PremiumDie Gesellschafter haben ihren Gerichtsstreit beendet und wollen das Unternehmen gemeinsam führen. Wohl auch, weil kein gutes Angebot kam.
Die Herren Tönnies
Maximilian, Clemens und Robert Tönnies (v.l.) wollen sich, wie hier schonmal auf einem Archivbild, wieder vertragen haben. Und nun weiter zusammen Geschäfte machen.
Bild: dpa
Düsseldorf Die zerstrittenen Gesellschafter von Tönnies haben sich wieder zusammengerauft und den im Frühjahr gestarteten Verkaufsprozess gestoppt. Damit bleibt Deutschlands größter Fleischkonzern in Familienbesitz. Die Gesellschafter Robert Tönnies, sein Onkel Clemens und dessen Sohn Maximilian erklärten am Mittwoch, die bisherige Eigentümerstruktur bleibe unverändert. Sie wollten das Unternehmen „gemeinsam als Familienunternehmen in die Zukunft führen“.
Tönnies will nun den Fokus auf Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Tierschutz legen – alles Themen, die Robert Tönnies schon seit vielen Jahren von seinem Onkel Clemens einfordert. Künftig sollen auch neue Geschäftsfelder wie Tiernahrung oder pflanzliche Fleischalternativen eine wichtige Rolle spielen. Das Bio-Segment, wo Tönnies bereits heute Marktführer ist, soll weiter ausgebaut werden.
Die Familie hatte im Frühjahr versucht, die lähmende Pattsituation im Unternehmen durch den Verkaufsprozess zu lösen. Sie beauftragte die US-Investmentbank Goldman Sachs mit der Suche nach Interessenten. Nach Handelsblatt-Informationen waren zuletzt noch der brasilianische Fleischkonzern JBS und der Lebensmittelproduzent Uni-President aus Taiwan im Rennen.
Ein Verkauf scheiterte laut Finanzkreisen an unterschiedlichen Preisvorstellungen. Familie Tönnies wollte demnach etwa vier Milliarden Euro für ihr Unternehmen haben. Die beiden Kaufinteressenten hätten aber weniger als die Hälfte geboten. Begründet wurden die niedrigen Bewertungen mit dem widrigen Fleischmarkt in Europa. JBS wollte dazu auf Anfrage keine Stellung nehmen.
Die beiden Stämme hätten sich über den Verkaufsprozess wieder angenähert, heißt es aus dem Umfeld. Nachdem „verschiedene Optionen für die künftige Ausgestaltung der Eigentümerstruktur“ geprüft worden waren, sei die Familie zum Schluss gekommen, dass die jetzige Struktur „genau die richtige“ sei, hieß es nun am Mittwoch. Die Ausrichtung von Tönnies als integrierter Lebensmittelproduzent sei weltweit einzigartig. Ein Kurswechsel in der bestehenden Struktur sei jedoch schwierig, meint ein Branchenexperte. „Ein Teilverkauf wäre besser gewesen und hätte viele Impulse geben können.“
Peter May, Experte für Familienunternehmen, betrachtet die Käufersuche von Tönnies als eine weitere Runde im Machtpoker zwischen den Parteien. „Mal sehen, wie lange der Burgfrieden diesmal hält“, fragt sich der Gründer von Peter May Family Business Consulting. „Ich befürchte, Dallas in Rheda-Wiedenbrück ist mit dieser Erklärung noch nicht beendet.“
Clemens Tönnies, der im Mai 65 Jahre alt wurde, kontrolliert weiterhin mit seinem Sohn Max die Hälfte der Anteile. Robert Tönnies, Sohn des verstorbenen Firmengründers Bernd Tönnies, hält die anderen 50 Prozent.
2017 erst hatten sich Clemens, Robert und Max Tönnies nach jahrelangem Streit über Macht und Strategie offiziell versöhnt. Ein komplizierter Einigungsvertrag sollte endlich Ruhe bringen. Doch der „westfälische Friede“ hielt nicht lange.
Im Juli 2019 reichte Robert Schiedsklage gegen Onkel und Cousin ein. Er wollte feststellen lassen, dass das Verhältnis der Parteien zerrüttet ist. In diesem Fall ist laut Einigungsvertrag ein Verkauf möglich. Dieses Zerrüttungsverfahren erklärten die Gesellschafter nun für beendet.
Tönnies in Rheda-Wiedenbrück
Der mit weitem Abstand größte deutsche Schlachtbetrieb, hatte mit über 16.000 Mitarbeitern im Jahr 2020 eigenen Angaben zufolge einen Umsatz von über sieben Milliarden Euro eingefahren.
Bild: imago images/Kirchner-Media
Der Beirat, der zur Befriedung der zerstrittenen Gesellschafter wenig beitragen konnte, wird nun verkleinert. Ihm gehören künftig nur noch vier Mitglieder an, erfuhr das Handelsblatt aus informierten Kreisen: Clemens und Robert Tönnies sowie Finanzexperte Daniel Nottbrock als rechte Hand von Clemens Tönnies und Jens-Uwe Göke, der Steuer- und Wirtschaftsberater von Robert Tönnies. Der frühere Beiratsvorsitzende Reinhold Festge, Helmut Limberg sowie Siegfried Russwurm gehören dem Gremium demnach nicht mehr an. Das Unternehmen wollte dazu nicht Stellung nehmen.
Tönnies machte mit über 16.000 Mitarbeitern 2020 mehr als sieben Milliarden Euro Umsatz. Rund die Hälfte der Produktion geht in den Export. Die Wursttochter Zur-Mühlen-Gruppe wird von Max Tönnies geführt, der nach dem Wunsch seines Vaters einmal dessen Nachfolge antreten soll.
Der Schlachtkonzern aus Rheda-Wiedenbrück war nach einem Corona-Ausbruch im Stammwerk 2020 in die Schlagzeilen geraten. Über 1500 Mitarbeiter waren infiziert, das Werk wurde vorübergehend geschlossen.
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