Ein Ranking der Marktforscher von Yougov zeigt: In Zeiten hoher Inflation können sich Händler mit hauseigenen Marken in der Gunst der Konsumenten gut behaupten.
Eigenmarke Balea von dm
Eigenmarken konnten angesichts der Inflation bei Kunden in Bezug auf das Verhältnis von Preis zu Leistung profitieren.
Bild: dpa
Köln Butter: plus 42 Prozent. H-Milch: plus 47 Prozent. Mehl: plus 48 Prozent. Angesichts der vom Statistischen Bundesamt ermittelten jährlichen Preissteigerung von Lebensmitteln dürfte so manchem Verbraucher beim Einkauf der Appetit vergangen sein. Rund acht Prozent betrug die Inflationsrate 2022. Bei vielen Lebensmitteln fiel die Preiserhöhung deutlich kräftiger aus. Konsumenten blicken deshalb kritischer auf die Marken.
„Die Qualität und die Quantität sind bei den meisten Produkten unverändert. Aber die Inflation hat den Preis getrieben“, sagt Felix Leiendecker, Studienleiter beim Kölner Marktforschungsinstitut Yougov. „Die Verbraucher nehmen daher in den meisten Fällen eine Verschlechterung des Preis-Leitungs-Verhältnisses wahr.“
In einer deutschlandweiten Umfrage hat Yougov die Einstellung zum Preis-Leistungs-Verhältnis abgefragt. Gesamtsieger im Ranking wurde die Drogeriemarktkette dm vor dem Discounter Aldi. Auf dem dritten Platz rangiert der Zahlungsdienstleister Paypal.
Insgesamt bewerten die Konsumenten rund zwei von drei Marken schlechter als im Vorjahr. Lebensmitteleinzelhändler und Drogerien schneiden sogar zu 85 Prozent schlechter ab.
„Je häufiger Verbraucher ein Produkt kaufen, desto kritischer schauen sie auf den Preis“, sagt Leiendecker. Der Trost für die Händler: Viele ihrer Eigenmarken entziehen sich dem Negativtrend.
So verbesserte sich Rossmanns Kosmetikmarke Isana in der Yougov-Studie um 2,3 Punkte. Auch Balea von dm konnte das hohe Niveau halten – die Traditionsmarke Nivea hingegen gab um 2,6 Punkte nach. Ein ähnliches Bild ergibt sich in der Kategorie Snacks und Lebensmittel. Die Aldi-Schokolade Moser Roth legte zu (plus 0,8 Punkte), Konkurrent Ritter Sport (minus 5,5 Punkte) fiel dagegen zurück.
„Eigenmarken werden von Verbrauchern eher rational wahrgenommen. Ihnen fehlt die Emotionalität klassischer Marken“, sagt Hermann Sievers, Berater und Handelsmarkenexperte bei SMK Consult. In der Krise ist das offenbar ein stabilisierender Faktor.
So gelang es Handelsmarken laut Gesellschaft für Konsumgüterforschung (GfK) sogar, ihre Position zu verbessern. Ende September 2022 lag der Marktanteil von Handelsmarken wie „Ja!“ von Rewe und „Gut & Günstig“ von Edeka bei 42,8 Prozent und damit gut zwei Prozentpunkte höher als ein Jahr zuvor. „Die Verbraucher suchen nach Strategien, um ihre Haushaltsbudgets trotz steigender Preise stabil zu halten“, teilte die GfK mit.
Dabei seien die Preise von Handelsmarken erstmals seit der Finanzkrise im Jahr 2008 prozentual schneller gestiegen als die von klassischen Herstellermarken. „Händler sind bei der Preisgestaltung von Eigenmarken deutlich flexibler als bei Herstellermarken“, erläutert Sievers. „Die Eigenmarke vermittelt den Eindruck, der Verbraucher tue sich etwas Gutes für wenig Geld.“
Teils aber schürte die Preispolitik bei Handelsmarken auch Unmut. So meldete die Verbraucherzentrale Hamburg, dass der Anteil der Handelsmarken an den gesamten Beschwerden über Mogelpackungen in den ersten sechs Monaten 2022 auf 25 Prozent gestiegen sei. In den Jahren zuvor lag er bei 14 Prozent. So verkleinerte der Discounter Lidl laut Verbraucherzentrale die Blätter des Toilettenpapiers der Marke Floralys.
Bei Aldi schrumpften Lammsteaks der Marke Jack‘s Farm von 400 Gramm auf 300 Gramm – der Preis blieb unverändert bei 6,99 Euro. Aldis Anteil an Eigenmarken im Gesamtsortiment beträgt nach Firmenangaben rund 90 Prozent.
Bei der Drogeriemarktkette dm tragen Handelsmarken rund 35 Prozent zum Gesamtumsatz bei. „Bei uns dienen Eigenmarken auch dazu, Innovationen, die häufig im oberen Preissegment angesiedelt sind, für jedermann anzubieten. Ein Beispiel ist dm Bio“, sagt Kerstin Erbe, dm-Geschäftsführerin für Produktmanagement. Im Yougov-Ranking ist dm Bio das Lebensmittel mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Noch recht frisch im dm-Sortiment der Eigenmarken ist Pro Climate. dm kompensiert hier Umweltbelastungen wie CO2-Emissionen, die bei Rohstoffgewinnung, Produktion und Entsorgung eines Produkts entstehen, durch Investitionen in Renaturierungsprojekte in Deutschland. In die Ökobilanzierung und Produktentwicklung binde man auch Herstellpartner ein, sagt Geschäftsführerin Erbe.
Pro Artikel koste dies zwischen drei und 50 Cent. Rund 40 Pro-Climate-Produkte finden sich in den dm-Regalen. Einige davon, zum Beispiel Sonnenschutz und Mundspülung, „überzeugen die Kunden, andere wie etwa Toilettenpapier, das in der Herstellung hohe Energiekosten verursacht, werden weniger stark nachgefragt“, sagt Erbe. Davon will dm sich nicht entmutigen lassen und das Angebot ausweiten. „Wir wollen unsere Kunden weiterhin durch unsere Eigenmarken überzeugen.“
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