und Tiefkühlkost führt „Lieferando Express“ auch Drogerie- und Babyprodukte sowie lokale Marken wie Roy Kombucha, die Berliner Kaffeerösterei und Zeit für Brot.
Für Just Eat Takeaway ist es der erste Versuch in Europa, bei dem aus einem Warenlager geliefert wird. Vorbild ist der Dienst „Skip Express Lane“, den das Unternehmen in Kanada eingerichtet hat. Dort können neben Restaurants auch andere Unternehmen Waren anbieten, die dann von den Lieferanten ausgefahren werden. Nach Angaben von Just Eat Takeaway sind weltweit bereits mehr als 25.000 Geschäfte als Partner auf dem Marktplatz aktiv, darunter bekannte Marken wie Albert Heijn, 7-Eleven, Coop, Spar, Shell und Asda. Das Geschäft solle global weiter ausgebaut werden, heißt es.
Wie schwierig es ist, einen solchen Schnelllieferdienst mit eigenen Lagerstandorten aufzuziehen, hat insbesondere das Beispiel Delivery Hero gezeigt. Das Unternehmen wollte unter der Marke Food Panda einen Lieferdienst ebenfalls in Berlin etablieren, ist damit aber gescheitert.
Ende 2021 hatte Delivery Hero seinen Lieferdienst in Berlin nach nur fünf Monaten wieder eingestellt – obwohl Konzernchef Niklas Östberg noch einen Monat zuvor gesagt hatte, er gebe dem Geschäft zehn bis 15 Monate Zeit, sich zu entwickeln. Die „wachsende Zahl von Anbietern und der Mangel an Fahrern“ hätten zu dieser Entscheidung geführt, begründete Delivery Hero den Schritt.
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In anderen Ländern dagegen treibt Delivery Hero den Ausbau des Quick Commerce weiter voran. Und der dafür notwendige Aufbau eines Netzes von kleinen Warenlagern hat das Unternehmen bereits einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet. Deshalb klammert Delivery Hero diesen Geschäftszweig bisher explizit aus, wenn das Unternehmen davon spricht, bis Ende des Jahres operativ profitabel zu sein.
Auch für Just Eat Takeaway würde ein Ausbau des Quick Commerce in Europa deshalb wohl kein Selbstläufer. Zwar hat das Unternehmen den Vorteil, dass es anders als Delivery Hero schon ein Netz von Lieferfahrern in Deutschland hat. Aber das Geschäft muss so gut anlaufen, dass es die Investition in weitere Lager rechtfertigt.
Gerade in Berlin ist die Konkurrenz hart. So wollte der auf Restaurantlieferungen spezialisierte Dienst Wolt dort auch in die Lieferung von Lebensmitteln aus eigenen Lagern einsteigen. Doch nach kurzer Zeit hat er seine drei Lager in Berlin nun wieder geschlossen.
Ein starkes Standbein mit eigenen virtuellen Supermärkten in Deutschland zu haben würde für die kommenden Jahren hohe Investitionen bedeuten, begründete das finnische Unternehmen die Entscheidung. Es will aber weiterhin Lebensmittel aus Partner-Geschäften liefern und auf Kooperationen beispielsweise mit Ketten wie der Edeka-Tochter „Nah & Gut“ oder „Tegut“ setzen.
Besonders heikel ist der Vorstoß von Lieferando allerdings für Gorillas. Das Start-up war stürmisch gewachsen, musste jetzt aber seine Ambitionen deutlich zurückfahren. Auf Druck seiner Investoren konzentriert es sich stärker auf den Weg zur Profitabilität als auf Wachstum.
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Rund 300 Mitarbeiter hat das Unternehmen entlassen, es will sich auf die Kernmärkte Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Niederlande und die USA konzentrieren. Doch nun dürfte es zumindest im Heimatmarkt Deutschland noch schwerer werden, zum ersten Mal Geld zu verdienen.
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